Blind Review Nr. 7

Interpret, Albumtitel und Erscheinungsjahr sind nicht bekannt



Das ist auf jeden Fall eine von den Scheiben, wo der Mann am Bassfundament eine führende Rolle spielen dürfte. Der Dampfer groovt zu Beginn ordentlich auf die Matte und der kongeniale Kollege am Schlagwerk kann in Sachen Qualität mühelos mithalten. Ansonsten muss mir das Geschrubbe aber insgesamt nicht gefallen. Vor allem das Geklepper an der Gitarre und die insgesamt recht mainstreamige Ausrichtung. Der Songaufbau ist einfach zu banal. Tausendmal gehört, aber neunhundertfünfundneunzigmal ist nix passiert.

Aufregend wird es im zweiten Track auch nicht gerade, denn im Prinzip spielen sie den ersten Track so in etwa rückwärts. Etwas in der Art halt. Wieder steht der groovige Bass im Vordergrund, unterstützt von knackigem aber zurückhaltendem Schlagzeug. Der Rest der Mannschaft hält sich ebenfalls angenehm zurück, und das musikalische Szenario könnte man sich in einem Musikclub nachts um halb fünf vorstellen, wo sich ein paar Jazz-Musikanten eine Jam-Session mit einer ambitionierten Schüler-Rock-Combo liefern. Schon reichlich ermüdet, alkoholisiert und fast aus der Spur driftend. Nicht uncool, dennoch droht hier schon jetzt das Sandmännchen.

Beim dritten Stück fragt man sich erstmals "Was denn, schon wieder das Gleiche?" Wobei erste Stolperbreaks etwas Abwechslung andeuten. Ein Hauch von Wüstenstaub wirbelt durch die Walhalla, hält aber nicht, was er verspricht. Das eintönige Gitarrengeschwurbel nervt wiederum. Und zwar reichlich.

Im vierten Stück stimmt was nicht, denn hier liegen Sänger und Gitarrist ganz unzweideutig neben der Spur. Toller wird es auch nicht, falls dies gar Absicht sein sollte. Möglicherweise bedeutet das ja auch etwas, aber ich konzentriere mich bekanntermaßen gerne auf die Musik und weniger auf die Texte. Die schrägen Passagen nerven echt. Ich hab mir das jetzt zweimal reingetan und werde es fortan nie wieder tun.

Jau, und weiter geht's im fünften Track mit so einer Minimalnummer, die Lou Reed wahrscheinlich nicht mal besser hinbekommen hätte. Immerhin. Mir ist das aber definitiv zu langweilig. Ist halt auch so ne Art Bargeschloddel. Mit ein paar Ampullen Scotch intus kommt es womöglich recht gut rüber.

Lichtblicke gibt es erstmals im sechsten Track. Diesmal grooven die Leutchen recht progressiv los. Der beeindruckende Basswerfer brilliert wieder einmal mit ansprechender Melodie. Die klirrende Gitarre nervt aber ein ums andere Mal. Insgesamt eine nette Jazz-Rock-Nummer, was andere aber tausendmal besser können. Deshalb lasse ich auch den nächsten Song komplett weg und was das nachfolgende einminütige Jazz-Rock-Fragment zu bedeuten hat, weiß ich ebenfalls nicht. Soll ich mich schon jetzt freiwillig in Rätsel-Haft begeben?

Nummer neun ist ein gähnlangweiliger Abschied von der Geliebten. "Goodbye my love" - ja ok, schwubbel, schwubbel und tschüss. Im nächsten Track keimt der Gedanke an eine Stoner-Combo wieder auf. Tatsächlich wird es nun etwas staubiger, wobei die Slidegitarre erstmals richtig gut passt. Doch was ist das? Etwa so eine Art New-Higway-61-Pop-Rock oder wie?
Egal, ohne Zweifel nicht meine Marke. Das ist einfach zu lahm und vor allem zu gewöhnlich. Auch wenn sich der Sänger mal so richtig auskotzt, kann das lediglich fast zum Lachen reizen, wenn es nicht so traurig wäre. Meine Parameter sind einfach anders gestrickt. Sorry.

Tracks von James Brown fangen mitunter wie der elfte an. Aber auch das ist wieder eine falsche Hoffnung. Meine Güte, sind das langweilige Songs, und so geht das munter weiter, denn das nächste Lied dehnt die Trostlosigkeit gar auf sieben Minuten aus. Man kann ruhig etwas vorspulen, ohne auch nur das Geringste zu verpassen. Jedenfalls bis zur vierten Minute etwa, denn ab hier gibts eine Handvoll progressive Breaks auf die Lauscher, die es wahrlich in sich haben, aber leider permanent wiederholt werden. Da hat man schon mal ne gute Idee, aber es ist halt schade, wenn es tatsächlich nur bei einer bleibt. Vorspulen hilft hier wieder ...

Mit den letzten beiden Tracks wendet sich das Blatt. Spätestens hier kommt einem die eine oder andere Melodie und Textzeile bekannt vor. Scheint ein ziemlich schräges und "verkopftes" Konzept zu sein. Zur akkustischen Gitarre und in bester Singer-Songwriter-Tradition in Szene gesetzt, gesellt sich ein todtrauriges Cello. Das wie eine Traumsequenz anmutende Arrangement und die eigentümliche Melancholie erinnert ohne jeden Zweifel und scheinbar so ganz nebenbei an CHARLIE DOMINICI und den großartigen Beginn seiner Trilogie "O3 A Trilogy - Part One" (2007). Genial!

Der abschließende Longtrack kommt, im Gegenzug dazu, voll elektronisch und effektbeladen daher. Das dröhnt nicht unerheblich und diese klanggewaltigen wabernden Keyboardwände geben wohlige Rätsel auf. Schließlich verliert sich das Tongebirge, implodiert in Zeitlupe und verschwindet in einem schwarzen Loch. Koordinaten unbekannt. Mich erinnert das an unser altes Küchenradio zu Hause. Wir drehten gerne an diesem Rädchen und erfreuten uns an dem Klangdurcheinander ...

Ich glaube, das ist ne Platte für Indirektuelle ... oder so. Könnte mir auch vorstellen, dass die Pineapple-Thief-Fraktion Gefallen an der Scheibe zeigen würde.

Fazit: Muss nicht wirklich sein. Gute Ideen, aber im Ansatz vom Winde verweht.

 

Bewertung: 2/12
(Track 13: 12/12)

Thomas Lawall - November 2008

 

 


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