Das Reich der Elben
von Alfred Bekker
416 Seiten, Taschenbuch ISBN: 978-3-8025-8127-4 ©EGMONT Verlagsgesellschaften mbH www.egmont-lyx.de
Im ersten Buch beschreibt Alfred Bekker, wie König Keandir die Macht des Schicksals auf der Insel des Augenlosen Sehers zerbricht und selbst Herr über das Schicksal wird. Gleichzeitig ist seine Frau Ruwen mit Zwillingen schwanger – ein ungewöhnlicher Segen bei den Elben. Diese Zwillinge, Andir und Magolas, sollen dereinst das Schicksal der Elben bestimmen. Im zweiten Buch entsteht und wächst das Reich der Elben im zwischenländischen Kontinent. Der Kontinent wird erkundet, Bündnisse werden geschlossen und eine wilde Rasse von Menschen wird zum ersten Feind des neuen elbischen Reichs. Das Buch endet mit der großen Schlacht der Elben gegen die Menschen.
Alfred Bekker zieht gleich zu Beginn der Geschichte mit der Insel des Augenlosen Sehers alle Register. Leider übertreibt er ein wenig, denn dass König Keandir und seine Männer tatsächlich von der Insel entkommen können, ist eigentlich relativ unwahrscheinlich, dafür ist die Figur des Augenlosen Sehers zu mächtig angelegt. Allerdings ist der Trick, dessen sich der Autor bedient, um diese Macht zu relativieren, wiederum sehr geschickt eingefädelt. Zudem ist der Kontrapunkt zwischen Fluch und Segen, die sich aus der Begegnung mit dem Augenlosen Seher ergibt, extrem gut gesetzt. Interessant finde ich über die gesamte Trilogie die Figur des Waffenschmieds Thamadorn, der „moderne“ Waffen, wie einhändig zu bedienende Armbrüste und später so etwas wie Flammenwerfer, entwickelt. Dieser Bruch mit der Tradition der mittelalterlichen Waffen ist spannend und sorgt ab und zu für ein gewisses Schmunzeln. Im zweiten Teil wird die Geschichte etwas ruhiger, was ihr sehr gut tut. Bekker zeigt hier eine schöne Erzählkunst, baut die Mythologie und Magie seiner Elben aus und gibt faszinierende Einblicke in die Lebensweise der Elben. Dass die Elben ihre hochästhetischen, aber statisch bedenklichen Gebäude mit Hilfe von Magie errichten, ist ein sehr gelungener Einfall, dem zudem im dritten Band noch eine wichtige Rolle zukommt. Die Expeditionen, um das Land zu erkunden, sind wunderbar beschrieben, wie auch die Entwicklung des Reiches im Gesamten, wodurch die Geschichte sehr lebendig wirkt. Auch die Entwicklung der Zwillinge Andir und Magolas ist wunderbar beschrieben und zeigt die Fortführung des Zwiespalts von Fluch und Segen sozusagen im Fleisch der beiden. Die Beschreibung der menschlichen Königreiche aus der Sicht der Elben auf diese kurzlebige Spezies ist ein erzählerischer Geniestreich. Besonders spannend sind die Komplikationen, die sich aus der unterschiedlichen Zeitwahrnehmung ergeben, bis hin zum großen Krieg am Ende des Buchs.
Im ersten Band der Trilogie entwickelt Bekker nach einem stürmischen Anfang das Reich der Elben in aller Ruhe und lässt der Geschichte um Segen und Fluch die Zeit, die sie braucht, um sich zu entwickeln. Hervorragend.
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