Live

Doom Shall Rise VII
Chapel, Göppingen, 9. & 10.04.2010




Originalbericht: Carsten B.
Dazwischengequatsche: Thomas L.

Im Prinzip bildet es ja den Tatbestand einer hodenlosen Frechheit, bestehende Konzertberichte zu kommentieren, da mir aber Carsten himself und dann auch noch persönlich während des Konzis bzw. auf dem Weg zum Klo diese Idee vorgetragen hat (ob er da noch ganz beisammen war?), werde ich nun genau dieses tun. Und wenn jemand die Ansicht hegen sollte, meine Kommentare wären total überflüssig, dann hat er vollkommen recht. Noch 'n Grund es zu tun. Und apropos über"flüssig" - ich lade mir jetzt ne Palette Billig-Plörre vom Discounter unter den Schreibtisch und schon geht das los hier:


Seamount

Netter Auftakt mit einer der drölfzig Bands, die irgendwann oder immer noch von Phil Swanson gefrontet werden. Ich hab' das bestimmte Gefühl, den Mann werd' ich noch öfter auf diversen Bühnen zu Gesicht bekommen. Was keine so schlechten Aussichten sind, da er ein klasse Organ hat. Große Bühnenaction war weder von ihm noch seinen Mitstreitern zu beobachen, doch das Songmaterial läuft gut 'rein, ohne mich jedoch dazu zu drängen, mir unbedingt Tonträger der Truppe zu besorgen. Vielleicht is' es dann beim nächsten Mal soweit.

Thomas: Die große Bühnenaction hat die Truppe auch gar nicht nötig. Denn Mr. Swanson hat seine Würz-Burger voll im Griff und weiß durch Leistung zu brillieren. Das ging tatsächlich gut ins Ohr, wohl auch deshalb, weil nicht wenige Anverwesende den harten Rock der 70er noch im Lauschtrichter haben. "Together Wear The Cross" ist doch wohl ne unverschämt geile Marke, oder was? Ham se das eigentlich gegeben? Egal, den Opener wohl mehr als amtlich zu bezeichnen ist das Mindeste. Sauber!


Garden of Worm

Mit dem finnischen Trio werd' ich nicht so richtig warm. Schon ihre Songs von der Split mit Mirror of Deception schleppen sich so undynamisch dahin, dass es eine wahre Trostlosigkeit ist. Was für Doom erstmal kein Nachteil sein muss, doch irgendwie erreichen sollte der Stoff einen schon, was er im Fall Garden of Worm allerdings nicht tut. Wenn dann ein Trio auf großer Bühne festgetackert wird, gibt's auch keine optischen Highlights. Immerhin brachten sie ein Stück in ihrer Muttersprache. Revelation light. Herr Lawall war wohl begeistert.

Thomas: Jawoll, nö, ja gut, och, genau ... oder meistens dann doch nicht. Jedenfalls live. Ja, jetzt erinnere ich mich. Mir kam es so vor, als ob die kühlen Finnen hier aus dem Lehrbuch abgeschrieben haben. Und zwar wörtlich. Das kam viel zu glatt poliert und gelangweilt rüber. Hat man sich etwa nicht getraut? Eigentlich schade, denn auf der zitierten Split hört sich das nämlich ganz anders an. Zumindest für meinereiner. Kann mich gar nicht satthören. Das ist ein Song für die Ewigkeit. Und die kann dauern ...! Ich bin echt am Überlegen, ob ich mein Gemüse in Zukunft mit "My Search for Solace" schockfrosten soll!


The 11th Hour

Jetzt nahm das Festival Fahrt auf. Die Truppe um Ed Warby legte gleich mal drei Schippen nach und zauberte eine intensive Gänsehaut-Atmosphäre in die Bude, wobei mich der fette Klampfensound unweigerlich an die noch immer nicht gesichteten World Below erinnerte. Pim "Pocke of Doom" Blankenstein nahm sich des Gegrunzes an, während der Chef persönlich feinsten Cleangesang zum Besten gab. Außerdem hatte er noch eine von gleich drei anwesenden Äxten umgeschnallt, womit er die nicht so zahlreich vertretenen Leads beisteuerte. Über weite Strecken riffte sich die Saitenfraktion nämlich im Gleichklang einen ab - was wirklich heavy as fuck rüberkam. Musste gleich mal das Album klarmachen.

