Literatur

Blutkraut, Wermut, Teufelskralle

von Manfred Baumann


350 Seiten
© 2017 Gmeiner-Verlag GmbH
www.gmeiner-verlag.de
ISBN 978-3-8392-2099-3



Erstaunlich, dass man seinen eigenen Namen vergessen kann, wenn man ihn zu oft wechselt. Auch die erfundenen weiß jener Mann beileibe nicht mehr. Nur eines scheint er zu wissen und zu verstehen: Wie man sie herumkriegt. Vom Leben enttäuschte Frauen mittleren Alters. Einzig zum Zweck allerdings, an ihr Geld heranzukommen. Die Masche ist perfekt, und wie es scheint, funktioniert sie immer wieder ...

In einer anderen Geschichte gibt es ein Wiedersehen mit Pater Gwendal, auch "Pater Majoran" genannt. Der Benediktinermönch hat es diesmal mit geheimnisvollen Gemälden zu tun. Die darauf dargestellten berühmten Mordszenen aus Geschichte und Mythologie und die jeweils abgebildeten Pflanzen aus der weitverzweigten Familie der Blutkräuter geben zunächst Rätsel auf, sowohl was den Zusammenhang der dargestellten Motive als auch den Mord eines Galeristen betreffen.

Wie schon im kongenialen Vorgänger "Salbei, Dill und Totengrün" weiß Manfred Baumann seine Geschichten, trotz dem gemeinsamen Nenner der Kräuterkunde, extrem unterschiedlich zu konstruieren. Während "Blutkraut" mit einer bodenständigen Note daherkommt, feilt der Autor in "Wermut" mit der psychologischen Nagelfeile an seinen Charakteren. Eiskalte Berechnung und gnadenlose Schadenfreude kann er in einer fast beängstigenden Weise skizzieren.

Derart bedrohliche Situationen lockert er andererseits wieder mit dem einen oder anderen markigen Spruch auf. Einer sei vom Rezensenten verraten, quasi als Appetithäppchen und nicht ohne beachtlichen Szenenapplaus. Offenbar schreibt Manfred Baumann Pfarrersköchinnen enormen "Kenntnisschatz" und "Wissensmacht" zu. Dagegen wäre "die NSA ein schlecht informierter Haufen harmloser Pfadfinder".

Auch vor mafiösen Strukturen schreckt der Autor nicht zurück. Doch selbst hier geht es ohne ein gewisses Augenzwinkern nicht. Dabei meint es Peppino doch ernst. Es kann ja auf gar keinen Fall sein, dass die "Napoletani" den von ihnen kontrollierten Tourismusbereich durch die Herstellung der längsten Pizza der Welt zusätzlich ankurbeln. Der mächtige Don Alberto muss also schleunigst davon überzeugt werden, dass die "Siciliani" das wesentlich besser können. Mit einer längeren Pizza natürlich.

Es darf in "Blutkraut, Wermut, Teufelskralle" also auch gelacht werden, was jedoch nicht bedeutet, dass einem so mancher Lacher dann im Halse stecken bleibt. Dafür sorgen ebenso bedrohliche wie filmreife Szenenwechsel, beispielsweise jene mit dem Abhören der Handaufzeichnung einer brutalen Stimme, die dann plötzlich auch in der Realität zu hören ist ...

Die Begeisterung des Rezensenten, was Bemerkungen über "idiotische Frauenliteratur", Champagner für Weicheier oder Baudelaires "Gewäsch" betrifft, ist immens, weshalb er genau jetzt die Notbremse zieht. Schließlich soll nicht noch mehr verraten werden. Geht ja auch gar nicht. Es kommen ja noch drei Geschichten.

Kurzgeschichten mit Biss und Tiefgang. Das muss jetzt reichen.

 

Thomas Lawall - November 2017

 

 

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