Literatur

Sterben und sterben lassen

von Georg Haderer


368 Seiten
© 2014 HAYMON Verlag, Innsbruck-Wien
www.haymonverlag.at
ISBN 978-3-7099-7156-7



Schäfer wartet auf eine göttliche Eingebung. Schachings neuer Inspektionskommandant geht zu Beginn der Woche wie gewöhnlich den Berg Akten mit ungeklärten Delikten durch. Hatten er und seine Kollegen etwas übersehen oder gibt es ähnliche Vergehen, die ein anderes Licht auf die Fälle werfen und den Kreis der Verdächtigen enger ziehen? Wer kann so abscheuliche Verbrechen begangen haben, wie das Demolieren einer Telefonzelle oder wer wollte dahingehend Sabotage verüben, indem er dem alten Schöpf Zucker in den Tank seines Rasenmähers geschüttet hatte?

Schlimm genug, dass es auch noch "grenzdebile Kreaturen" wie diesen Jäger gibt, der es wie seine zahlreichen Kollegen nicht schafft, nüchtern in einen Geländewagen zu steigen, wenn es zum "Halali und Herumballern" geht. Pech, wenn dieser dann einen Jogger nicht von einem Wildschwein unterscheiden kann. Jetzt ist Günther Thurner tot, der Schütze Wolfgang Kappl untröstlich und Schäfer kurz vor einem seiner ganz persönlichen Abgründe. Am liebsten würde er sich den Jäger vornehmen. Mit einem ordentlichen Ast in der Hand!

Schlimmer kann es kaum werden. Wenn da nicht jener Kindermörder wäre, der wieder in Schaching wohnt. Frederik Bosch ist gerade mal 45 Jahre alt. 27 Jahre davon verbrachte er im Gefängnis, nachdem er mit 18 Jahren die siebenjährige Susanna Paulus umgebracht hatte. Für sämtliche Stammtische gilt ab sofort Alarmstufe rot. Alle verfügbaren "Selbstjustizler, Kastrationsvertreter und Todesstrafe-Anhänger" ruft es auf den Plan. Zeit für gesundes Volksempfinden ...

Neben aller Feinarbeit an den Charakteren, ist und bleibt die Figur des zum Inspektionskommandanten Abkommandierten von zentraler Bedeutung. Schäfer ist sozusagen Haderers Liebling. Der Autor tut alles dafür, seinen Antihelden mit den entsprechenden Attributen auszustatten, die ihm stets ermöglichen, ein solcher zu sein und zu bleiben. Selbstverständlich bleibt sein Privatleben ein immerwährendes Katastrophengebiet, während er aus ermittlungstechnischer Sicht weiterhin brillieren darf.

Schäfers Alleingänge bleiben jedoch grenzwertig und sind eine strafrechtliche Gratwanderung. Fernab jeder Konvention driftet Schäfer durch die engen Kurven des Lebens, wobei ihm immer noch die Rolle eines Einzelgängers zugedacht ist. Andere trinken gerne in Gesellschaft, Schäfer hat dafür einen Goldfisch angeschafft. Eine "ordentliche Dröhnung" genießt er aber gerne mit Freund und Kumpel Werner, dem Nachtclubbesitzer.

Georg Haderer packt auch diesmal wieder den gesellschaftskritischen Vorschlaghammer aus, weshalb ich dann auch jedem "selbstherrlichen Provinzkaiser" von dieser Lektüre dringend abraten darf. Einen bösen Seitenhieb gibt es auch für alle Dan-Brown-Leser (wer suchet, der findet). Psychisch labile Menschen dürften ebenfalls ihre Probleme haben. Schließlich weiß nicht einmal der Hauptdarsteller selbst, ob er eher ein "Fall für die Psychoanalyse" ist, "oder fürs Puff".

Allen anderen sei gesagt, dass es in den seltensten Fällen Sinn macht, fremd zu lesen. An die Kriminalromane aus Österreich kommt so schnell niemand heran. Eine genaue Begründung, Analyse, oder gar eine Definition wäre schreibtechnisch in fachkompetente Hände zu geben. Meinereiner fasst mit einfachen Worten zusammen, dass gegen Wieninger, Dutzler, Aichner, Kneifl und die hochverehrten Kollegen einfach kein Kraut gewachsen ist. Gegen sie anschreiben zu wollen, ist zwecklos. Und gegen einen Haderer erst recht.

 

Thomas Lawall - Oktober 2014

 

Georg Haderer / weitere Rezensionen:

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