Thomas: Die Truppe kam tatsächlich wie ein zweiter Startschuss. Eine wahrlich andere Liga und spätestens als Hausmeister Gurgel-Pim von Officium Triste seine brachiöse Sangeskunst aufs Gelände schippte, war der Bombast perfekt. In Verbindung mit der sauberen Röhre von Chefchen Ed und dem Dreifachsägeewerk für mich insgesamt der zweite Platz meiner DSR-VII-Top-Drei. 
The 11th Hour
Isole

Leider muss ich zugeben, dass meine große Isole-Euphorie vorüber zu sein scheint. Der 2005er-Auftritt an gleicher Stelle konnte mich noch völlig begeistern, doch mehrere Alben und Konzerte später kehrt zusehends Routine ein. Zweifellos ist die Band immer für eine amtliche Doomshow gut, so auch diesmal. Leider hat sich aber zu viel Durchschnittsmaterial angesammelt, um durchgehend für Begeisterung sorgen zu können. Vielleicht würde es helfen, wenn nächstes Mal der Chartbreaker "Demon Green" mit im Programm wäre. Allerdings hatte es schon was, während "The Watcher" (?) ein knutschendes Mädelspärchen vor der Ladichte zu haben...

Thomas: Ja nu, wenn die Schweden den Melodischen raushängen, dann richtig. Da hat doch alles gepasst, oder? Breit, sauklar und melancholisch bis zum Anschlag. "Hollow Shrine" ... schöner leiden geht kaum!


40 Watt Sun

Fast niemand im Saal hatte vorher von der neuen Inkarnation Patrick Walkers etwas zu Ohren bekommen. Trotzdem war klar, dass es gut werden musste. Und es wurde gut, richtig gut. Warum er seine Band jetzt nicht mehr Warning nennen will und seinen Auftritt unter diesem Namen letztens recht kurzfristig absagte, bleibt mir schleierhaft. Denn er macht da weiter, wo er aufgehört hatte. Sehr auf seine Vocals fokussierte, schmerzvoll-traurige Weisen erster Güte gibt der Mann zum Besten, dass das Mitleiden die pure Freude ist. Mit Vollbart fällt das Ganze jetzt glasklar in die Schublade "Singer-Songwriter of Doom".

Thomas: Warning waren Kult. Die popelige 40-Watt-Funzel aber kaum. Jessas war das langweilig. Irgendwie habe ich den Herrn Walker völlig anders im Ohr. Auf Scheiblette nur noch genial, aber live eine neue Dimension der Trägheit. Aus dem Sound der schlecht gestimmten Jammertröte hätte man kistenweise Schlaftabletten pressen können. Da half nur noch ne Doppelration Hopfentee und die Flucht mit Gleichgesinnten ...


Mourning Beloveth

MB sind immer für ein amtliches Brett gut. Keine Band, die mich zur Ekstase treibt, aber 'ne massive Death Doom - Bedienung - wie 2004, so auch dieses Jahr. Viel mehr gibt's dazu eigentlich nicht zu vermelden, bis auf die Tatsache, dass mir erst jetzt aufgefallen ist, dass Klarsänger Frank Brennan gleichzeitig Frontgaul der Synthieverbrecher Old Season ist. Guck an.

Thomas: Na also, das hat doch nach der Tranfunzel-Operette genau auf die Mütze gepasst. Jetzt war allerdings andersrum und selbstredend für die Fundamentalisten Flucht angesagt, aber die haben dann knackigen Death-Doom der Marke Ledergeschnürt verpasst. Das schwere Brett war und ist natürlich nur was für Kerls mit echten Eiern im Sack, schon klar. Ob die Iren nun auf ein Doom-Festival gehören, darüber ließe sich streiten. Ich fands geil.

