Fakten sind auch nur Meinungen Wie wir wissenschaftlich zwischen Wahrheit und Wahrnehmung unterscheiden
von Jens Foell
222 Seiten © 2024 Droemer Verlag www.droemer-knaur.de ISBN 978-3-426-29390-4
Wegen des Titels wollte ich dem Buch ursprünglich keine Beachtung schenken. Wenn ich es genau überlege, fällt mir kein Buch ein, dessen Titelgebung mich mehr abgeschreckt hat.
So weit die Theorie, die ja gar keine ist, sondern nur eine Wahrnehmung, oder so. Jene beginnt aber sofort zu arbeiten, denn der Untertitel relativiert ja sogleich, lässt hoffen, und wenn ich mir den Namen des Autors anschaue bin ich mir ziemlich sicher, dass der Herr Foell, nach seinem 2023 erschienenen Buch "Foellig nerdiges Wissen", hier wohl kaum einen Schmarrn abgeliefert hat.
Trotzdem bekommt er, vor der Relativierung des Titels, gleich zu Beginn verbal eins auf die Mütze, wie er schreibt, denn ein "guter Freund" formulierte eine knackige Kritik:
"Fakten sind doch keine Meinungen. Du hast doch 'nen Kolbenfresser im Hirn".
Doch zurück zu meinem ersten Eindruck und meiner Schlussfolgerung. Das hört sich dann doch eher nach einer richtigen Theorie an, die es jetzt zu beweisen gilt. Oder halt, ist es eher vielleicht nur die Erweiterung einer Wahrnehmung, oder eine Art Erklärung, ein Gedankenmodell oder eine Hypothese? Auf jeden Fall wäre es eine "testbare Idee", die zudem widerlegbar wäre.
Da sind wir auch schon mitten in der Thematik dieses wunderbaren Buches, wobei ich das jetzt einfach mal als Fakt stehen lasse. Natürlich nur aus meiner bescheidenen Sicht, denn andere sehen das vielleicht anders. Aber auch dies gehört zur Thematik des Buches.
Bis aus einer Hypothese Fakten entstehen, ist es ein verdammt weiter Weg. Jedenfalls aus Sicht der Wissenschaft, und die Damen und Herren jener Zunft machen es sich wahrlich nicht einfach. Dies Schritt für Schritt zu verfolgen löst, zumindest bei Menschen mit bescheidener wissenschaftlicher Vorbildung, höchste Bewunderung aus!
Das sollten sich Erfinder/innen der sog. Verschwörungstheorien, bei welchen es sich eigentlich nicht einmal um -hypothesen, sondern eher um -mythen handeln dürfte, einmal hinter die Ohren schreiben. Jens Foell berührt diese Thematik aber nur am Rande und stellt beispielsweise zum Thema Matrix, also einer perfekt gestalteten künstlichen Realität, in der wir angeblich leben, lapidar fest:
"Nicht widerlegbare Hypothesen kann man getrost ignorieren."
Warum und was überhaupt das beste an diesem Buch ist? Na alles. Und noch ein Schmankerl am Schluss. Dort, wo es so oder ähnlich heißt
"Das zeigt sich mit Abstand am klarsten an einem Beispiel …"
wird es besonders spannend! Wie weit aber die Wege und die Hürden hoch sind, bis Fakten wirklich welche sind, ist ein Abenteuer, und es macht, so wie das der Autor zu erzählen weiß, auch jede Menge Spaß. Interessierten Leserinnen und Lesern jedenfalls, dem beteiligten wissenschaftlichen Personal vielleicht nicht immer.
Schon deshalb lohnt sich der Blick hinter die Kulissen des wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns. Am Ende, und nach einer kleinen Überraschung, verspricht ein praktischer Teil kapitelbezogene Anleitungen, damit nun wirklich keiner mehr auf die lustige Idee kommt, Fakten mit Meinungen zu verwechseln.
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