Witzig sollte es beginnen und witzig sollte es enden. Nachdem ich mich in den letzten Jahren eher auf kleineren Gigs rumgetrieben habe, wollte ich mir mal wieder was Großes antun. Zudem konnten die Kinderchen noch etwas musikalischen Nachhilfeunterricht vertragen. Also gings nach Stuttgart zur 3. Party der unheiligen Allianz, wo zunächst die erste unangenehme Begebenheit ärgerte, nämlich die 5-Euro-Abzocke auf dem Parkplatz. Da zahlste ne satte dreistellige Summe fürs Konzi und darfst dann für die Pferdebox auch noch blechen. Teuer war es sowieso, denn 8,50 für einen Liter Bier ist unverschämt. Die große Kamera durfte ich auch nicht mit reinnehmen - deshalb gibts halt nur Foddos von der kleinen popeligen. Witzig war vor dem Einlass aber eine unerwartete Begegnung. Wir hatten wohl den falschen Parkplatz erwischt, denn als wir zur Halle kamen, standen da tausende von Opas und Omas rum. War da ein Stadl-Event, ne Topflappenausstellung oder hatten wir uns im Datum geirrt? Zum Glück nicht, denn in der direkt daneben liegenden Porsche-Arena gab sich Semino Rossi die Ehre. Eine große Leuchttafel klärte dann auf. Semino Rossi geradeaus - Slayer nach links. Als ich die drollige Tafel fotografierte sprach mich ein älterer Herr an, deutete auf die Slayer-Anzeige und fragte, was "das" denn sei. Es entwickelte sich ein sehr nettes Gespräch, wobei sich immer mehr neugierige und sehr aufgeschlossene Herrschaften zu uns gesellten. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich erklärt hatte, was denn Thrash-Metal sei. Zudem erklärte ich noch nebenbei, dass wir uns extra so gruselig angezogen hätten, da man uns sonst nicht reinlassen würde. Das gab großes Gelächter und schließlich wünschte man sich gegenseitig viel Spaß bei der jeweiligen Veranstaltung.
Los gings mit der Melodic-Death-Kapelle MAY THE SILENCE FAIL, die sowohl positiv überraschten als auch die Halle umgehend in Bewegung brachten. Das Sextett legte einen Granatengig auf die Matte - womöglich handelt es sich um Hyperaktive, die einfach nicht stillstehen können. Insbesondere die zwei Megaphonistinnen am Ständer hatten sich wohl zum Ziel genommen, die Halle in Schutt und Asche zu legen, bevor die angesagten Großmeister an der Reihe waren. Ich muss echt sagen, dass es diese zweifellos ungewöhnliche Besetzung in sich hat. Sabrina und Janina rotzten als fundamentale Tieftöner derart ausdrucksstark in die Walhalla, dass man mindestens zweimal hinschauen musste, bis einem klar wurde, dass hier keine männlichen Grunzröchler zu Gange sind! Jedenfalls war das ein gelungener Support und man darf mehr als gespannt sein, was das Gruppenbild mit den beiden Damen auf den ersten Silberling pressen wird.
Die Umbauphasen gestalteten sich recht flott (was sich auch den ganzen Abend nicht ändern sollte) und alsbald ging der bunte Melodienreigen mit MASTODON in die nächste Runde. Ja ne, das sind nicht die letzten Exemplare einer Gruppe ausgestorbener Rüsseltiere, sondern eine ziemlich amerikanische Prog-Metal-Kapelle, die sich stilübergreifend auch im Bereich Sludge und/oder Math- und Hardcore lautstark bemerkbar macht. Gar nicht mal so uninteressant, zumal ich von der Combo zuvor noch nie etwas hörte. Die genreübergreifenden und langen Instrumentpassagen rannten bei mir offene Türen ein. Die mitunter komplexen Songstrukturen würde ich mir gerne einmal, auf Silberling gezwängt, zum Lausche führen.
AMON AMARTH war für uns dann die hauptamtliche Begründung, nach Stuttgart zu pilgern. Insbesondere Töchterlein samt Scheich waren gespannt wie die Flitzebogen, was die strammen Nordmänner abziehen würden. Eigentlich hatten die Kids völlig recht, denn was danach kam, konnte (uns) nicht mehr wirklich vom Hocker reißen. Natürlich wurden die Songs der neuen Platte rauf und runter gespielt. War eh klar, dass die siebte Scheiblette "Twilight Of The Thunder God" voll livetauglich ist. Die Donnergötter waren bei bester Laune, was sicherlich eines ihrer Erfolgsrezepte sein mag. Arrogant Songs abspulen - wie es die "Headliner" dann taten - ist mit den Schweden nicht zu machen. Die haben echt begriffen, wer sie groß gemacht hat und noch größer machen wird: das Publikum! So war auch der Kontakt zur Meute schon vor dem ersten Song hergestellt und gemeinsam wurde gefeiert, was das Zeug hielt.
TRIVIUM waren dann schon weniger mein Ding, denn übertriebenes Posing begibt sich -zumindest in meinem Fall- an den Rand der Lächerlichkeit. Da lob ich mir doch den völlig durchgeknallten Basser, der wie eine verirrte Sylvesterrakete ständig kreuz und quer über die Bühne fegte. Eigentlich ein Wunder, dass es ihn kein einziges Mal auf die Fresse gehauen hat. Alles in allem boten die Amis dennoch eine grundsolide Thrash-Metal-Attacke.
SLAYER erwartete ich mit Spannung ... die sie dann auch mittels einem riesigen, vor die Bühne gespannten Betttuch zusätzlich aufheizten. Als der Vorhang endlich fiel, ging es dann auch bei mir mit der Stimmung so langsam runter. Da steht sie nun, die Legende. Und was macht sie? Vor allem Krach! Zwar kam ich wegen diesem, aber man könnte den Brei nun wirklich etwas besser aussteuern. Ab dem zweiten Drittel piepste und klirrte es dann nur noch in meinen abbruchreifen Gehörgängen, weshalb ich mich nicht einmal mehr selbst "Scheiße" brüllen hören konnte.
Die zugedröhnte Blonde musste mir nach dem Konzert deshalb fast ins Ohr krabbeln, bis ich endlich verstanden habe, was die Torte von mir wollte. Leider wollte sie nicht mich sondern nur etwas wissen, und zwar was der Herr King denn da pausenlos in die Menge schmeißt. Zwei bis fünfmal schrie ich, dass dies so Dinger wären ("Plektren" war mir für den Moment entfallen), mit denen man Gitarre spielt. Sie reagierte prompt und schrie mit allen noch verfügbaren Reserven in Richtung Kerry: "Wie geil - mach dich naggisch!"
Ich glaub, ich lasse mir jetzt den Bart stehen.
Fazit: AMON AMARTH waren die inoffiziellen Headliner, MAY THE SILENCE FAIL einfach nur geil (und die zukünftigen Headliner!), Silberlinge von MASODON muss ich mir besorgen, einmal TRIVIUM und SLAYER reichen mir fürs Leben, und die Stuttgarter sind ein lustiges Völkchen. Man sieht sich - spätestens bei der Headliner-Tour von AMON AMARTH 2009 im LKA ...
Thomas Lawall - Dezember 2008 Fotos: Thomas
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