Die Ballade von John und Ines
von Beate Baum
288 Seiten © 2015 - Gmeiner-Verlag GmbH www.gmeiner-verlag.de ISBN 978-3-8392-1642-2
Manchmal ist es gut, wenn sich Ereignisse überstürzen. Zumindest für Ines Behrendt. Als Freundin des verdächtigen John R. steht sie plötzlich im Focus der Polizei und des öffentlichen Interesses. Doch die Journalisten haben nicht herausgefunden, dass sie heute im "Zanzibar" auftritt. Viele Studienkollegen, die mit ihr zusammen Paul McCartneys Pop-Uni LIPA in Liverpool besuchen, befinden sich unter den Gästen. Auch ihre Vermieterin Mrs. Englewood, eine Zufallsbekanntschaft und ein geheimnisvoller Deutscher, der sie kürzlich im Institut angesprochen hatte, sind anwesend.
Jener Mann, der sich als Nicolas Olsen vorstellte, ist von Ines' "entschleunigten Interpretationen" alter Beatles-Songs besonders begeistert. Auch das Publikum zeigt durchweg positive Reaktionen, selbst wenn die Songs durch Klavierbegleitung musikalisch reduziert und zusätzlich im Tempo drastisch verändert werden. Ines schafft damit eine Konzentration auf das Wesen der Stücke, was unerwartet begeisterten Anklang findet. Olsen wendet sich nach dem Konzert mit einem besonderen Angebot an Ines, ohne dass sie zunächst ahnt, auf was und wen sie sich einlässt.
Zu überwältigend ist der Nachklang ihres erfolgreichen Konzertes und die jüngsten Ereignisse in ihrem Privatleben. Dass ihr Freund ehemals ein Junkie war, erfährt sie erst von der Polizei, nachdem John unter Mordverdacht festgenommen wurde. Er trug einen heftigen Streit mit dem Besitzer des "Cavern Clubs" aus, bei dem es um eine zu niedrige Gage ging. Zwei Tage später wurde Christopher Henley erschlagen auf dem St. James Friedhof aufgefunden.
Der Kreis der Verdächtigen gestaltet sich zunächst recht übersichtlich, wobei die zuständigen Behörden ebenso wenig sensibel wie erfolgreich agieren. Schließlich entwickeln Ines und John eigene Ideen und gehen den Dingen selbst auf den Grund. Die eigenen Ermittlungen sind allerdings alles andere als ungefährlich und in der Ausführung nicht unoriginell.
Beate Baum gestaltet ihren Roman mit sehr viel Liebe zum Detail. Ihre Ortsbeschreibungen sind authentisch und verraten viel über ihre Sachkenntnis zum Thema Beatles und deren Wurzeln in Liverpool. Eine der maßgeblichsten Bands dieses Planeten hat jede Menge Spuren in dieser Stadt hinterlassen und die ortskundige Reise- und Musikjournalistin weiß diese geschickt in die Handlung einzubeziehen.
Fast gerät dabei die Handlung etwas in den Hintergrund, weshalb auch die Zuordnung zu einem Genre nicht unbedingt möglich ist (und sicherlich auch gar nicht beabsichtigt war). Ein "Musikerroman" ist es in Ansätzen ebenso wie ein Kriminalroman, eine "Hommage an Liverpool und eine Verbeugung vor den Beatles" aber auf jeden Fall. Vielleicht kann man "Die Ballade von John und Ines" als eine nette Ergänzung zu ihrem 2008 erschienenen Buch "Liverpool - Auf den Spuren der Beatles" sehen, nur diesmal eben als eine Art Reiseführer mit Handlung.
Nicht nur McCartneys Pop-Universität oder der John-Lennon-Airport finden Erwähnung, sondern insbesondere die Clubs, welche die Bandmitglieder einst regelmäßig besuchten, ob sie nun "Jacaranda", "White Star" oder "Cavern" hießen. Leserinnen und Leser erfahren auch Details, beispielsweise über ein "versemmeltes Vorspielen" im "Raz" (Blue Angel Night Club), welches damals noch "Wyvern" hieß, oder über das lebenslange Hausverbot im "Ye Cracke", das einst über John Lennon verhängt wurde, da er sich dort einmal reichlich daneben benommen haben soll.
Die sich allmählich zuspitzenden Konflikte der beiden Hauptpersonen Ines und John teilen sich immer wieder die Hauptrollen mit geschichtlichen Fakten zur Entstehung und Vorgeschichte der Beatles. Auch unangenehme Fakten spart Beate Baum nicht aus, indem sie zum Beispiel die wahre Geschichte des weltbekannten "Cavern-Clubs" erzählt, was dem einen oder anderen (uninformierten) Fan womöglich gar nicht gefallen wird.
Zahlreiche Verweise, die sich auf andere Bands und Musikrichtungen beziehen, belegen eine weitergehende Sachkenntnis der Autorin sowie die Vermutung, dass Musik in ihrem Leben eine zentrale Rolle spielt. Ein Insider-Tipp sei noch erlaubt: Auch ein kleiner Seitenhieb auf die rezensierende Bloggergemeinde (wer suchet, der findet) bleibt nicht aus. Überhaupt sind Schlagfertigkeit und klare Aussagen keine Fremdworte für Beate Baum.
Während sie großen Wert auf die Feststellung legt, Personen und Handlung des Buches seien frei erfunden, stellt sie andererseits fest, dass es sich mit zwei Figuren des Romans keineswegs so verhält. In diesem Zusammenhang dürfen sich Leserinnen und Leser darauf freuen, nach der Aufklärung des Falles mit einer weiteren, fast noch größeren Überraschung rechnen zu dürfen.
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