Die Logik der Tat Erkenntnisse eines Profilers
von Alexander Horn
254 Seiten © 2014 bei Droemer Verlag www.droemer Verlag ISBN 978-3-426-27626-6
Filme wie "Das Schweigen der Lämmer" prägten das Berufsbild des "Profilers" in der Öffentlichkeit entscheidend und nachhaltig. Sehr "zum Leidwesen" der realen Kollegen, wie der Autor beklagt, denn Täter wie die fiktive Figur des Hannibal Lecter sind seiner Erfahrung nach "zumeist ein reines Phantasieprodukt". Regisseur Thomas Harris stellte ein Konzentrat aus den spektakulärsten Fällen der Special Agents John Douglas und Robert Ressler her, welche in Wirklichkeit, im Rahmen des Forschungsprojektes CPRP (Criminal Personality Research Projekt), damit beschäftigt waren, Sexualmörder und Serienvergewaltiger bestimmten Kategorien zuzuordnen.
Sie führten damit konsequent weiter, was Ende der 70er Jahre in der "Behavioral Science Unit" des FBI begann. Es galt fortan, nicht unbedingt der Tat selbst bei den Ermittlungen Priorität einzuräumen, sondern dem Verhalten des Mörders. Man begann Auffälligkeiten anhand der Gestaltung des Tatortes festzustellen und zu bewerten, um der ganz speziellen Handschrift des Mörders näherzukommen. Beispielsweise entwickelte das FBI eine Typologie von Serienvergewaltigern, jedoch lediglich mit zwei Grundmustern. Während der eine Täter aus allgemeinem Zorn gegen Frauen handelt, geht es dem anderen Täter um reine Machtausübung.
Heute geht man die vielschichtigere Realität etwas differenzierter an. Genau hierin begründet sich Alexander Horns Hauptanliegen, obwohl er zunächst einmal ganz von vorne beginnt. Sein Berufsbild definiert er nicht wie es oftmals die Medien tun oder deren Leser es formulieren. Er sieht sich nicht als "Monsterjäger" oder als den vielzitierten "Profiler" (obwohl der Buchtitel ebenfalls nicht ohne diesen Begriff auskommt). Vielmehr stellt er sich als "Polizeilicher Fallanalytiker" vor. Der Mitbegründer des Täterprofilings bei der Münchner Mordkommission leitet seit 1998 die Dienststelle für Operative Fallanalyse (OFA) der bayrischen Polizei.
Auch mit den "Mythen des Verbrechens" räumt er kräftig auf. Die öffentliche Meinung, es würde immer schlimmer mit den Verbrechen werden, weiß er als unrichtig darzustellen. Nüchterne Zahlen sprechen dagegen. Die Anzahl der Tötungsdelikte in Deutschland, England und USA geht zurück, wofür es zahlreiche Gründe, wie verbesserte Notfallmedizin, div. Präventionsmaßnahmen und abschreckende kriminaltechnische Möglichkeiten, gibt. Eine "klassische Wahrnehmungsstörung" diagnostiziert er auch in Sachen Sexualmorden an Kindern in Deutschland. Diese sind ebenfalls rückläufig und belaufen sich im Jahr 2013 auf zwei Fälle.
Alexander Horn erlaubt uns einen glasklaren Einblick hinter die Kulissen seines Arbeitsalltags. Neben der sachlichen Betrachtung seines Tätigkeitsfeldes schildert er viele praktische Beispiele, die er mit seinem Team seit Gründung der Dienststelle bearbeitet hat. Besonders beeindruckende Beispiele sind die erfolgreichen Ermittlungen zur Mordserie des "Maskenmannes", der allerdings erst 18 Jahre nach seinem ersten Mord (1992) gefasst werden konnte, und im Gegensatz dazu die Ereignisse rund um die NSU-Fälle.
Bereits 2006 entwickelte Alexander Horn und sein Team eine "Alternativhypothese", nachdem sich die zuständigen Behörden fälschlicherweise auf eine Suche in der organisierten Kriminalität konzentriert hatten. In diesem Fall wird das Dilemma seiner Arbeit deutlich, denn wenn es nicht gelingt, die zuständigen Stellen von seiner Theorie zu überzeugen, nutzt die beste Analyse gar nichts, auch wenn sie später in allen Punkten bestätigt wurde.
Ungleich erfolgreicher war die OFA in einem Fall, der von Beginn an völlig aussichtslos erschien. Mareike G. verschwand, und alle Anzeichen deuteten auf ein Verbrechen hin. Die Polizei in Waldmünchen sowie die Kriminalpolizei Regensburg ermittelten aufwendig, aber doch in eine Sackgasse, weshalb die OFA um Unterstützung gebeten wurde. Das Hauptproblem bestand darin, dass es weder eine Leiche noch einen Tatort gab. Was sich dann abspielte, ist unglaublich. Nach einer genauesten Tatortbesichtigung der OFA entstand zunächst eine Hypothese ...
In erster Linie beschäftigt sich "Die Logik der Tat" also mit der Fallanalyse. Klare Definitionen entzaubern den diffusen Begriff des "Profiling", denn im Unterschied zur amerikanischen Variante wurden hierzulande bereits im Jahr 2003 "Qualitätsstandards" eingeführt. Diese ermöglichen es, die Arbeit der OFA nicht nur klar zu definieren, sondern anhand der festgelegten Kriterien zu messen. Und genau auf jener Sachebene bewegt sich Alexander Horn, um dem Leser einen unfrisierten Einblick in sein Tätigkeitsfeld zu geben. Dies ist ebenso spannend wie gelungen, auch im Hinblick auf Allgemeinverständlichkeit!
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