Literatur

Urbanicity

von Christoph Aschenbrenner


44 Seiten
© 2017 sonderpunkt Verlag
www.sonderpunkt-verlag.de
ISBN 978-3-95407-072-5



"In freiem Flug den Himmel berühren". Jetzt ist es passiert. Der Aschenbrenner hebt ab. Könnte man meinen. So wie das immer ist, wenn man liest und denkt, etwas verstanden zu haben. Meistens freut man sich deshalb ebenso früh wie vergeblich, denn der Autor wollte doch mit seinen wohldurchdachten Zeilen etwas ganz anderes ausdrücken. Da die Gedanken aber, wie Gerüchte immer wieder behaupten, angeblich frei sind, kann und darf der Rezensent wohl gerne und wie so oft danebenhauen.

Aschenbrenners Stadtnotizen konkretisieren sich. Immerhin ist "Urbanicity" nach "Live! Poet auf der Bühne", "Nur einen Atemzug, einen Kuss entfernt" und "Ultraviolett" seine vierte Veröffentlichung. Aus einzelnen und locker arrangierten Episoden ergibt sich in konkreten Andeutungen diesmal ein nicht zu übersehender Gesamtzusammenhang. Dumm nur, dass man diesen an dieser Stelle natürlich nicht verraten darf. Es hat auf jeden Fall etwas mit einer Kugel (und nicht mit einem Schneeball, wie irrtümlich berichtet wurde) zu tun.

Was wir glücklichen Landeier schon lange wissen, bestätigt uns der Autor: Das Leben eines Städters ist stinklangweilig. So wie die Stadt überhaupt und generell. Es passiert täglich das Übliche. Man fährt nach Hause und am nächsten Tag wieder hin, dort, wo man am Computer herumspielt. Der Großteil des Lebens findet in einem Büro statt. Den Rest verschläft man. Marginale Zeitfragmente bleiben übrig. Zum Beispiel für Gedanken an "Isabelle".

Nachbarn ziehen ein und aus. Und dann die ewigen Geburtstage. Irgendwie muss man die Zeit halt rumkriegen. Ein Jahr ist schnell vergangen. Und wer mitzählt ist selbst schuld. Da. Hilft. Nur. Ein. Zünftiges. Kaltgetränk. Aus dem gemütlich-drögen Trott der Stadt entkommt man lediglich, wenn Onkel Doktor ein paar ernste Worte spricht. Plötzlich ist man wach. Mein Rat: Keine Panik. Das Ende naht so oder so. Kein Wunder, dass sich gewisse Jahrmarktsattraktionen dann plötzlich schneller drehen.

Schon klar. Was bleibt einem anderes übrig, als ständig zwischen Enttäuschungen und Glück hin und her zu pendeln. In jener "Zwischenwelt" kann man recht gut leben. Wenn man Glück hat, findet man sogar etwas, was man schon vor längerer Zeit in einem Akt der Verzweiflung weit von sich warf ...

Das Leben saust vorbei. Christoph Aschenbrenner isoliert Momente. Konserviert sie, bevor sie verschwunden sind. "Urbanicity" ist eine existenzialistische Miniatur. Das Ende bleibt offen. Muss es auch. So war es immer schon. Vielleicht ist ja der letzte Flug der schönste.

 

Thomas Lawall - August 2017

 

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