 
Calliophis

Verpasst! Schande über uns verfressene Bande.

Thomas: Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung. Da habt ihr was verpasst, Burschis! Mit Death-Doom gings praktisch nahtlos weiter. So ähnlich jedenfalls, andererseits aber ganz anders. Mit der 2008er-Schruppscheibe im Gepäck, brannten die tiefergelegten Kellerrülpser eine Slow-Emotion nach der anderen ab. Die Ersatzkapelle für die saudiarabischen Grieving Age zeigten sich sichtlich geehrt, in den heiligen Hallen ordentlich einen draufmachen zu dürfen, wovon sie dann auch reichlich Gebrauch machten. Interessanterweise war das überaus kreative Leipziger Allerlei die einzige Band, von der ich eine Belegscheibe mitzunehmen gedachte. Die bei uns im Moment im Dauerbetrieb Laufende offenbart bei jedem Hördurchgang neue Details und weiß das Genre in genannte Richtung durchaus neu und anders zu definieren. Würde mich nicht wundern, wenn "Doomsday" demnächst ne flotte Wertung bei uns kassieren würde ...


shEver

Zu dritt fingen die Mädels an, und ich sah meine Ansage an die noch nicht Eingeweihten, dass es nun recht derb werden würde, ob des zarten Gesangs schon fast den Bach runtergehen. Doch dann kam endlich Frontelfe Alexandra dazu und mit ihr die erwarteten Gutturallaute. Eine sehr unterhaltsame Darbietung war uns sicher, da die Schwyzer alles andere als unoriginell agierten. Allein die geballte Weiblichkeit auf der Bühne sorgte natürlich schon für seltene Anblicke, ganz abgesehen vom ebenso eigenständigen Sound. Dazu kamen noch sehr sympathische Ansagen, so dass shEver sicher zu den GewinnerInnen des Festivals zu zählen sind. Beeindruckend auch das abschließende Bodenprogramm sowie die insgesamt ungemein groovige Darbietung von Drummerin Sarah. Das beschwörende "Hagazussa" verfolgt mich bis zum heutigen Tag...

Thomas: Ja gut, aber der flotte Dreier zu Beginn war ja alles andere als schlecht. Selbstverständlich macht Alexandra den Witch-Doom perfekt. Und zwar so perfekt, dass man nicht unüberlegt lassen sollte, den ebenso grottgrausligen wie mehrstimmigen Gesang ins nächste verfügbare schwarze Loch zu tackern. Alex kotzt sie alle an die Wand und das ist verdammt gut so. Diese Art Schweizer Heimatabend lasse ich mir gerne und jederzeit wieder gefallen!


Unsilence

Auf Scheibe klingt Sänger James Kilmurray ja nicht immer ganz unwackelig. Live stellten seine Vocals jedoch kein Problem dar - dafür gab's andere Baustellen. Ein Bassist, der sich wohl überall lieber aufhalten würde als auf einer Bühne vor Publikum; ein Gitarrist, der an seiner Klampfe rumhantiert, als wolle diese vor ihm flüchten; der gleiche Klampfer, bei dem man den Eindruck gewinnt, er würde seine Parts bei jedem Auftritt (ungewollt) ein wenig anders spielen; eine insgesamt seltsam uninspiriert wirkende Show. Unsilence fand ich vor vielen Jahren richtig spannend. Lang ist's her.

Thomas: Da bin ich jetzt völlig anderer Meinung. Allein die Stimme hat für mich etwas Jenseitiges, was ja im Prinzip schon mehr als ausreicht, denn wer kann das schon von sich behaupten. Kann natürlich sein, dass sich die episch Angehauchten in ihrer eigenen Progressivität verstrickt haben. In solchen Fällen bin ich ja immer geneigt, den Protagonisten zu folgen, wohin auch immer sie sich verlieren ...


