CD-Review

MY SILENT WAKE & THE DROWNING - Black Lights & Silent Roads
(Split CD 2010)


Doom-Death




Das Studium der beiden Longplayer "The Anatomy of Melancholy" (2007) und "A Garland of Tears" (2008) lehrte mich bekanntlich die Sprachlosigkeit und obendrein habe ich auch noch glatt übersehen, dass bereits im letzten Jahr zwei neue Tonträger in Sachen MY SILENT WAKE unterwegs waren.

Mit einem Cover von ATTRITION geht es militärisch getragen los. "I am (Eternity)" ist nicht nur ein vornehmer Trauermarsch, sondern bereits der erste Höhepunkt der Scheibe. Pure Magie! Man verliert fast den Kontakt und jede Verbindung zur realen Welt ... doch der zweite Track holt jeden Traumtänzer umgehend auf (vermeintlich) sicheres Terrain zurück. "Bleek endless winter" entspricht am ehesten wieder der Death-Doom-Schublade, obwohl auch dieser Song nicht mit verspielten Elementen geizt. Grandiose Atmosphäre - die Hammond-Orgel (?) im Hintergrund erinnert an alte Computerspiele!

Merklich leichtfüßiger kommt der dritte Track "Devoid of light", ein weiteres DROWNING-Cover, ins Ohr und überrascht mit einer unverbindlichen Eleganz. Die sanfte Umsetzung des Vorbilds knistert vor Spannung ... und man spürt, dass sich so etwas wie ein (absoluter) Höhepunkt auf leisen Sohlen nähert! Raffiniert!

Mystisch, bedrohlich und entrückt beginnt dann die Nr. 4 - mein ganz persönliches Highlight! Besser kann man einen musikalischen Spannungsbogen nicht ausbalancieren. Endlich mal wieder eine Band, die sich den Luxus erlaubt, sich für einen Song wirklich Zeit zu nehmen. Diese ewige Hetze und Ruhelosigkeit haben hier nicht die geringste Chance. Gut sechs Minuten dauert die sphärische "Overtüre" und sensibilisiert den geduldigen Zuhörer auf das, was da noch kommen wird, bis Kate Hamilton mit einem druckvollen Bassteppich das zuvor schon angedeutete Fundament festigt, für einen der eindruckvollsten Songs, den ich jemals vernommen habe! Doch auch jetzt lässt man sich Zeit bis zur endgültigen Definition des Hauptthemas, welches mit einigen floydschen Verbeugungen veredelt ist. Spannung pur führt uns hinaus aus dieser Welt und ultrageile Breaks katapultieren uns schließlich ins Nirgendwo und Überall. Ich weiß inzwischen gar nicht mehr, wie oft ich "Rebirth" schon gehört habe, wie weit weg ich von zu Hause war und wie ich überhaupt wieder zurückgefunden habe! Der Song läuft seit Wochen und ein Ende ist nicht abzusehen. Eine Nummer in dieser Größenordnung hätte ich niemals auf einer Split erwartet. "Rebirth" hat etwas Endgültiges, ist ein sanfter Prog-Hammer und zugleich eine ganz große Doom-Oper von zeitloser Ambivalenz.

THE DROWNING überraschen mich dann insofern, als ich sie erstens bisher gar nicht kannte und zweitens dahingehend, dass sie ganz offensichtlich verstehen, nahtlos an die Genialität der Kollegen anzuknüpfen. Sie schaffen mit "The doomsday feire" sowohl einen nahtlosen Übergang als auch gleichzeitig ihre eigene Marke ganz klar herauszustellen.

Weniger verspielt und progressiv sind sie das erdige Gegenstück und einer eigenständigen Originalität verpflichtet. Die kongenialen Kollegen liefern eine Matte ab, die ich wohl noch genauso oft anhören werde wie die Scheibe insgesamt. Eine eindeutige Zuordnung fällt auch bei dieser Kapelle schwer. Man gibt sich auch hier nicht mit gequirlter Einheitskost ab. Eingleisige Fahrweisen käme den recht unterschiedlichen Interessen der Bandmitglieder nicht entgegen. Man spürt die Verwurzelung in extrem unterschiedlichen musikalischen Richtungen. Vielleicht ist man ein wenig mehr gothic oder dark oder beides. Death-Doom ist jedenfalls auch hier nur eine Art Fixstern, um den sich alles dreht - mehr oder weniger weit entfernt - was die Tracks 5 - 7 eindrucksvoll belegen.

Und da man sich gegenseitig gerne covert, rundet "A photography" (MY SILENT WAKE-Cover) die abwechslungsreiche Scheibe perfekt ab. Eine der besten Splits die ich kenne und mit über 73 Minuten Spielzeit bekommt man nirgendwo mehr fürs Geld!

Fazit: Pflichtscheibe für Doomköpfe mit Hirn!

 

Bewertung: 11/12
("Rebirth" 12++/12)

Thomas Lawall - Juli 2011

 

 

 

Tracklist:

My Silent Wake:
I am (eternity)
Bleak endless winter
Devoid of light
Rebirth

The Drowning:
The doomsday feire
Arc light
Silent epiphany
A photograph

Line-up:

My Silent Wake:
Ian Arkley: Guitar and vocals
Kate Hamilton: Bass, dulcimer, keyboard and vocals
Andi Lee: Guitar and mandolin
Jasen White: Vocals and percussion
Steve Allan: Drums

Guest musicians on I am (eternity):
Martin Bowes: Spoken word and synth
Sin Drella: Vocals


The Drowning:
James Moore: Vocals
Mike Hitchen: Lead/rhythm Guitar, keyboards
Jason Hodges: Lead/rhythm Guitar, keyboards
Mal Perkins: Bass
Steve Hart: Drums


www.mysilentwake.co.uk
www.myspace.com/mysilentwake
www.myspace.com/thedrowninguk

 

 

 

 

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