MY SILENT WAKE - Damnatio Memoriae (2015)
Doom-Death-Wundertüte
Nach der magischen Zeitlupenstudie "eye of the needle" (2014) und dem akustischen Geniestreich "Preservation Restoration Reconstruction" (2013) gibt's nun wieder was voll auf die Glocke! Was die beiden Opener "Of Fury" und "Highwire" betrifft, wirken MY SILENT WAKE wie entfesselt. Dementsprechend brettern sie, nach dem sphärischen Täuschungsmanöver zu Beginn, fast munter und fröhlich, einfach mal los.
Schön, dass Ian nie den Wunsch hatte, ausschließlich von seiner Musik leben zu wollen. Deshalb ist er nicht nur völlig unabhängig vom Musik-Business, sondern kann sich seine absolute Individualität leisten und einfach tun, was, wie und wann es ihm gefällt! Zur Freude sowohl der ebenso stets ergriffenen wie relativ übersichtlichen Hörerschaft, die sich mit jedem Album auf Überraschungen freuen kann und nicht permanent mit dem gleichen Brei auskommen muss.
"Now It Destroys" ist eine Ansage! Und eine Liebeserklärung an die Bremsklötze dieser Welt, denn jetzt wird die Lok bei voller Fahrt erst einmal ordentlich eingebremst. Was für ein Brett! Breaks für die Ewigkeit!
Mit "Black Oil" verliert der Zug weiter an Fahrt, und bricht gleichzeitig zu fremden Ufern auf, die sich im Nebel einer dunklen Bedrohung nur schemenhaft anzudeuten wagen. Um dem zu entkommen, darf der Kessel auch schon einmal kurz nach guter alter Black-Metal-Art befeuert werden. Diese brachiale Fusion ist einer der ersten Höhepunkte von "Damnatio Memoriae". Ehrwürdig großes Theater. Die Kinnlade fällt ins Bodenlose!
Das fünfte Stück "And So It Comes To An End" öffnet das eine oder andere Fenster in die musikalische Vergangenheit der Band und dem in stiller Bewunderung verharrenden Zuhörer bleibt gar nichts anders übrig, als die Hände zu falten und ganz langsam auf die Knie zu sinken. Man wird das Gefühl nicht los, angekommen zu sein!
"The Innocent" ist dann wieder ganz etwas anderes. Flotte Überraschung ... diese Individualisten um den metallischen Freidenker Ian Arkley verstehen es immer wieder, in ihrer eigenen Liga zu brillieren. MY SILENT WAKE wehren sich mit ihrem verwegenen Stilmix gegen jede Konvention und strafen jeden Schubladendenker Lügen. Längst haben sie ihre eigene Musikrichtung erfunden: MY SILENT WAKE eben.
Im vorletzten Track kommt der Band die berufliche Tätigkeit Ians zugute, denn er weiß nur zu gut, wozu die ganzen Rädchen und Hebelchen im Führerstand einer Lokomotive gut sind. Somit können die drei eingeweihten Herren mit ihrem tonnenschweren Ungetüm ein ebenso amtliches wie gut 13-minütiges Bremsmanöver zelebrieren, dass es nur so kracht und welches (nicht nur) der Doom-Gemeinde die Tränen aus den Drüsen quetschen dürfte. "The Empty Unknown" kratzt jetzt echt am Eingemachten. Wer auch immer diese Dinosaurier-Breaks erfunden hat: Tausend Jahre könnte man das hören! Und die ebenso vielsagenden wie leisen Zwischentöne sowieso.
Das letzte Stück kommt rotzfrech aus den Beschallungskästen und ist allein für sich schon ein Gebirge. Es sollte auch noch erwähnt werden, dass Ians Sangeskunst in all ihren Schattierungen keinerlei Abnutzungserscheinungen vorweist. "Klar" und mit unverbrauchtem Nachdruck überzeugt er im ersten wie im letzten Stück und auf welcher Platte auch immer.
Eigentlich merkwürdig - obwohl sich die Musikanten aus einer Vielzahl von Richtungen des Metal bedienen, hat man niemals den Eindruck, dass sie irgendwelche Kompromisse eingehen. Ian, Addam und Gareth geben auf dieser Scheibe jederzeit 100%. Halbe Sachen gibt's nicht!
Wenn sich nach 55 Minuten der schwarze Zug am Horizont verliert, gibt es nur eine Möglichkeit. Gleich nochmal zurück in den Bahnhof und den Brocken erneut starten. Langweilig wird das nie.
Fazit: Großer Wurf. Ausgelassene Melancholie. Ehrliches Brett.
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Tracklist:
1. Of Fury 2. Highwire 3. Now It Destroys 4. Black Oil 5. And So It Comes To An End 6. The Innocent 7. The Empty Unknown 8. Chaos Enfolds Me
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Album line-up:
Ian Arkley: Guitars, Vocals, Keys Addam Westlake: Bass Gareth Arlett: Drums Greg Chandler: Additional Keys and vocals Martin Bowes: Synths on "Black Oil" and "The Empty Unknown"
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