Kodiak

Jetzt wurde es sphärisch. Und dronig. Drei NRWler, die in genretypisch autistischer Aufstellung mit dem Rücken zum Auditorium instrumentale Gebilde erschufen. So ähnlich wie Omega Massif im Jahr zuvor, auch mit viel Nebel und blauem Licht. Musikalisch aber wohl mit viel mehr ruhigen Passagen im einzig (?) gespielten Stück. Toll, wenn dann um einen herum alle in bestimmt tiefschürfende, laute Gespräche verwickelt sind. Draußen hätte man sich entspannter unterhalten können. Und der Drummer hätte auf ein Pülsken gleich mitgehen können, denn viel zu tun war für ihn nicht.

Thomas: Die lauten Gespräche konnte ich gut verstehen. Ich wartete nur auf den einen Mutigen, der ein dringend notwendiges "Aufhören" brüllhalsig formulieren würde, was mit Sicherheit eine ebenso notwendige Kettenreaktion ausgelöst hätte. Der Vergleich mit Omega Massif ist nicht zulässig und selbst die anwesende Prominenz der Referenzband in Sachen Drone-Doom schaute etwas verhalten aus dem einen oder anderen Kapuzenshirt. Das war Black Shape Of Nexus für Arme. Diese müde Proberaum-Experimentiererei empfand ich schlicht als Zumutung! Leutz, übt doch künftig woanders. Bitte danke.


Rituals of the Oak

Überraschung! Das Debut "Hour of Judgement" ist eine nette, mich sehr an die verblichenen Mourn erinnernde Scheibe. Vielleicht liegt's am etwas dünnen Sound darauf, dass die live deutlich wuchtiger klingenden Australier beim DSR um einiges mehr beeindrucken konnten. Jedenfalls sah man schon bei den ersten Takten wohlwollendes Nicken im Umkreis. Entscheidenden Anteil am guten Eindruck hatte auch Sängerin Sabine Hamad, die mit Goldkehlchen gesegnet sehr souverän durchs melodische Material geleitete. Etwas langatmig fiel nur ein überlanges, wohl neues Stück an vorletzter Stelle aus, was durch den großartigen Schlussakkord "The Spell of Doom" mit instrumentalem Ausklang aber locker wettgemacht werden konnte.

Thomas: Auch hier war ich wieder von jeden bekannten Parametern unbelastet, weshalb mir die Marke ungebremst auf die Platte knallte. Ich kapiere ja nicht mal den Bandnamen. Rituale vom Eichenlaub bzw. von der Eiche? Hmja ... auf jeden Fall bin ich am Überlegen, ob nicht Damen am Ständer ne generell bessere Figur abgeben als so manch introvertierter Flachtaucher oder die posingverliebten sichselbstheilenden Alleinunterhalter. Was ich damit sagen will: Rituals of the Oak war meine Nummer Drei der DSR-VII-Top-Drei. Leider hab ich wohl zu lange auf der auswärtigen und immer wieder schaukelnden Darmentlastungsanlage verbracht (einige Komikerhorden nahmen das "Abschütteln" sehr ernst und steigerten sich gegenseitig zu Höchtleistungen, was das Klowägelchen ordentlich ins Schlingern brachte und mich fast von der Schüssel fegte), denn als ich zum Kauf eines Datenträgers vorstellig wurde, war dieser tatsächlich ausverkauft. Wie ärgerlich!
Rituals of the Oak
Nomad Son

Zeit für maltesische Power: Wie man es von den allgegenwärtigen Forsaken gewohnt ist, wird eher kleiner Wuchs durch umso höhere Einsatzbereitschaft ausgeglichen. Schon nach kurzer Zeit hatten Nomad Son die Meute auf Betriebstemperatur gebracht, was zu verstärktem Kopfschütteln im Mittelschiff führte. Jordan Cutajar hat für meinen Geschmack zwar keine große Stimme, doch sein Studium der Diologie fruchtete im Beherrschen aller majestätischen Gesten des Meisters. Kurzum, viel Gepose, viel Metal, viel Kurzweil.

