Literatur

... dem Herzen so nah
Lyrisches und Satirisches über die Liebe und das Leben


von Detlef Guhl


132 Seiten
© Edition Thaleia, St. Ingbert 2012
www.edition-thaleia.de
ISBN 978-3-943382-02-0



Nein, es war nicht der letzte Akt, um einmal nahtlos an meine Rezension von
"... neben der Venus" anzuknüpfen. Gut so, denn Detlef Guhl hat noch einiges zu sagen. Schließlich geht das Leben ja weiter, auch wenn es manchmal im "Chaos" zu versinken droht. Doch auf den zweiten Blick ist weniger schlimm, was so manche Überschrift vortäuscht. So entpuppt sich das vermeintliche Chaos und der Beginn desselben als ein erster Augen-Blick - ein Lidschlag nur und doch mit ungeahnten Folgen.

Vielleicht ist das markanteste Markenzeichen des Autors die immerwährende Ambivalenz der Dinge. Keineswegs kehrt er sie unter den Tisch, sondern stellt sich ihr mit aller Konsequenz. Gnadenlos den Blick auf sich selbst und sein Schicksal werfend, entwirft Detlef Guhl gleich zu Beginn eine makabre Aussicht auf das Unvermeidliche. Der Scharfrichter wird sich sicher in Sachen "baldiger Geschäftsbeziehung" irgendwann ankündigen. Jenem möchte er deshalb "Hilfe bei der Pflege seines Werkzeugs" anbieten, was der sture Kerl glatt ablehnt ...

Gnadenlos selbstkritisch wird er gar in "Kollosseum". Es gibt dieses Bauwerk noch. Daumen senken sich dort. Überall auf der Welt und in uns selbst. Was aber nicht bedeutet, dass er uns sofort wieder mit dem Gegenteil konfrontiert. "Alte Liebe" gibt es eben doch! Und was wäre die Welt ohne sie. Es ist schon ein wilder Ritt, eine Achterbahnfahrt, sich durch dieses Buch zu lesen.

Auf kopflastige Verschachtelungen verzichtet Detlef Guhl nahezu ganz. Was nutzt es auch, Worte in Rätsel zu umschreiben und dem Leser ein mühsames Metaphernraten zuzumuten. Gerne drückt er sich deshalb allgemeinverständlich aus, was manchem Dichter übel aufstossen wird. Man möchte doch so gerne Rätsel aufgeben ...

Klartext ist mir lieber, und diese Vorliebe wird in "... dem Herzen so nah" reichlich bedient. Dennoch gibt es natürlich auch Anspruchsvolle(re)s zu finden, insbesondere wenn zur Geisterstunde "Badewannen Wannen baden wollen". In diesem Zusammenhang finde ich den in "Lyrik II" angehängten Werbehinweis für den schon genannten Vorgänger mehr als originell!

Überhaupt spielt der Humor neben dem Ernst des Lebens wieder eine tragende Rolle. Hintergründig und mit doppeltem Boden ausgestattet kommt er in "Der Regenwurm", und lässt uns einmal mehr innehalten und über die handfeste Pointe grübeln. Die eine oder andere Lehre dürfen wir ebenfalls ziehen - beispielsweise wie gesund eine "Trotzreaktion" sein kann.

Eine faustdicke Überraschung ist eine von zwei Kurzgeschichten. "Das Konto" verblüfft mit einer Idee mit Romanpotential. Vielleicht sollte der Autor, wenn er mit "Pinsel und Palette" endlich fertig ist, einmal diesbezügliche Überlegungen anstellen ...

Das Buch ist wieder ein wahre Fundgrube. Mehr Kontraste kann man auf 132 Seiten nicht unterbringen. Viel hätte ich noch erwähnen können, vielleicht die gut versteckte Liebeserklärung in "Trophäen" oder die noch besser getarnte im oben schon erwähnten "Chaos". Doch dann werde ich womöglich gar nicht mehr fertig, und schließlich soll der/die interessierte Leser/in selbst noch etwas zum Stöbern, Entdecken, Wundern und zum Staunen haben. Denn davon gibt es in diesem Büchlein wahrlich genug.

 

Thomas Lawall - Juli 2013

 

 

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