Majoran, Mord und Meisterwurz
von Manfred Baumann
254 Seiten © 2023 - Gmeiner-Verlag GmbH www.gmeiner-verlag.de ISBN 978-3-8392-0171-8
Einige Gartenjahre sind vergangen, seit der letzte Band mit Kräuter-Krimis von Manfred Baumann "Blutkraut, Wermut, Teufelskralle" (2017) erschienen ist. Um so mehr ein Grund herauszufinden, ob sich die lange Wartezeit gelohnt hat.
Die erste und längste Geschichte der aktuellen Sammlung ernüchtert zunächst etwas. Vergleicht man Aufbau und Stil mit den nachfolgenden Geschichten, fällt ein gewisser Qualitätsunterschied auf. Vielleicht eröffnet "Majoran" ja nicht umsonst den kräuterkundigen Reigen.
Irgendwie wirkt die Geschichte um den altbekannten Pater Gwendal, auch "Pater Majoran" genannt, etwas unbeholfen verschraubt, allem voran die reichlich naiv wirkende Schilderung der polizeilichen Ermittlungsarbeit. Gerettet wird die Geschichte aber durch die Einbindung eines sehr bekannten Songtitels von Led Zeppelin, dem eine maßgebende Rolle zugeteilt ist (Herr Baumann muss zweifellos ein Fan jener britischen Rockband sein).
In "Teufelsbart" geht es umgehend etwas anspruchsvoller zur Sache, erstaunlicherweise in Tateinheit mit der weitaus besseren Illustration des Gewächses, um welches es sich hier drehen soll. Die Geschichte um einen "freischaffenden" Auftragskiller, die aus wechselnden Perspektiven erzählt wird, glänzt durch eine dichte Atmosphäre, originelle Wendungen und eine ebensolche Schlusspointe.
Den vorläufigen Höhepunkt bildet Punkt drei der Tagesordnung "Frauenmantel"! Was der Autor hier aufführt, ist nicht nur ebenso völlig abgedreht wie unerwartet und stellt das Genre kurz mal auf den Kopf, sondern hier erweist er sich ein für allemal als Meister im Legen falscher Fährten!
Das ist wahrlich, auch im Nachhall, krass und fast könnte man meinen, dass man dies nicht mehr toppen kann. Aber nur fast, denn schon geht es in einem anderen Revier weiter. "Schnittlauch" wäre guter Stoff für einen knackigen Rachethriller. Anhänger:innen der Abteilung Schadenfreude kommen hier voll auf ihre Kosten.
Bleiben noch drei Kräuter der Oberliga. Was haben wohl "Melisse", "Tollkirsche" und "Meisterwurz" gemeinsam? Gar nichts! Wieder stehen die jeweiligen Storys in keinem Zusammenhang und jeweils für sich selbst. Mehr Hinweise für die potentielle Leserschaft gibt es an dieser Stelle nicht, ausgenommen die freundliche Empfehlung, die erneute Sammlung dieser "Kräuter-Krimis" keinesfalls zu verpassen.
Alle Geschichten präsentieren sich also in einem völlig anderen Ansatz. Abwechslung heißt hier die Devise. Nebenbei ist "Majoran, Mord und Meisterwurz" eine Fortbildung in Sachen Kräuterkunde und sorgt als Zugabe für ein mitunter fortdauerndes Kopfkino, denn die eine oder andere Geschichte will in der Phantasie der Leser:innen einfach nicht zur Ruhe kommen. Dank jener "literarischen Nachhaltigkeit" ist bei der Verwendung des Buches als spätabendlicher Bettlektüre mit einer "veränderten" Traumintensität zu rechnen.
Insgesamt ist das Buch auch eine optisch ansprechende, mit Illustrationen versehene Ausgabe, wobei der Rezensent immer noch dem alten Format nachtrauert. Die Kräuter-Krimis, wie auch "Salbei, Dill und Totengrün" (2016), erschienen in kleineren, aber liebevoll gebundenen Ausgaben und sind heute bereits Sammlerstücke.
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