CD-Review

MY SILENT WAKE - IV Et Lux Perpetua (2010)


Doom-Death




... mit der einen oder anderen feingewiegten Gothic-Anleihe, jeder Menge progressiven Spielereien und ein paar spacigen Überraschungen.

Nachdem mir seit den Ausnahmealben "The Anatomy of Melancholy" (2007) und "A Garland of Tears" (2008) im Prinzip jedes Wort fehlt, fällt es mir gar nicht mal so leicht, einen neuerlichen Versuch zu wagen, was Album Nr. 4 "IV Et Lux Perpetua" betrifft.

Im Gegensatz zu den Vorgängern scheint man einerseits etwas energischer, andererseits aber auch leichtfüßiger auf die Matte zu kriechen. Derlei Widersprüche fallen mir zu diesem Werk permanent ein, wohinter sich vielleicht gar ein gewisses System verbirgt!? Wie dem auch sei, in jedem Fall herrscht hier eine unglaubliche Vielfalt und Abwechslung, was bereits im ersten Stück eindrucksvoll rüberkommt. Man gibt sich agressiv und vehement und im nächsten Moment wieder zärtlich zerbrechlich. Der nächste Widerspruch.

Die erdige Anfangssequenz von "Death Becomes Us" könnte ich mir wohl 2000 Jahre anhören. Richtig anstrengend ist dann der progressive Break, der immerhin dazu geeignet ist, die offenstehende Kinnlade wieder (kurzzeitig) zu schließen. Achtung, wieder ein Widerspruch: Ich liebe diesen filigranen Bombast! Und im dritten Stück "Bleak Endless Winter" kann ich das sogar noch unterstreichen.

Der ganze Reichtum an Abwechslung kann beim ersten Hördurchgang zunächst gar nicht erfasst werden, was man durchaus als weiteren Widerspruch gelten lassen kann. Jeder Versuch, MY SILENT WAKE irgendwo einsortieren zu wollen, wird mit diesem Album wohl endgültig ad absurdum geführt. Die spielen absolut in ihrer eigenen Liga ...

Insgesamt scheinen MY SILENT WAKE in "IV Et Lux Perpetua" sehr viel progressiver (insbesondere in "Between Wake and Sleep") aufs Parkett zu kommen ... aber auch ne ganze Ecke spaciger! Die 70er Jahre lassen grüßen und schicken ein paar Portionen HAWKWIND mit! Warm, hart und sanft umhaucht von einem dezenten Vintage-Flair liegt hier ein Scheibchen vor, das, wie gesagt, merklich progressiver als die Vorgänger klingt, andererseits in seiner Struktur etwas einfacher gestaltet zu sein scheint. Beispielsweise verzichtete man diesmal auf akustische Instrumentierung. Widerspruch hin und her: Wie man es schafft, simple Strukturen komplexer klingen zu lassen, wissen wohl nur MY SILENT WAKE und das ist auch gut so.

Mir scheint, das Geheimnis liegt in der Spiel- und Experimentierfreude der Band, die das aktuelle Album einfach anders klingen lässt. Natürlich auch Anspruch und Wille von Mastermind Ian Arkley, das Album nicht wie die meisten Metal-Produktionen klingen zu lassen (wie in einem Interview nachzulesen ist). Auf "ultramodernen Sound" wollte er bewusst verzichten und "rau und kalt" klingende Scheiben gäbe es schon genug. Diese Rechnung ist absolut aufgegangen!

Soll ich noch etwas zu "Father" schreiben? Ja? Ab Minute eins ist es wieder da. Das ebenso endgültige wie original Silent-Wake-Gefühl, was einem schier die Seele zerreißt. Alles Nichtstoffliche in mir ballt die imaginären Fäuste und ich möchte einfach nur auf die Knie sinken! Was für einen Sound haben sie da nur wieder erfunden?! Was ist das? Stoner-, Folk-, Psychedelic-, Doom-, Death, oder bringe ich jetzt alles durcheinander? Keine Ahnung. Aber immerhin weiß ich eines ganz sicher: Es ist einfach großartig!

Jetzt hoffe ich nur, dass sich die begnadete Kapelle nicht zu sehr in spacige 70er-Elemente verliert, schließlich gar abhebt und auf Nimmerwiedersehen im Weltall verschwindet. Obwohl ... man könnte vielleicht bei der nächsten CD erwägen (die wahrscheinlich wieder etwas "bodenständiger" ausfallen dürfte), auf mehreren Bonus-CDs die jeweils um mindestens 20 Minuten verlängerten Space-Rock-Varianten der einzelne Songs zum Besten geben!

Fazit: Zärtlich-brachiales Monument der britischen Berufsmelancholiker.

 

Bewertung: 11/12
"Father" 12++/12

Thomas Lawall - Juli 2011

 

 

 

Tracklist:

1. Et Lux Perpetua
2. Death Becomes Us
3. Bleak Endless Winter
4. Father
5. Graven Years
6. My Silent Wake
7. Between Wake and Sleep
8. Journey’s End

Line-up:

Ian Arkley: Guitar, vocals, analogue synth
Kate Hamilton: Bass, vocals, keyboard
Andi Lee: Guitar, vocals, analogue synth
Jasen White: Vocals
Steve Allan: Drums


www.mysilentwake.co.uk
www.myspace.com/mysilentwake

 

 

 

 

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