Literatur

5-Minuten-Lektüre:
Heftbuchhefte Band 1-5

von Detlef Guhl


je 30 Seiten
© 2025 Copyright by Detlef Guhl
Verlag: Detlef Guhl, Kaiserdamm 99, 14057 Berlin
mdguhl@t-online.de



"Letzte Konzerte" berühmter und nicht selten weltbekannter Bands gibt und gab es immer wieder. Ebenso immer wieder sind und waren es keinesfalls die jeweils letzten Auftritte. Solche Abschiedstourneen können und konnten sich schon einmal ziehen über längere Zeit oder gar Jahre, was Bands wie Mötley Crüe, Kiss, Judas Priest oder Scorpions eindrucksvoll belegten. Aber auch der Abschied von Cher, Tina Turner oder gewisser einheimischer TV-Entertainer gestaltete sich jeweils langwierig.

Gelegentlich kommt es aber auch in der Literaturszene zu dem einen oder anderen Rücktritt vom Rücktritt. Ein wahrer Meister dieser Disziplin ist der in Berlin lebende Künstler und Schriftsteller Detlef Guhl. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an eines seiner "letzten" Werke "...bis die Tage - letzte Geschichten vom Wühltisch", erschienenen in 2019.

Ordentliche Nachschläge gab es bekanntlich in 2020 und 2021 ("Und? - Fehlt noch alles", "Einfach gar nicht ignorieren") und 2025 veröffentlichte er mit seiner "5-Minuten-Lektüre" ein weiteres Werk, welches "wirklich das allerletzte" sein soll(te). Bescheiden, wie der Autor nun einmal ist, riet er aber vom Erwerb jenes Buches kurz aber bündig ab:

"Ich würd's nicht kaufen."

Angesichts der literarischen Qualität seines Gesamtwerkes ist die Ankündigung einer finalen Veröffentlichung, seinen Warnhinweisen zum Trotz, nur schwerlich zu vermitteln. Zu groß sind die Erwartungshaltungen sowie der dann drohende Absturz der weltweiten Fangemeinde in die Depression. Inhaltlich erfüllte das "Heftbuchheft" wieder alle ersehnten Wünsche, auch wenn man sich auf einige Änderungen, insbesondere der typografischen Art, einstellen muss.

Auffällig ist der Titel mit Überlänge "Wie ich den Hund meines Nachbarn zum Weinen brachte, wie ich die Katze meines Nachbarn zum Weinen brachte und wie ich zuletzt meinen Nachbarn zum Weinen brachte", sowie ein teilweise erheblich vergrößerter Schriftgrad, ein großzügiges Textlayout, sowie ein drastisch reduzierter Gesamtumfang.

Das ist insofern erfreulich, da sich jetzt Menschen mit eingeschränktem Sehvermögen, insbesondere Brillenträger sowie Menschen mit reduzierter Aufmerksamkeitsspanne, im Text besser zurechtfinden, nichts mehr übersehen können und recht schnell zum Ende finden. Somit ist auch automatisch der stets drohenden Gefahr des Einschlafens ein Riegel vorgeschoben.

Noch erfreulicher ist die Tatsache, dass VIER weitere Heftbuchhefte dem "allerletzten" Folge leisten. Das ist tatsächlich eine Vollbedienung und freut die erlauchte Fangemeine über Gebühr.

Was die Themen betrifft, die der Autor zum Vortrage bringt, muss nicht lange referiert werden, denn die gewohnte Vielfalt ist allenthalben vorhanden und entwickelt, wie üblich, die eine oder andere ebenso deftige wie völlig unerwartete Stilblüte. Auch um die Erfindung neuer Begrifflichkeiten macht er sich verdient, indem er eine ganze Reihe brandneuer Adjektive, wie "entidealisiert", "vervornehmt" oder "entproletarisiert" vorstellt. Gehaltvolle Erweiterung des Wortschatzes also inclusive (sowie das randalierende Rechtschreibprogramm des Rezensenten).

Apropos, die Vielfalt an Sachthemen ist ebenfalls kaum zu toppen, ob es sich nun um "Hundekotvergütung" (Band 5), ein dickes nacktes Ei mit pechschwarzen Haaren" (Band 2), eine ganz spezielle Oper (Band 4), die Folgen eines Buchpreises (Band 1) oder um einen "Faktencheck" (Band 3) für nach 1960 geborene Leserinnen und Leser handelt.

Jene, und alle anderen noch Unentschlossenen, dürfen sich also wieder auf ein ganz besonderes Lesevergnügen einstellen, welches nunmehr häppchenweise verabreicht wird. Die mehrbändige Herangehensweise begünstigt zudem den Heilungsprozess der Folgen eventuell erlittener Lachanfälle oder -krämpfe.

Detlef Guhl bleibt seinem Motto treu, indem er das Leben und sich selbst ganz gehörig auf die Schippe nimmt. Nach der Lektüre lehnt man sich zufrieden und geläutert zurück und sieht sich bestenfalls in der Lage, jedes auch nur erdenkliche "Schicksal" auf die etwas leichte Schulter zu nehmen.

Das ist nicht alles, aber viel, denn Bücher können kaum mehr als das leisten. Und für Pragmatiker bleibt immerhin die Gewissheit einer ebenso zu erwartenden wie immensen Wertsteigerung dieser Sammlerstücke. Somit ist für alle etwas dabei, sogar für jene Bevölkerungsschichten, die des Lesens nicht mächtig sind. Beispielsweise kann schief stehendes Mobiliar mit den flachen Heftchen ganz prima unterlegt werden.
 
Nach Veröffentlichung der nunmehr fünf genannten Heftbuchhefte ist aber immer noch nicht aller Tage Abend. Denn was aktuell bleibt, ist ein sich langsam steigernder Trommelwirbel, da gut informierte Greise von weiteren Fortsetzungen, und einer sich sogar baldigst nähernden, fabulieren.

Jene ist dann wahrscheinlich die (vorerst) wirklich, wirklich allerletzte… und "auch nicht besser" als das, was vorher kam.

Detlef Guhls Werk ist und bleibt eine Ausnahmeerscheinung im mehr und mehr absolut überlaufenen Literaturbetrieb. Als notorischer Wiederholungstäter vereinigt der Schreibfürst Humor, Tiefgang und Satire zu einer einmaligen Komposition, einem Fels in der Brandung des Gewöhnlichen.

 

Thomas Lawall - Dezember 2025

 

 

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