Literatur

Niemand kennt dich, wenn du am Boden liegst


von Beate Baum


340 Seiten
© 2018 Redstart / Beate Baum
www.beatebaum.de



Schön ist es, alte Bekannte zu treffen. Einst haben wir sie in "Die Ballade von John und Ines" kennengelernt. Ines musiziert immer noch und präsentiert ihre Beatles-Interpretationen, wie gewohnt, in kleinem Rahmen. John hingegen agiert jetzt in den ganz großen Hallen. Tim Cantely ersetzte seinen Gitarristen kurzerhand durch John, da er jemanden suchte, der genauso drauf war wie er, was sich jedoch nicht nur auf musikalische Fähigkeiten bezog, sondern insbesondere auf den Drogenkonsum.

Hier irrte der Sänger der erfolgreichen schottischen Band "Distant Stars". Während sich der Frontmann einen "Druck" nach dem anderen setzt, hat John längst eine Entziehungskur hinter sich und denkt keineswegs daran, seinen Kurs zu ändern. Während auf der Bühne Erfolge gefeiert werden, knistert es hinter den Kulissen entsprechend.

Vor dem Hintergrund der bandinternen Probleme eskaliert die Situation schließlich, als Tim Cantely bei einem Soundcheck, sozusagen von der Bühne weg, verhaftet wird. Eigentlich hatte man nur wenig Zeit für die Proben, da man dieses Mal nicht als Headliner, sondern "nur" als Vorband für Eric Clapton spielen sollte. Dafür aber vor 80.000 Fans im Dortmunder Westfalenstadion. Die Konfusion angesichts des vollen Tourplans ist gut nachzuvollziehen. Ein Mordverdacht gegen den Sänger komplettiert das Chaos.

Hört sich spannend an, ist es aber leider nicht. Die Fortsetzung des zitierten Titels kann diesem nicht das Wasser reichen. Woran das liegt, kann der Rezensent auch nicht genau sagen. Die Geschichte zündet einfach nicht. Der berühmte Funke will, zumindest bei ihm, nicht überspringen. Die anfängliche Freude, John und Ines in ihrem jungen Glück ein weiteres Stück Weg begleiten zu dürfen, mündet sehr bald in Ernüchterung.

Es könnte an der Story selbst liegen, die im Prinzip nicht besonders viel hergibt. Die Drogenproblematik bekannter Stars ist nun wahrlich nichts Neues und die Folgen sowieso nicht. Die Verdächtigungen gegen den Sänger der "Distant Stars" lösen sich fast genau in der Mitte des Buches auf und von da an geht es kontinuierlich bergab. Spannung geht anders. Das Aufkeimen von weiteren Verdachtsmomenten wirkt aufgewärmt.

Es folgen Kapitel über einen Entzug, der schnell heruntergeschrieben und allzu konstruiert erscheint, sowie alberne Eifersüchteleien, welche ebenfalls nicht überzeugen. Selbst das Gegenteil - das junge Liebesglück - wirkt unbeholfen und hölzern formuliert. Der Mix aus Liebesgeschichte, Musikerroman und Krimi will dieses Mal einfach nicht rüberkommen. Das ist leider einfach zu langweilig.

Die fachliche Kompetenz der Autorin steht außer Frage. Allzuviele Konzertbeobachtungen, Klangbeschreibungen, Gitarrengriffe oder private Problemchen der Musiker und deren näherem Umfeld, sowie Betrachtungen, wo man hinfährt und etwas isst, machen aber noch keine gute Geschichte, die in Ansätzen zweifellos vorhanden ist. Es kann aber nicht sein, dass man sich von Seite zu Seite hangelt und sich ständig fragt: Ja und?

Das heißt aber nicht, dass es nicht hier und da Highlights gibt. Erlesen ist die Auswahl der zitierten Interpreten und deren Songs. Auch die Dialoge können durchweg überzeugen und in englischer Grammatik gibt es eine Nachhilfe. Und noch ein Beispiel: Ines. Wenn sie die Bühne betritt, dann passiert etwas. Die Stimmung in jener kleinen Eckkneipe schildert Beate Baum dann sehr dicht und nachhaltig. Vielleicht ist es die Spontanität der Situation und das Unerwartete, sowohl für die Zuhörer des "Subrosa" als auch für Leserinnen und Leser. Zunächst tut sich wenig, doch plötzlich verstummen die Gespräche ...

 

Thomas Lawall - Juli 2018

 

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