Literatur

"Und?" - "Fehlt noch alles!"
Ein Koch- und Bratbuch, mal etwas anders


von Margret und Detlef Guhl


136 Seiten
© Margret und Detlef Guhl
Privatdruck / November 2020



Ein neues Buch von Detlef Guhl? Nanu, was geht? Eigentlich gar nichts mehr, dachte die tieftraurige Fangemeinde, nachdem sich der Autor mit seiner zehnten Veröffentlichung "... bis die Tage" anno 2019 verabschiedet hatte. Doch nun überrascht er uns mit einem weiteren Geniestreich ... und einem weiteren Namen: Margret.

Jeder weiß, was einen erwartet, wenn ein Buchumschlag den Namen Detlef Guhl ziert. Mehr kann man eigentlich nicht verkraften. Wie, um Gottes Willen, soll man noch eine zweite Person aushalten können, die den Namen Guhl trägt, und dann auch noch seine Frau ist? Na das kann ja heiter werden, mag der erste Gedanke sein.

Und er ist völlig richtig. Wenn alle vorangegangenen Werke sich im Großraum der heiteren Lebensbewältigung ansiedeln lassen, dann setzen der Wahlberliner und seine Gattin dem Ganzen nun die Krone auf. Einen gelungeneren Abschied von der literarischen Bühne kann man sich gar nicht vorstellen, zumal im nun allerletzten Werk, das leider nur als Privatdruck erschienen ist, nicht nur Einblicke privater Natur zu erleben und bewundern sind, sondern auch unmissverständlich klar wird, wer im Hause Guhl das Regiment führt.

Nun, ganz so schlimm ist es sicher nicht, doch in der Küche herrscht eine klare Rollenverteilung, weshalb der "Zuarbeiter" und "Küchenhelfer" freimütig bekennt: "In der Küche gehorche ich."

Margret Guhl hat also nicht nur das Zepter, sondern auch den Löffel in der Hand. Sie kocht mit sehr viel Liebe und nichts kann sie aus der Ruhe bringen. Fast jedenfalls, denn wenn ein "rechtwinklig" erzogener Ehemann die schlichte Aufgabenstellung, Kartoffeln zu würfeln, in ein existenzielles Drama biblischen Ausmaßes verwandelt, kann sie durchaus schon mal etwas deutlicher werden.

Wie sie allgemein zur Tat schreitet, ist schwierig in Worte zu fassen. Allzu Exotisches steht nicht auf dem Programm, eher Gerichte, die mehr oder weniger jeder kennt. Das Besondere an ihrer Herangehensweise ist fast ambivalent, denn einerseits achtet sie auf eine unkomplizierte und harmonische Zusammenstellung ihrer Zutaten, ohne aber andererseits eine gewisse Detailverliebtheit abzulehnen. Das kann ein besonderer Balsamico-Essig sein, aber auch ein Teelöffel karamellisierter Zucker oder ein Hauch gehackte frische Minze.

Einzelne Rezepte aus diesem kulinarischen Kleinod besonders hervorzuheben macht überhaupt keinen Sinn, denn sie sind ALLE mehr oder weniger "besonders". Dies heißt wiederum nicht, dass uns hier grandiose Kreationen aus der Nuvelle Cuisine vorgestellt werden, die auf den ersten Blick gar nicht mehr wie Mahlzeiten aussehen, sondern wie Installationen von Objektkünstlern.

Ähnlich verhält es sich mit dem Bildmaterial. Wer hier ein Teamwork von Fooddesignern und Starfotografen erwartet, wird bitter enttäuscht werden. Auf Hochglanz poliert sind die Fotos ebenfalls nicht, sondern legen eher Zeugnis einer gehobenen Bodenständigkeit ab, die auf Spezialeffekte gerne und auf eine sehr überzeugende Art und Weise verzichten kann.

Nicht verzichtet wird allerdings auf die eine oder andere Ausschmückung erzählerischer Art! Das war natürlich zu erwarten und sämtliches Wähnen der Fangemeinde wird erfüllt. Da wären beispielsweise eine kleine Geschichte zur "Pasta Schutta", ein herrliches Erlebnis in Cornelia Polettos Restaurant in Hamburg oder dem gutgemeinten Rat, wo man einen kapitalen Triple Burger am besten verzehren sollte. Zudem hat uns Margret Guhl verraten, dass ihr Mann ein "Erbsenzähler" ist. Als ob man es nicht schon immer geahnt hätte.

"Und?" - "Fehlt noch alles!" ist also eine Art Gesamtkunstwerk aus Wort, Bild und Mahlzeit. Ein Genuss und ein großes Vergnügen. Ein Kochbuch wie kein anderes. Ein literarisch-kulinarischer Hochgenuss, fein gewürzt mit "Satire al dente" und jenem herrlich unkonventionellen ewigen guhlschen Augenzwinkern.

 

Thomas Lawall - Januar 2021

 

 

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