Literatur

Morbus Dei: Inferno

von Bastian Zach und Matthias Bauer


368 Seiten
© Haymon Taschenbuch,
Innsbruck-Wien 2012
www.haymonverlag.at
ISBN 978-3-85218-879-9



Tyrol, Anno Domini 1704. Johann zieht die Zügel, um den Ochsenkarren anzuhalten. Auf dem weiten Schneefeld scheint etwas zu liegen. Elisabeth und ihr Großvater können in der einsetzenden Dämmerung nichts erkennen, doch Johann läuft jenem unscheinbaren Etwas zielstrebig entgegen. Sein Messer hält er bereit, doch er wird es nicht brauchen.

Bald ist klar, um was es sich handelt, und er kann es zunächst nicht fassen. In einer gefrorenen Blutlache erkennt er die entsetzlich zugerichteten Überreste eines Mannes, mit dem ihn unangenehme Erfahrungen verbinden. Es ist jener Bauer, der ihm einst seine Geldkatze geraubt hatte. So wurde er also doch von Gottes Urteil gerichtet. Leider folgt der Genugtuung Angst und Schrecken, denn als Vollstrecker seines Urteils hatte der Herr Wölfe auserkoren. Das bedeutet nichts Gutes und er muss so schnell wie möglich zu Elisabeth und Großvater zurück, doch es ist zu spät ...

Johann List, der Schmiedgeselle, war nicht das einzige Opfer des Bauern. Schon seit vielen Jahren überfiel er Menschen, raubte sie aus und tötete sie. Zahlreiche Leichen verscharrte er in einer Grube im Wald, die auch Johann entdeckte. Damals konnte er den Bauern überwältigen und entkommen, schwor aber Rache.

Diese Möglichkeit schien gekommen, als sich ihre Wege wieder kreuzten. Diesmal war Johann vorbereitet und der Bauer hätte lieber den Teufel persönlich, als Johann wieder getroffen. Schwer verletzt führte ihn der Bauer in die Vorratskammer seines Hauses und zeigte ihm das Versteck. Johanns Geldkatze war noch vollständig vorhanden. Und nicht nur seine.

Elisabeth und ihr Großvater verstanden die Wut Johanns zunächst nicht, waren sich aber sicher, dass er schon wissen würde, warum er so handelte. Ohne zu zögern warf er den Bauern aus seinem eigenen Haus hinaus. Mitten im Winter und ohne Nahrung und Winterbekleidung. Auch Strümpfe und Schuhe musste er ausziehen. Wie einst seine Opfer. Drei Tagesmärsche wären es bis zum nächsten Dorf gewesen. Johann hätte ihn mühelos selbst richten können, doch so legte er das Schicksal des erbarmungslosen Verbrechers in Gottes Hand ...

Nach "Morbus Dei: Die Ankunft" legen Bastian Zach und Matthias Bauer mit "Morbus Dei: Inferno" den zweiten Teil ihrer Trilogie vor, und wieder kann er spannender nicht sein. Die Geschichte um den Deserteur Johann List und seine Lebensgefährtin Elisabeth Karrer gewinnt immer mehr an Fahrt und zieht den Leser wie in einer Art unheilvollem Sog zurück in die düsteren Zeiten zu Beginn des 18. Jahrhunderts.

Neben dem ungeheuren Spannungsbogen der Hauptgeschichte überzeugen die Autoren immer wieder mit Schilderungen der damaligen Lebensumstände, insbesondere denjenigen der einfachen Bauern und Handswerksleute, die sich in einer Art und Weise durchs Leben plagen mussten, die uns heute unvorstellbar erscheint.

Höchst interessant gestalten sich auch wechselnde Schauplätze, beispielsweise von der ländlich rauhen Wirklichkeit der "Tyroler" Berge in die belebte Stadt Wien. Elisabeth wähnt sich in einer fremden Welt. Weder einen mächtigen (Stephans-)Dom in solchen Ausmaßen als auch jene Menschenmengen hat sie jemals gesehen. Die Schilderungen des Stadtlebens versetzen auch den Leser in eine völlig andere Wirklichkeit. Diese Zeitreise weiß selbst in einem einfachen Wirtshaus zu beeindrucken. Und gegenüber, so beiläufig erwähnt, wird gerade der Neubau der Peterskirche errichtet ...

Es ist eines jener Bücher, die man nicht aus der Hand legen kann. Man taucht ab und findet sich in einem Szenario wieder, welches über 300 Jahre in die Vergangenheit zurückführt. Mit beängstigendem Realismus zeichnen die beiden Autoren ein Bild jener Zeit, in welcher ein Menschenleben nicht viel wert war. Die Obrigkeit, Kirche, Inquisition und immer wieder Krieg zwangen die Menschen in die Knie. Und da waren noch jene "Anderen" ...

 

Thomas Lawall - November 2013

 

 

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