Blind Review Nr. 8

Auflösung des Blind Reviews Nr. 8:
 

PERIHELLIUM "The New Beginning" (2008)



Prog-Rock

... der verspielten ART, wobei ich das zuletzt genannte Substantiv besonders unterstreichen möchte. Schon erstaunlich, was kleine Labels mitunter auf den Markt werfen. Rein zufällig bin ich an das Debut von PERIHELLIUM geraten. Auch das Internet gibt wenig her. Einzig dem werten Kollegen Ralf "Jogi" Ruhenstroth (www.jogi-progforum.de) war diese Platte eine Würdigung wert.

Die polnische Prog-Kapelle glänzt mit allerlei spielfreudigen Kopflastigkeiten, die, neben aller Liebe zum Schachtelsatz, niemals den Überblick verliert. PERIHELLIUM lieben die Klarheit im Ausdruck, ohne dabei jemals auch nur in die Nähe ausgetretener Pfade zu gelangen. Wo sich so manche "Kameraden im Geiste" rettungslos im Ideenstrudel verzetteln, gestalten die polnischen Art-Rocker eher ein recht übersichtliches Gebirge.

Stark hinkende Vergleiche kann ich in Richtung RIVERSIDE, MOONRISE und einer Band machen, deren Name ewig und drei Tage in Prog-Reviews genannt wird. Ich mach das "Theater" aber nicht mehr mit. Passt eh hinten und vorne nicht, und mag hier nur als grobe Orientierungsmarke erwähnt sein. Anders ausgedrückt: Wer die beiden Kapellen (sowie die nicht genannte) mag, der wird PERIHELLIUM lieben!

Schon mit der ersten (Instrumental-)Nummer weiß das Trio + Gast zu begeistern. "Chrome" beginnt fast klassisch progressiv und wer schon einmal auf einem YES-Konzert war, bekommt hier pausenlos Bezüge und Erinnerungsfetzen um die Ohren geblasen. Das macht verdammt gute Laune ... und der groovige Dinosaurier-Break ab der zweiten Minute sowieso! Jawoll, das ist geistige Vollkost, bei der auch noch die Hufe kräftig mitschwingen!

Was die erste Übernummer verspricht, kann der zweite Track mühelos einhalten. "Redd" kommt zunächst mit nahöstlicher Maske auf die Matte und entwickelt sich zu einer prächtigen Karawane. Warum mich der (hoffentlich nicht mehr lange Nur-Gast-)Sänger dauernd an den Cavannah von ANATHEMA erinnert, weiß ich allerdings nicht. Irgendwie klingt es ähnlich und dann doch wieder nicht. "The Traveller" geht es eher ruhig an, wobei der eben genannte Effekt noch stärker in den Vordergrund rückt.

"Dream Within A Dream" kommt wieder als Instrumentalnummer. Nach sechs Minuten Vollbedienung und gediegenen Holterdipolter-Breaks der ersten Güteklasse kommt man nach sechs Minuten nicht im mindesten dazu, einen Gesang auch nur annähernd vermisst zu haben. Sollte Herr Marcin Sulek genau aus diesen Gründen nur als Gast verzeichnet sein? Das wäre auf Dauer sicher schade, denn seine ausdrucksstarke Intonation kann in Track zwei, drei und fünf mehr als nur Überzeugungsarbeit leisten ...

... was insbesondere den finalen Track "Beyond The Time" betrifft. Der 19-Minuten-Brocken ist in fünf Abschnitte eingeteilt: "I Awake", "II Eternal Peace" (instrumental), "III The end of the Ancients", "IV Part of the Immortals" und "V Final vision". PERIHELLIUM ziehen jetzt alle Register und wissen geschickt die vorangegangenen Großtaten zu summieren. Doch auch hier hält man sich vornehm von jedem Ansatz einer Übertreibung fern! Trotzdem gelingt es, eine ziemlich große Oper zu inszenieren ...

Am Ende glaubt man, die (Konzept-)Platte irgendwie zu kennen, doch dem ist natürlich nicht so. Pausenlos meint das irritierte Erinnerungsvermögen, etwas Bekanntes zu hören und sei es nur eine einzige Sekunde. Doch diese wohl eher zufälligen Streiflichter platzen schneller noch als Seifenblasen, denn PERIHELLIUM besitzt schon im Debut einen absolut eigenständigen Sound, der sich durch sich selbst definiert.

Fazit: Grundsolide Prog-Schachtel mit gigantischem Ausbaupotential.

Thomas Lawall - Dezember 2008

Bewertung: 10/12


Tracklist:

1. Chrome
2. Redd
3. The Traveller
4. Dream Within A Dream
5. Beyond The Time


Line-up:

Gerard Wróbel: Guitars, Keyboards
Bartek Bachula: Bass
Seweryn Blasiak: Drums

Guest:
Marcin Sulek: Vocals


www.perihellium.com
www.myspace.com/perihellium

 

 

 

 

 

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