Thomas: Ja klar, Dirigent Leo stand ja in der ersten Reihe. Vor seiner immer noch imposanten Nase fuchtelte ich mit unserer Digitalen rum und brachte einen Satz recht gute Erinnerungen auf die Speicherkarte. Fein und gut. Was aber das Lockenkopf-Posing mit dem Motto des Abends zu tun hatte, kann ich bis heute nicht ganz nachvollziehen. Kurzzeitig fühlte ich mich auf das Niveau eines beliebigen "Hammer of Doom" zurückversetzt. Ohne Animationsrituale wärs aber erträglich gewesen.


Doomshine

Die Malta-Vibes fanden eine überraschende Fortsetzung: Forsakens Leo mimte während "Where Nothing Hurts But Solitude" den Frontmann. Natürlich ging er ab wie immer, und brachte dadurch ungewohnte Dynamik ins Auftreten der Schwaben. Danach Doomshine wie gewohnt. Blöderweise scheint es zur Gewohnheit zu werden, dass ich schon bald hauptsächlich auf den Bandhit "Shine On Sad Angel" warte. Dieser könnte glatt zum Fluch für die sympathische Truppe werden, wenn sie nicht bald einen weiteren ähnlich markanten Song auf die Kette kriegt. Aber das wird schon, wenn bestimmt in Kürze ein neues Album kommt.

Thomas: Zweifellos sorgte der nunmehr auf die Bühne gesprungene, vorhin schon Zitierte für die Überraschung des Tages, was ebenso nett und ordentlich war - dennoch war ich froh, wieder gewohnten Klängen lauschenderweise Folge leisten zu dürfen, was nach der ganzen Hupfdohlerei auch bitter notwendig schien. Und Scheiß drauf, aber "Shine On Sad Angel" ist erstens das Brett(chen) vor dem Herrn und hat zweitens das o.g. alberne Machogehabe nicht nötig.


Magma Rise

Die neueste Band des ex-Mood und -Wall of Sleep-Fronters Gábor Holdampf klingt genau so, wie man es erwartet hätte, nämlich wie eine Mischung aus Mood und Wall of Sleep. Der altgediente Ungar und seine groovigen Sidekicks können wohl nicht anders. Warum auch, das flockig-eingängige Material klingt schon originell genug. Einmalig auch sein fluppenmäßiges Minenspiel auf kantiger Superheldenvisage. Schöner Gig ohne ganz große Aha-Erlebnisse.

Thomas: Hatte der Kohldampf am Bass? Macht ja nix. Die Mucke ging echt ins Ohr. Aber auch gleich wieder raus. Trotzdem hatte der Sound mehr Eier, als ich an Ostern je fand!


Jex Thoth

Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass Jex Thoth so angesagt sind. Jedenfalls wurde es in der Chapel merklich eng in der Umbaupause. Unser Mohr scharrte bereits mit den Hufen, und wollte sich weit vorne einen Platz sichern, womit er glatt Probleme bekam. Mit Kapuzen getarnte Gestalten wandelten derweil auf der Bühne umher, was nur die für ihren Hang zum Okkulten bekannten Musiker sein konnten. Als es losging, erblickte man aber unverschleierte Menschen, auch wenn die Frontlady und Namensgeberin zunächst einen stylishen Poncho übergeworfen hatte. Nachdem sie noch ein paar Kerzen entzündet hatte, schickte sie sich nun an, den Großteil der Anwesenden völlig zu vereinnahmen und mit auf ihren Trip in andere Gefilde zu nehmen. Welch eine Bühnenpräsenz! Mrs. Thoth zelebrierte ihre Weisen mit imposanter Extravaganz, blieb dabei aber distanziert bzw. eher entrückt. Aus solchem Auftreten werden Legenden geboren. Von den anderen Musikern bekam man kaum etwas mit, was zum einen an der Enge im Publikum aber natürlich auch an der alle Aufmerksamkeit auf sich ziehenden Gräfin in Schwarz lag. Zumindest der düstere Orgelmann spielte sich hin und wieder durch markante Sounds und viel Einsatzbereitschaft kurzzeitig in den Vordergrund. Ansonsten fraßen aber wir Jünger unserer neuen Gottheit aus der Hand. War das schön! Und so unglaublich entspannend... Macht euch frei und folgt dem Ruf des Raben!


