CD-Review

OVO "Miastenia" (2006)  

Lo-Fi-Noise


... oder No-Wave ... oder was auch immer - mir völlig genial - äh - egal! Diese Platte ist im Prinzip unhörbar. Aber nur für jene armen Seelen, denen es bislang nicht vergönnt war, diese Klangterroristen einmal "live" zu erleben. "Miastenia" ist unerklärbar, denn ohne das visuelle Erlebnis fehlt ein wesentlicher Bezug. Es handelt sich hier nur im weitesten Sinne um Musik, denn formuliert und begriffen werden kann diese nur im Kontext mit der kongenialen Bühnenperformance.

Stefania Pedretti und Bruno Dorella sind so "normal" wie du, ich, wir, unsere Nachbarn und der ganze Rest des Planeten. Aber wehe die beiden ziehen ihre seltsamen Masken und merkwürdigen Kostümchen über! Dann ist Schluss mit lustig.
Dergleichen habe ich noch nie gehört und deshalb kann es hier keinerlei Vergleiche geben. Braucht es auch nicht, denn die beiden dürften einzigartig sein.

Inhaltlich verstehe ich kein Wort. So einen Text gibt es gar nicht. Jedenfalls nicht in dieser Milchstraße. Darum geht es auch gar nicht. Verstehen geht hier anders. Ganz anders. Verstehen kommt aus dem Innern einer ungeheuren Brutalität und Brachialität. Aus einer Ambivalenz, die sich permanent jeder Begrifflichkeit entzieht. Mal scheint die Bassgitarre zu explodieren, mal wird sie auf das Wesentliche reduziert! Mal klingt sie wie eine gigantische Stahlkonstruktion, die gerade von 10000 Trennschleifern zerlegt wird - mal scheint sie an sich selbst zu zerbrechen.

So auch die Sängerin. Stefania vermag zu schreien, zu singen, zu weinen, zu verzeifeln, zu morden, sich aufzugeben und sich zu wehren ... aber alles gleichzeitig! Sie treibt ihre Zerbrechlichkeit auf die Spitze und gießt sie in ein Betonfundament. Kranke Panik ist also angesagt. Untermauert wird dies von ihrem Ehemann Bruno Dorella, der ein wahrer Meister des Schießbudengewerbes ist. Eine komplette Ausrüstung braucht er hierzu nicht, denn schon auf einem Fell vermag er ein fundamentales Höllenfeuer zu entfachen. Und "live" braucht er nicht einmal das ...

OVO sind ein Phänomen - eine natürliche Urgewalt, die sich selbst entdeckt hat und sich im nächsten Moment wieder zerstört. Völlig frei und ungezwungen zelebrieren sie sich selbst und ihre ungebremste Spontanität.

Absolut nichts für schwache Nerven.

Fazit: Destruktive Eleganz. Indisponierter Minimalismus.

 

Bewertung: 11,374/12

Thomas Lawall - November 2007

 

 

Tracklist:  

1. ANIME MORTE
2. FOBS UNITE
3. COCO
4. MAMMUT
5. VOODOO
6. DUE PAIA DI CUORI
7. RIO BARBAIRA
8. MIASTENIA

Line-Up:

Bruno: Floor Tom, Snare Ride, Bass

Stefania: Vocals, Guitar, Cello, Piano and Hair (Track 8), Harmonica


www.barlamuerte.com/bands/ovo

 

 

 

 

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