Literatur

Teufelspoker
Ein himmlischer Linz-Krimi


von Eva Reichl


288 Seiten
© Sutton Verlag GmbH
99094 Erfurt
www.sutton-belletristik.de
ISBN 978-3-95400-266-5



Im Himmel gibt es nichts Neues und auf der Erde sowieso nicht. Die Geldfixierten haben immer noch das Sagen, und wie es scheint, wird sich daran auch nie etwas ändern. Selbst wenn die globalen Finanzsysteme ins Wanken geraten und sich in Richtung Abgrund bewegen, wird munter weiter spekuliert, auch wenn klar ist, wer die Zeche im Ernstfall wieder einmal zahlen wird. Unruhen und Kriege sind ebenfalls nicht auszurotten - schließlich stehen sie in unmittelbarem Zusammenhang mit wirtschaftlichen Interessen.

Während sich die großen Unternehmen gesundschrumpfen, um den Aktionären wieder Mut zu machen, dürfen die Kleinen das Weite suchen. Einer von denen, die durch das Raster fallen, ist Alexander Wallner. Der Siebenundvierzigjährige arbeitete als Maurer beim Bauriesen "BAGAÖS", bis er im Rahmen von "Einsparungsmaßnahmen" entlassen wurde. Frau und Kindern vermag er seine Niederlage nicht einzugestehen und führt deshalb ein Doppelleben. Diese Situation ist auf Dauer nicht praktikabel, zudem denkt Alexander auch nach über einem Jahr nicht daran, sich die Abschiebung aufs Abstellgleis gefallen zu lassen ...

Dem Teufel geht es ähnlich, nur ganz anders. Er möchte auf der Erde noch weitaus mehr Chaos sehen. Leider steht ihm der Allmächtige im Weg, weshalb er einen ungewöhnlichen Plan entwickelt. Die Karten sollen über Krieg und Frieden entscheiden, was im Himmel aber leider verboten ist. Der Teufel wäre aber nicht der Teufel, wenn er nicht eine Möglichkeit ersinnen könnte, dies zu ändern. Gott kommt in Zugzwang, denn diesmal benötigt er einen "Crashkurs", da er vom Pokern leider gar nichts versteht.

Chefinspektor Thomas Neuhorn plagt die Langeweile. Mehr als die wenig inspirierende Bearbeitung von Autodiebstählen scheint bei der Linzer Kriminalpolizei im Moment nicht anzuliegen. Leider hat er nicht den Hauch einer Ahnung, was sich gerade zwischen "Himmel und Erde" anbahnt. Noch weniger ahnt er, welchen Besuch er in Kürze erhalten wird. Um welche beiden Herren es sich dabei handelt schon gar nicht ...

Während mich "Kasparows Züge" von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt hat, hält sich meine Begeisterung für "Teufelspoker" in unerwartet überschaubaren Grenzen. Die Story ist originell, aber es fehlt ihr an Biss. Leider sind die Dinge diesmal sehr übersichtlich und ohne überraschende Wendungen. Man muss jedoch dabei bedenken, dass dieser Kriminalroman völlig anders aufgebaut ist, als dies der gemeine Krimi-Fan im Allgemeinen erwartet. Einen unbekannten Täter und die Suche nach ihm gibt es in diesem Roman nicht ...

Eigentlich ganz gut so, denn den Leser langweilt auf die Dauer das immer gleiche Strickmuster dann doch. Umso willkommener die Idee der "himmlischen Bezüge", womit sich allein die Schauplätze ungleich vielschichtiger gestalten lassen. Dieses Rezept ging in dem zitierten Vorgänger voll auf, während die Handlung im aktuellen Roman fast wie lose zusammengeschraubt wirkt, im sprachlichen Ausdruck zuweilen an Naivität grenzt und mit Wiederholungen einfachster Zusammenhänge den Glauben an schreibtechnisches Füllmaterial wieder aufleben lässt.

Originelle Momente fehlen trotzdem nicht, was auch von Eva Reichl nicht zu erwarten ist. Besonders in Zusammenhang mit den himmlischen Protagonisten ergeben sich wahrlich komische Situationen, insbesondere wenn sie sich anschicken, der Erde, wie oben angedeutet, einen Besuch abzustatten und gar nicht daran denken, ihre wahre Identität zu verbergen. Schräg ist der Allmächtige mitunter selbst, wenn er beispielsweise an ein "Menschen-Update" denkt, das demnächst wieder einmal fällig wäre.
 
Neben der etwas in den Hintergrund geratenen Figur des Thomas Neuhorn, des orgelspielenden Chefinspektors, kann ein (vermeintlicher) Nebendarsteller ganz besonders faszinieren. Von diesem außergewöhnlichen Menschen hätte man gerne mehr erfahren. Vor 12 Jahren, vier Monaten und elf Tagen hat er seine geliebte Ehefrau verloren, jedoch eine ganz besondere Möglichkeit gefunden, ihr nahe zu sein. Täglich. Zudem muss er noch ein Versprechen einlösen ...

Ein eindeutiges Fazit fällt schwer. Die "Flüssig-geschrieben-" und "Leicht-zu-lesen-Fraktion" wird begeistert sein. Ich hätte mir jedoch etwas mehr Tiefgang erwartet, was der Hauptthematik durchaus angebracht gewesen wäre. Mit Stammtischparolen sind die Finanzkrise und deren Folgen nicht zu lösen. Mit einem "Teufelspoker" allerdings auch nicht. Deshalb ist und bleibt dieses Buch locker-spannende Unterhaltung, und somit steht die Kirche wieder im Dorf.

 

Thomas Lawall - Dezember 2013

 

 

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