Blind Review Nr. 4

Interpret, Albumtitel und Erscheinungsjahr sind nicht bekannt



Scheiben, die beim ersten Hören sofort ins Ohr gehen, sind ja potentiell verdächtig. Selten gefallen sie mir nach einer Weile noch so gut, wie die geschmeidige erste Begegnung versprochen hat.

Auch diese hier ließ sich auf Anhieb richtig gut an, ohne dass ich Bedenken gehegt hätte. Ich war überrascht und dankbar, dass Thomas mal was gänzlich Unanstrengendes rausgesucht hatte. Kein Metal, eher guter alter Hardrock mit Hammondorgel, Keyboards, Streichern, Akustikklampfen und noch manch anderen Spielereien, abwechslungsreich und recht anspruchsvoll arrangiert, tönt einem aus der Silberschicht entgegen. Das klingt zunächst mal so rund und überzeugend, dass ich fast einen mir bisher nicht untergekommenen Klassiker aus den Siebzigern vermutet hätte.

Wie bereits angedeutet legte sich meine anfängliche Euphorie nach einigen Durchläufen aber halbwegs. Die zweifellos gelungenen Melodien und durchaus zahlreich vorhandenen Hooks stellten sich als zwar gut, aber nicht berauschend heraus. Wiedererkennungswert hat das Material durchweg, nur vermag es mich nicht dazu verleiten, die Scheibe auch noch ein zwölftes Mal mit wahrhaftiger Begeisterung in den Schacht zu legen.

Alles nett und hörbar, kompetent komponiert und vertont, jedoch leider (noch) nicht der große Wurf. Dabei haben die Protagonisten zweifellos 'nen astreinen Geschmack, sonst würden sie nicht dermaßen ungekünstelt retro klingen können. Einen gewaltigen Anteil Uriah Heep zu David-Byron-Zeiten meine ich raushören zu können, bestimmt versetzt mit Einflüssen von weiteren Helden vergangener Tage, die ich nur teilweise auszumachen vermag, wie im kurzen Ian-Anderson-Gedächtnis-Stück Nr. 5 oder anderweitig, wo mal Kansas oder Van Der Graaf Generator durchklinge(l)n. Wobei ich feststelle, dass sich ansonsten keins der Stücke aufdrängt, besonders erwähnt zu werden, außer vielleicht der ausladenden Abschlussnummer, die es auf satte 13 Minuten bringt und die Qualitäten des Albums wahrscheinlich am besten auf den Punkt bringt.

Nun fällt mir auf, dass ich fast schon am Ende meiner bescheidenen Ausführungen angelangt bin, ohne etwas zum Sänger gesagt zu haben. Liegt es eventuell an diesem, dass der entscheidende Funke nicht recht überspringen will? Könnte tatsächlich sein, denn der Junge macht zwar nichts wirklich falsch, lässt allerdings besonderes Charisma vermissen. Andererseits könnte ich das von seinen Bandkollegen genau so behaupten...

Wie auch immer. Textlich dünkt mir, dass sich ein mehr oder weniger durchgehendes Konzept durch das Werk schlängelt, in dem das Wörtchen "Apocalypse" eine nicht unerhebliche Rolle zu spielen scheint - um Saviour Machine handelt es sich bei der Formation allerdings garantiert nicht. Ich tippe mal ohne allzu großes Risiko einzugehen auf Europäer, die das Teil womöglich diesseits der Jahrtausendwende eingespielt haben.

 

Carsten Buchhold - Juli 2008

 


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