Thomas: Ich wusste von gar nix, ahnte aber rechtzeitig, dass jetzt das Absonderliche nahte. Die exklusive Mucke sowie die exzeptionelle Art und Weise der Darbietung waren Kult und für mich die uneingeschränkte Nr. 1 meiner DSR-VII-Top-Drei. Natürlich gabs auch Figuren, welche die Performance von Frau Thoth mit dem Gehabe billiger Laufsteg-Schwestern verwechselt haben und lustigerweise von "Karl-Lagerfeld-Doom" fabuliert haben. Möhaha, das sind dann die Kerls, welche flennend vor Ehrfurcht auf die weichen Knie sinken, wenn Critus und Co. Gymnastikeinlagen der Marke Merkwürden aufs Parkett legen. Ich hingegen richtete mein Hauptaugenmerk auf den Bettelmönch am Hammond-Vibrator, der mehr als nur ein Kultveredler war. Traumverloren und entgleist versank er in seinem Instrument und wurde eins mit ihm. Rasputin am Saitenholz war auch so ne Marke, denn er zauberte kaleidoskopartige Tonfarben aus dem Nichts hervor und klatschte das Ganze noch durch eine imaginäre Wäscheschleuder, bevor die fremdartigen Soundlandschaften breit und schwer aus den Boxen quollen - Erruptionen, Tongewalt und schräge Strukturen aus Klängen, die es im Prinzip gar nicht gibt. Diese Hoheiten setzten dem Abend die Krone auf und erhoben ihn zudem in den Rang eines denkwürdigen!
Jex Thoth
Mirror of Deception

Ich hab's früher bereits erwähnt, von mir aus könnten und sollten MoD auf jedem DSR auftreten. Und auch schon öfter äußerte ich die Meinung, dass die Jungs stetig besser und intensiver werden. Ich wiederhole mich nur ungern, aber wenn es nunmal Fakt ist... Einfach grandios, wie tight die Truppe immer wieder rüberkommt. Welche Songs sie auswählt, ist schon fast egal bei der Anzahl an Klassikern im Repertoire. Zwar hätte ich ja immer gern "Weiß" am Start, was diesmal leider nicht zur Aufführung kam. Dafür aber mal wieder "Asylum" und als krönenden Abschluss das wunderschöne "Vanished". Da vermisste ich weder Iron Man noch die vorzeitig verdufteten Besucher.

Thomas: Wer zum Teufel sind Iron Man? Ist das nicht ne neue Platte von dem Gehörnten in der kurzen Hose samt seiner spätpubertären Schülerkapelle? Egal, denn bald gilt es, das 20jährige Bandjubiläum von Mirror of Deception zu feiern ... auch wenn manch einer erstaunt nachhaken möge: "Öhm, das 10jährige war doch erst unlängst." Die Präzision der fidelen Schwaben bleibt unangefochten, wobei das allseits bekannte Material keineswegs sperrig oder abgehalftert rüber kommt. Ganz im Gegentum, denn locker vom Hocker fegte das Brett über die dankbare Fangemeinschaft und ließ den Abend ehrwürdig und dem Motto entsprechend ausklingen.
Mirror of Deception
Gepflegten Dank an die Macher, Helfer, Bands und Fangemeinde, die alle miteinander dieses einzigartige Festival am Leben erhalten. Man hört und sieht sich 2012!


©Tofukeule, April 2010
www.tofukeule.tk
©Querblatt.com
Fotos: ©Thomas Lawall

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