Nur einen Atemzug, einen Kuss entfernt
von Christoph Aschenbrenner
52 Seiten © 2015 sonderpunkt Verlag www.sonderpunkt-verlag.de ISBN 978-3-95407-056-5
Ich werde euch nun eine Rezension vorstellen. So lautet meine selbst auferlegte Pflicht. Ihr habt diese Zeilen angeklickt und somit das Recht, bestens informiert zu werden. Den Regeln der freien Marktwirtschaft haben wir uns nicht unterworfen, eher der freien und völlig unabhängigen Wortwahl. Meine Fähigkeiten sind begrenzt, denn ich kann euch ebenso wenig einen Eierkocher verkaufen, wie ein Tattoo auf den Hintern kratzen. Ich bediene euch lediglich als Bücherflüsterer und literarischer Maulwurf. Also, ich lege dann mal los:
In einem "ländlichen Dorf" lebte dereinst ein bleicher Mann unbestimmten Alters. Einen Heiligenschein trug er gewiss nicht, eher einen Kranz weißen Resthaares. Er war der sprichwörtliche schwarze Mann der Gegend, dennoch musste er den Spott der Kinder ertragen. Sein bescheidenes Dasein fristete er in einem Schuppen an der Friedhofsmauer, weshalb er es bis zu seinem Arbeitsplatz nicht allzu weit hatte. Für alle, ob Knecht oder Herr, hob er als Friedhofsgärtner die Gräber aus ...
Dies ist nur eine Figur in Christoph Aschenbrenners Lebensstudien, die er uns in launigen Worten vorstellt. Da wären dann noch jenes Mädchen, welches eventuell Claudia hieß, oder Walter, der morgens keinen Grund zum Aufstehen findet, und viele Persönlichkeiten, die unbenannt daherkommen und deren Schicksal und Beweggründe im Unklaren bleiben. Flüchtige Begegnungen, die in der Bedeutungslosigkeit zu versinken drohen, aber immerhin nicht unbemerkt bleiben.
Ich will euch gar nicht mehr Inhaltliches ans Herz legen. Nacherzählen kann schließlich jeder halbwegs Belesene. Schreiben wie Christoph Aschenbrenner jedoch nicht. Mit dem Lesen ist das auch so eine Sache. Der eine ist selig beglückt, der andere ärgert sich maßlos, und wieder ein anderer schläft ein. Wie ich euch den Schreibstil vorstellen und nahebringen soll, ist schwierig. Eine Grundvoraussetzung scheint mir aber gegeben, denn wer nicht zwischen den Zeilen lesen, entdecken und vor allem fühlen kann, hat mit diesem Büchlein einen schweren Stand.
Woher ich das alles weiß? Keine Ahnung, aber wenn ich merke (was nicht oft vorkommt), dass ein Buch meine Worte und deren Klang (in Rezensionen) beeinflusst, ja regelrecht untergräbt, dann ist dieses Buch, in meinem Sinne, gut. Neben einigen objektiven Streiflichtern steht in meinen Rezis das subjektive Empfinden im Vordergrund. Da stehe ich voll drauf. Viele nicht. Auch die muss es geben.
Ich jedenfalls spüre in diesen Texten eine merkwürdige Distanz zu den Dingen, so, als ob sie aus der Feder eines einsamen Beobachters entflohen wären. Der Autor formuliert sehr kurz, aber dennoch sehr präzise. Sämtliche Ecken und Kanten sowie allen unnötigen Ballast feilt er weg, denn klangloses Gewäsch gibt es mehr wie Sand am Meer. Mozarts Papageno ist ein Vogelfänger, Christoph Aschenbrenner fängt Worte.
Es sind wahre Prachtexemplare und sie dienen ihm dazu, Sekundenbruchteile des Lebens festzuhalten, individuelle und nicht wiederholbare Gedanken, die vielleicht für immer verloren wären. Seine Figuren stehen mitten im Leben, aber sie sind nicht von Bedeutung. Aus poetischem Blickwinkel jedoch sieht die Welt anders aus. Unbedeutend ist da gar nichts, denn alles schwingt und klingt irgendwie.
Auch ein kleines Werk muss nicht auf eine Einleitung verzichten. Bei Christoph Aschenbrenner ist sie gar unterteilt in eine "Eingabe", Klarstellung" und "Beteuerung". Nü ja, viel will er uns nicht über sich verraten, macht es dann aber irgendwie doch. Ein Versehen? Egal, immerhin wissen wir bereits nach Lektüre der ersten Seite, dass er seine Texte ausschließlich unter Verwendung legaler Substanzen verfasst hat.
Na gut, so viel für heute. Meine Pflicht ist erfüllt. Ich bin zufrieden. Und wenn ich in nicht allzu ferner Zukunft vielleicht noch das eine oder andere "Sonderpünktchen" dieses Autors in meinem persönlichen Besitztum wissen dürfte, wäre ich es noch mehr.
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