Grimmbart Kluftingers neuer Fall
von Volker Klüpfel und Michael Kobr
kommissar-kluftinger.de
480 Seiten © 2014 Droemer Verlag www.droemer.de ISBN 978-3-426-19938-1
Die Bewohner des Schlosses Grimmbart in Bad Grönenbach sind, bzw. waren, schon eine seltsame Truppe. Der Freiherr von Rothenstein Grimmbart und seine Frau Rita Freifrau von Rothenstein Grimmbart passen so gar nicht zum Ehepaar Pawlowicz, die sich durch "geradezu provokativ zur Schau getragene schlechten Manieren" auszeichnen.
Man geht sich, wo man kann, aus dem Weg und pflegt nicht gerade einen sehr freundschaftlichen Umgang. Deshalb verwundert es auch nicht, dass die verhaltensauffälligen Schlossverwalter auf der Liste der Personen, die für den Mord an der Ehefrau des Barons verantwortlich sein könnten, eine Führungsposition einnehmen.
Ausgerechnet Kluftingers Lieblingsfeind Langhammer weiß ihn zu später Stunde telefonisch zu belästigen, um ihm von einem Anruf seines Freundes, des Barons von Rothenstein, zu berichten. Der "Kurpfuscher" zeigt sich beunruhigt, auch wenn der Herr Baron sich nur in Andeutungen zu äußern wusste.
Kluftinger lässt sich ungern überreden, zu nächtlicher Stunde nach Bad Grönenbach aufzubrechen - da hilft ihm auch sein obligatorisches "Kruzifixnomal" nicht. Am Schloss wird er bereits erwartet, was zu ersten Komplikationen führt, denn Kluftinger hat nicht die leiseste Ahnung, wie er mit einem "Blaublüter" umgehen soll.
Nachdem sich beide auf die Suche nach der Ehefrau des Barons machen, finden sie ein Sofortbildfoto an einer Wand mit Portraits der Ahnen des Schlossherrn. Ein Gemälde scheint zu fehlen. An jenem Platz hängt das Foto. Es zeigt die Frau des Barons in seltsamer Kostümierung. Der Freiherr erklärt, dass der Aufzug dem Arrangement des fehlenden Originals nachempfunden ist.
Dieses Gemälde sei einst im Märchenkabinett entstanden, weshalb man sich zum Hausverwalter begibt, um die Schlüssel hierfür zu erbitten. Dieser zeigt sich wenig kooperativ, doch Kluftingers Präsenz kann ihn umstimmen. Deshalb finden sie die grausam Ermordete zu dritt ...
Es ist kaum zu fassen aber wahr. Auch wenn das Autorenduo den siebten Band der Reihe "Herzblut" ganz ohne falsche Bescheidenheit als den besten Kluftinger "den wo's je geaba hot" bezeichneten, haben sie, wie in meiner damaligen Rezension erwähnt, nicht nur recht, sondern sie haben mit "Grimmbart" schon wieder einen besten Kluftinger geschrieben!
Der Fall ist wiederum ebenso spektakulär wie rätselhaft und die Gaudi drumherum erreicht biblische Ausmaße. Größere private wie dienstliche Katastrophen brechen auf den Kemptener Kommissar ein und diesmal kommt es knüppeldick. Eine ungestörte Ermittlung oder gar eine Lösung des Falls scheint zunächst gar nicht möglich zu sein.
Der nicht unbedingt beliebte Vorgesetzte Lodenbacher wurde durch eine neue Präsidentin aus Hannover ersetzt. Birte Dombrowsky bringt nicht nur frischen Wind, sondern auch den festen Willen mit, im Präsidium eingefahrene Strukturen ordentlich aufzumischen. Mit dem bereits jahrelang versäumten Schießtraining für Kluftingers Truppe fängt sie an.
Doch damit nicht genug. Kluftingers Sohn wird nun endlich heiraten. Die Vorbereitungen produzieren bereits bei der Planung der Sitzordnung für die Hochzeitsgäste ernste Komplikationen. Weitaus mehr bahnen sich an, da Yumikos Eltern aus Japan anreisen. Ob es eine gute Idee ist, sieben Tage bei den Kluftingers zu wohnen, muss sich erst noch herausstellen.
Die beiden Autoren sind und bleiben zwei verdammte Lausbuben. Viel wird sich da nicht mehr ändern. Dass Volker Klüpfel und Michael Kobr aber stets etwas Neues einfällt, ist schon ein Kunststück für sich. Wie immer, treiben sie die Verwicklungen, insbesondere das "interkulturelle Experiment", auf die Spitze.
Herrlich ausbalanciert sind Kluftingers Dialoge mit Yumikos Vater "Look, ein Toyota" oder "When I stop, then only wenn Sushi comes wieder out". Andererseits weiß er in "verbal vermintem Gelände", die Eltern seiner Frau Erika reisen ebenfalls an, vornehme Zurückhaltung zu üben.
Die beiden Allgäuer Komödianten wissen auf jeden Fall wieder ein Feuerwerk abzubrennen und verstehen es wie niemand anderes, es auf allen Ebenen krachen zu lassen. Auch vor Selbstironie schrecken sie nicht zurück. Kluftinger entdeckt und deklariert das Plakat (wer suchet, der findet) eines Allgäuer Autorenduos, das auf eine Lesung hinweist, als Schmarrn.
Alles in allem ist "Grimmbart" wieder ein "fabel"hafter Kriminalroman, eine Mordsgaudi sowieso, ein überdrehtes Konzentrat aus Polizeialltag und privatem Familien-Zirkus, mit liebevollem Blick auf die Tücken des Alltags und zwischenmenschliche Verwicklungen - bleibt aber dabei einerseits glaubwürdig und andererseits darauf bedacht, sich selbst und überhaupt alles nicht so ernst zu nehmen.
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