Blind Review Nr. 16

Interpret, Albumtitel und Erscheinungsjahr sind (mir) nicht bekannt



Damit ich die Albuminformationen nicht sehen kann, habe ich die Scheibe bei uns im Wohnzimmer angehört.
Dort erledigt das Technics - Laufwerk PS840 aus dem Jahr 1991 treu seinen Dienst. Dieses Flaggschiff habe ich mir seinerzeit von meinem ersten Gesellenlohn gekauft.
Mit diesem Teil höre ich heute immer noch, wenn ich schon mal CD höre...ansonsten läuft bei uns Vinyl.


Hier nun mein Blind - Review!

Erster Track

und zugleich mein persönlicher Favorit :

Eröffnet wird die Scheibe von einer wunderschönen Klaviereinleitung. Und gerade als es so richtig gemütlich ist, wird man jäh aus einer Traumwelt gerissen.
Alle Musiker hauen erst mal kräftig in die Tasten. Prima, jetzt weiß man wenigstens, wo es lang geht.
Ein ungewöhnlich dominierendes Schlagzeug und ein harmonischer Gitarrenlauf machen einen neugierig und wecken Lust auf mehr. Rhythmusgitarre und Bass lassen Platz für Leadgitarre und Gesang.
Der Sprechgesang des Sängers wird mit der Zeit immer bestimmter, lauter und aggressiver.
Es wird wieder langsamer, weicher. Schöne Synthi-Untermalung. Erzählender Sprechgesang und wieder steigert sich die Band schier ins Unermessliche.
Die Melodie trägt einen fort, macht fast schwerelos. Man wünscht sich, das Lied ginge nie zu Ende. Schöner Gothic, wie ich schon lange nicht mehr gehört habe.
Ich höre ganz deutliche Anleihen bei Paradise Lost. Die Gitarren- und Bassläufe sind schön ausgearbeitet. Sehr abwechslungsreich.
So schön und sanft wie das Lied begonnen hat, hört es auch auf.


Zweiter Track

Ein zu Anfang eher rocklastiges Stück zum Haareschütteln, welches zur Mitte hin langsamer und verspielter wird.
Keyboard, Drums und Bass legen einen schönen und weichen Klangteppich für die beiden Gitarren aus.
Die Saitenkünstler scheinen sich sprichwörtlich zu duellieren, wahrhaftig um die besten Plätze zu streiten, um dann zum Ende hin einem fulminanten Höhepunkt entgegenzusteuern.
Nur leider finde ich den Gesang nicht ganz so passend. Die Stimme in den lauteren Lagen klingt irgendwie etwas gequält und gekünstelt.


Dritter Track

Das nun folgende Stück hört sich für mein Empfinden etwas zu durcheinander an. Klingt wie alles in einen Topf geworfen und dann kräftig umgerührt. Einerseits stellen die einzelnen Künstler ihr Können unter Beweis.
Aber andererseits meint man, jetzt darf jeder Musiker mal machen, was er will.
Zu konfus, zu verspielt. Man weiß nicht genau, wo man hinhören soll.


Vierter Track

Wieder schönes Intro. Man ahnt, was jetzt kommt. Kommt jetzt auch. Bombastisch. Einem Schlachtruf gleich.
Irrerweise klingt das Stück zur Mitte hin aus und gibt die Bühne frei für harmonische, beschwörende Klänge der Sechssaiter.
Die hervorragenden Musiker scheinen ihre Instrumente förmlich zu liebkosen.Virtuos entlocken sie ihren Instrumenten fast zarte, streichelnde Klänge.
So weich wie eine Kuscheldecke hüllt der sanfte Mittelteil zuerst den Hörer ein, um dann ein akustisches Feuerwerk abzufeuern.
Ich schicke dem Sänger eine Tüte Halsbonbons.


Fünfter Track

Die Jungs scheinen Intros zu mögen. Die Stromgitarren wurden aber erst mal beiseite gestellt. Jetzt wird’s gemütlich. Lagerfeuerromantik. Ein sehr schönes Stück mit Akustik-Gitarren.
Wenn ich es zulasse, kann ich mir vorstellen, irgendwo an der Küste zu sein.
Auf einem Felsen stehend. Der rauhe, kalte Wind weht mir die Haare aus meinem Gesicht. Ich blicke zum Horizont, unter mir die Brandung, das endlose Meer.Ich breite meine Arme aus...
Wunderschön und schwerelos.
Hat irgendwas von BATHORY
Tolles Stück


Sechster Track
Es geht sehr gemächlich weiter. Doom. Alles ringsherum ist dunkel. Ich bin alleine, mir ist kalt und ich will nach Hause! Hoffentlich werde ich morgen nochmal wach.


Siebter Track
Hoher Mollanteil. Sehr verworren und technisch raffiniert gespielt. Im Mittelteil sehr weiche und harmonische Melodie.
Schöne Gitarrenarbeit, wobei ich auch allmählich den Eindruck bekomme,daß der Sänger nicht recht weiß ,ob er grunzen oder singen soll.
Meiner Meinung nach würde im Allgemeinen eine Background-Sängerin die Stücke noch aufwerten.


Achter Track
Das letzte Werk dieser Scheibe ist wieder ein eher fetzigeres Stück, der Leadgitarrist darf sich so richtig austoben und übernimmt die Führung.
Das schöne, sich wiederholende Gitarrenspiel zieht sich angenehm wie ein roter Faden durch das gesamte Stück.
Schade dass das Lied und somit die gesamte Scheibe so abrupt endet. Einen langsam ausklingenden Schlussakkord fände ich hier angenehmer.


Die Kapelle habe ich noch nie zuvor gehört. Mein erster Eindruck:

Ich tippe mal, es handelt sich hier um eine jüngere, europäische Band. Nicht aus Deutschland, vielleicht England oder sogar aus Schweden.
Die Musiker sind sehr experimentierfreudig, bleiben aber dennoch ihrem Schema treu. Was mir angenehm auffällt, ist die Tatsache, dass trotz Einsatz von einem Keyboard nicht allzu viel aufdringliches Georgel a la Dimmu Borgir die Gehörgänge quält.
Die Musiker haben perfekte Arbeit geleistet. Sauber produzierte Scheibe. Auch wenn das Album vielleicht beim ersten Hören nicht sofort gefällt, macht es Sinn, die Scheibe nochmals aus dem Schrank zu kramen und in aller Ruhe noch einmal anzuhören und auf sich wirken zu lassen.

Alles in allem ein rundes, gelungenes Werk. Wer Gothic mag, ist mit dieser Scheibe bestens bedient.

 

Falschparker - Januar 2010

 


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