Literatur

Tödliche Besessenheit

von Elke Schwab



336 Seiten
© SOLIBRO Verlag, Münster 2015
www.solibro.de
ISBN 978-3-932927-95-9



Der erste Hauptkommissar befindet sich in einer Zwickmühle. Einerseits gehen ihm die Kommissare Baccus und Borg auf die Nerven, andererseits braucht er sie dringend. Ein vermeintliches Selbstmordopfer gibt Rätsel auf, wobei die Dimension des Falles zunächst noch gar nicht bekannt ist. Dennoch sollen die beiden Chaoten von dem Fall abgezogen und durch zwei Kolleginnen ersetzt werden.

Irgend etwas stimmt nicht. Ständig gibt ein Unbekannter Informationen an die Presse, was Baccus und Borg in immer größere Schwierigkeiten stürzt. Selbst Vorgesetzter Allensbacher wird in seiner Loyalität erschüttert, denn wenn er höheren Stellen nicht baldigst Konsequenzen präsentiert, ist sein eigener Posten ebenfalls in Gefahr.

Drei weitere, spektakuläre Morde vereinfachen die Situation nicht gerade, weshalb die unter aufmerksamster Beobachtung Stehenden in einem Fall wieder ermitteln dürfen. Allerdings unter erheblichem Zeitdruck, denn nicht nur ihre berufliche Zukunft ist in Gefahr, sondern Leib und Leben verschiedener Personen ebenfalls. Zumal sich immer mehr herauskristallisiert, dass die Mordfälle und der Selbstmord alle in einem Zusammenhang stehen.

Nun bekommen wir es also mit dem "Prequel" der nunmehr vier Bände zählenden Reihe um das chaotische Ermittlerduo Lukas Baccus und Theo Borg, zu tun. Leider habe ich den dritten Teil der Serie verpasst, sodass ich an "Mörderisches Puzzle" und "Eisige Rache" anknüpfen muss. Sehr froh bin ich, dass "Tödliche Besessenheit" nicht eine Fortsetzung darstellt, denn es ist wohl der "schlechteste" Band der Baccus-Borg-Krimi-Reihe, wobei das gewählte Adjektiv aber keineswegs einen Totalverriss bedeutet oder einleiten soll.

Schwächen sind in dem Buch aber nicht zu übersehen, ob es sich nun um holprige Formulierungen oder Beschreibungen von nicht nachvollziehbaren Sachverhalten handelt. Es ist im kriminaltechnischen Alltag sicherlich ein Unding, wenn sich zwei ermittelnde Beamte während der Befragung einer Verdächtigen wiederholt in ein persönliches Streitgespräch verwickeln und die Art und Weise ihrer Fragen auch noch bewerten.

Geradezu absurd wäre die Vorgehensweise eines Ermittlungsbeamten, sich auf sexuelle Spielchen mit einer Hauptverdächtigen einzulassen ("Basic Instinct" lässt grüßen!) und das Schäferstündchen dann auch noch am Tatort eines bestialischen Mordes zu verbringen. Unglaubwürdiger geht es nicht mehr, und wenn die Autorin dem Beamten sogleich ein schlechtes Gewissen mit der entgleisten Formulierung implantiert, "sein Leben geriet in Scherben", wird es lächerlich. Plötzlich schämt er sich "ganz fürchterlich". "Oh Gott, was war nur aus ihm geworden? Marianne (seine Ehefrau) war eine so gute Frau." Spätestens an jenen Stellen sind die Grenzen zum Trivialroman überschritten.

Neben einigen unbeholfenen, vielleicht nicht gründlich genug korrigierten Rohformulierungen, kann man dem Roman aber eine gewisse Spannung nicht abreden, denn die komplexe Handlung mündet in einem ebensolchen Showdown. Zudem lockert die Liebe der Autorin zu schrägen Charakteren den Plot ungemein auf. Brillant ist die Entwicklung einer der aufregendsten Nebenfiguren des Genres, "Dieter Marx". Der bibeltreue Beamte hat stets einen passenden Spruch aus dem Buch der Bücher parat, darf sich im Erstling aber leider der großen Bühne nur in respektvollem Abstand nähern.

Apropos Erstling: Was die Schwachstellen angeht, ist die Autorin aus dem Schneider, denn der Verlag hätte sich vielleicht die Mühe machen können, das Buch einem ordentlichen Lektorat zu unterziehen. Immerhin hat das Werk 15 Jahre auf dem Buckel und ist Elke Schwabs erstes Buch, lange vor Serienreife der Baccus-Borg-Reihe, die sich mit "Mörderisches Puzzle" erst ab 2011 etablierte. Kein Wort übrigens im Buch davon, was den Eindruck vermittelt, es mit einer aktuellen Fortsetzung zu tun zu haben.

Wie dem auch sei, "Tödliche Besessenheit" ist dennoch eine unterhaltsame Krimikost für zwischendurch und die Beschäftigung mit dieser Lektüre ist allemal um Längen besser als die Lebenszeitverschwendung mit lauen TV-Krimis von der Stange. Man könnte dem Buch auch den Status eines "Erstlings mit Charme und Sammlerwert" verleihen.

 

Thomas Lawall - Dezember 2015

 

 

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