MEMORIAL DAY (2003)
Crossover-Metal
Eines ist bei MEMORIAL DAY ganz und gar nicht sicher: Die Besetzung. Nach dem phantastischen Zweitwerk "Retired from the World" (1997) hat Gitarrist Markus die Band verlassen. Nachdem Sänger Tom ebenfalls die Flinte ins Korn warf, löste sich die Band schließlich auf. Doch der große Frust regierte nicht für die Ewigkeit...
Wie im aktuellen Interview beschrieben, traf sich ein Teil der Band etwa zwei Jahre später bei einem Gig wieder. Sofort sprang der Funke über und 2001 ging es dann mit erneut verändertem Line-up weiter. Die neue Formation besteht aus den beiden Gründungsmitgliedern Jürgen Werse und Wilfried Foh, sowie Ex-Sänger Thomas Hein und dem neuen Gitarristen Christian Schwalme.
Probleme mit dem Label scheint es ebenfalls gegeben zu haben, weshalb die dritte Scheibe wiederum als Eigenproduktion veröffentlicht wurde. Mit verkleinerter Besetzung, aber großen neuen Ideen, veränderte man sich auch "optisch". Der veränderte Schriftzug sowie der Verzicht auf einen Album-Titel markierten einen ebenso interessanten wie mutigen Neuanfang.
Wenn das Line-up bisher immer nicht von Dauer war, so ist bei MEMORIAL DAY eines sehr sicher: Mit jeder Scheibe betreten sie mehr oder weniger Neuland, denn man entwickelt sich in einer Art und Weise weiter, welche nicht jedermanns Öhrchen nachzuvollziehen in der Lage ist.
Agierte der Erstling ursprünglich als klarer Death-Metal-Kandidat, "verspielte" sich der genannte Zweitling in träumerisch-philosophischen Gothic-Metal-Klängen und erschwerte insgesamt eine konkrete Zuordnung. So passiert im Prinzip auf "Memorial Day" genau das gleiche, nur völlig anders...
Nicht nur die zweite Gitarre verschwand, sondern auch das Keyboard. Logischerweise scheint nun etwas zu fehlen. Richtig. Aber weniger kann auch mehr sein! MEMORIAL DAY bringen dieses Kunststück fertig und zwar ohne (erkennbare) Mühe. Dem geneigten Hörer bleibt aber zunächst nichts anderes übrig, als sich von den beiden Vorgängern zu verabschieden und sich auf völlig neue Horizonte einzupegeln.
Tatsächlich haben alle Platten nichts miteinander gemeinsam außer dem Namen der Band. Diese sieht's natürlich als konsequente Weiterentwicklung - ich sehe da eher eine Art Rückbesinnung auf's gute alte Handwerk. Man ist wieder auf dem Teppich... und genau auf diesem geht jetzt die Post ab! "This is napalm..."
MEMORIAL DAY machen ein Fass auf und feiern ihre Wiedergeburt. Die fetzige Mucke geht nach vorne und verzichtet auf jede Spielerei. Rotz'n'Roll ist halt nicht tot zu kriegen, besonders wenn er so runderneuert auf die Lauscher klatscht. Wie gewöhnlich, darf es aber gerne noch etwas mehr sein. Doch diesmal sind die Weichen anders gestellt... Höre ich da z.B. einen leicht punkigen Einschlag in "Headlines", oder habe ich was an der Matte? Und wieso erinnert mich der ausdrucksvolle Shouter (seit eh und je) an Sid Vicious? Hehe, was geht? Ja, und die Scheinehe mit Rap-Elementen ("Children's Games") kommt besonders gut, obwohl mir diese Richtung, nach Alpenjazz und Techno, am meisten auf die Nüsse geht. Wenn sich aber unsägliche Quassel-Beats in erdiges "Heavy-Material" verwandeln und diese gemeinsam etwas Neues erfinden, dann ist das wieder einmal tosenden Beifall wert! Manners, DAS macht Laune! "Nothing left, but shake your ass..."
Dieser Sound lässt Lahme wieder gehen und meine Oma schmeißt die Gehhilfe weg! Also ich unterstelle mal, dass MEMORIAL DAY auf dem langen Weg zu sich selbst nunmehr das Ziel erreicht haben! Genau auf diesem Highway kann und wird es weiter gehen. Gebt Gummi, Kerls!
Fazit: Knackige Fundgrube. Grooviger B(r)ettvorleger. Deutsche Wertarbeit!
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