Literatur

scheiß auf die Rippe
Gedichte und Geschichten über die Liebe, das Leben und andere Ungereimtheiten


von Detlef Guhl


234 Seiten
© 2017 Detlef Guhl
epubli GmbH, Berlin
www.epubli.de
ISBN 978-3-7450-6216-8



Dem Dichter sitzt sowohl der Ernst des Lebens als auch der Schalk im Nacken. Gut so, denn wie sollte man das Leben anders ertragen.

"Ich stoße hier und da an Grenzen und an Schranken" schreibt er in "Frei" und ist überzeugt, im Räderwerk des Lebens festzusitzen, "... anders sein ist vergebens."

Doch all der Weltschmerz vergeht bereits im zweiten Gedicht "April, April". Um die Liebe geht es hier und um gewisse Pfeile, die hier und da treffen: 

"Sie liebten sich in wilder Eile.
Das dauerte wohl eine Weile,
doch Anfang Mai war sie verflossen ..."

Aufgeben ist aber nicht angesagt, denn das Spiel wiederholt sich, wenn man nur die nötige Geduld aufbringt. Pfeile gibt es ja genug ...!

Wenig später stürzt Detlef Guhl den Leser gar derb und wollüstig in eine wilde "Verführung", "In praller Nacktheit lag sie da vor ihm in Saft und Fülle ...", verwirrt ihn, führt ihn an der Nase herum und klärt das Ganze am Ende mit einer überraschenden Pointe auf.
 
Kein Gedicht ist wie das andere. Es liegen Welten zwischen den Zeilen und doch scheint sie eines zu vereinen. Es ist vielleicht eine Art von Zuversicht und ein Nichtaufgebenwollen. Man mag auch bei traurigen Versen nie die Fassung oder jeden Mut verlieren. Ganz im Gegenteil, denn hier schreibt jemand, der sich nicht von Wolken in tiefste Schluchten stürzt, sondern mit beiden Beinen fest im Leben steht. Oft auch gegen den Strom und als Fels in der Brandung sowieso.

Ein großer Erzähler ist er ebenfalls. Doch kapitellanges Versinken im eigenen Ozean der Worte ist nicht seine Welt. Weniger ist oft mehr. Und für das Wesentliche braucht es nicht viele Worte. Um sich von dem "Schmetterling Jugend" zu verabschieden, genügen wenige Sätze, für eine kurze Aufklärung über "Dämonen" ebenfalls. Der "Lebenskünstler" hat eine ebenso einfache wie wirkungsvolle Weisheit zu bieten, ein Gegenentwurf zum melancholischen "Aprilwetter" ist schnell formuliert, und selbst ein "unendliches Gedicht" kommt mit knapp zwei Seiten ganz prima aus.

Detlef Guhl schreibt alles auf. Wirklich alles! Momentaufnahmen des Lebens, Ideen, Einsichten, Glücksmomente, Liebesgeschichten - aber auch Fragen, Zweifel und manchmal auch bittere Ironie - gleichwohl nur, wenn unbedingt nötig.

Vielleicht ist das markanteste Markenzeichen des Autors die immerwährende Ambivalenz der Dinge. Keineswegs kehrt er sie unter den Tisch, sondern stellt sich ihr mit aller Konsequenz. Gnadenlos den Blick auf sich selbst und sein Schicksal werfend, entwirft Detlef Guhl in "Scharfrichter" eine makabre Aussicht auf das Unvermeidliche. Jener wird sich sicher in Sachen "baldiger Geschäftsbeziehung" irgendwann ankündigen. Eine "Hilfe bei der Pflege seines Werkzeugs" lehnt der sture Kerl glatt ab ...

Auf kopflastige Verschachtelungen verzichtet der Autor nahezu ganz, drückt sich allgemeinverständlich aus, und lässt seinen ausgeprägten Humor eine tragende Rolle spielen. Hintergründig und mit doppeltem Boden ausgestattet kommt er in "Der Regenwurm", und lässt uns einmal mehr innehalten und über die handfeste Pointe grübeln. Die eine oder andere Lehre dürfen wir ebenfalls ziehen - beispielsweise wie gesund eine "Trotzreaktion" sein kann.

"scheiß auf die Rippe" ist ein wahre Fundgrube. Mehr Kontraste kann man auf 230 Seiten nicht unterbringen. Viel hätte der Rezensent noch erwähnen können, vielleicht die gut versteckte Liebeserklärung in "Trophäen" oder die böse Ironie in einem der neuen Gedichte "Gespenster". Der aktuelle Zeitgeist hält somit Einzug in die Zusammenlegung der bereits 2011 und 2012 erschienenen Lyrikbände "neben der Venus" und "dem Herzen so nah", die der Dichter in der vorliegenden Neufassung um einige Verse (und ein Inhaltsverzeichnis) bereinigt und um einige Gedichte bereichert hat. 

Leserinnen und Lesern bleibt also ein doppeltes Lesevergnügen, ein Stöbern, Entdecken, Wundern und Staunen. "scheiß auf die Rippe" sind Gedichte über den Ernst des Lebens, die sich oft selbst nicht ernst nehmen. Ein Füllhorn voller "Ungereimtheiten" und noch viel mehr. Das eine oder andere Anliegen mag sich vereinzelt verstecken, dezent und so ganz nebenbei. Vielleicht kann eine der wichtigsten Botschaften des Autors für ein schönes Fazit dienen: Seine Falten bekommt er lieber vom Lachen, als vom Trübsal blasen!

 

Thomas Lawall - Oktober 2017

 

 

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