Progressive Nation 2009 - 03.10.2009 - Philipshalle Düsseldorf
Unter dem Titel "Progressive Nation 2009" tingeln Dream Theater zur Zeit durch Europa und nehmen Opeth, Bigelf und Unexpect mit. Ich hätte das alles gar nicht mitgekriegt, wenn nicht ein Kollege mich darauf aufmerksam gemacht hätte. Da sich Opeth in letzter Zeit in Europa so rar gemacht haben, haben wir noch meinen Mann und seinen Kumpel mobilisiert, unsere letzten Groschen zusammengeschmissen und sind nach Düsseldorf gepilgert. Das ganze fand in der Philipshalle statt, eine sehr angenehme Location, die laut Website ohne Bestuhlung Platz für ca. 7500 Leute bietet.
Unexpect machten den Anfang, und was da zu hören war, machte dem Namen alle Ehre: Das hab ich wirklich nicht erwartet. Die Frontsängerin gebärdete sich wie eine kaputte Maschine und gab die seltsamsten Töne von sich, begleitet von einer weinenden Geige, einem 12-saitigen Bass, zwei Gitarren und Drums. Die Gitarristen beteiligten sich zeitweise mit Growl- und Kreisch-Stimmen. Insgesamt klang alles sehr rhythmisch-chaotisch und nicht gerade melodiös. Daheim würde ich mir das nicht lange antun, aber live fand ichs sehr kurzweilig und unterhaltsam.
Für den Anfang hatte ich neben meinem Murmeltier (äääh, Schatz) Peter auf einer seitlichen Tribüne gesessen, aber während der anschließenden Umbaupause bin ich aufgestanden und konnte mich direkt in eine Lücke in der zweiten Reihe stellen.
Für BigElf wurden gleich 4 Schweineorgeln auf die Bühne geschoben. Dazwischen fand der FrontElf, bekleidet mit Zylinder und lila Samtsakko, seinen Platz. Drumrum positionierten sich ein TrommelElf, ein GitarrenElf und ein BassElf. Die Elfen-Mode zeichnet sich im Wesentlichen durch lange schwarze Haare, Bärte und Schlaghosen aus.
Musikalisch wurde uns von BigElf eine Mischung aus 70er-Psychedelic-Rock und bodenständigen Gitarren geboten. Mal fühlte ich mich an John Lennon, mal an Pink Floyd erinnert, aber meistens klang es ein bisschen "härter". Irgendwie treffen die einen Nerv bei mir und ich werde demnächst Ausschau nach den Silberlingen dieser Band halten.
Obwohl kein geringerer als Yoda (in Form eine kleinen Figur, die auf einem der Keyboards stand) aufpasste, war leider das Mellotron kaputt. Die Jungs haben das souverän weggesteckt. Während der vergeblichen Reparatur-Versuche eines verzweifelten Technikers wurde der Wunsch eines Drumsolos aus dem Publikum spontan erhört. Dem Übergang zum nächsten Song stand nichts im Weg und es wurde dann eben ohne Mellotron weitergerockt.
Und endlich, endlich durften Opeth die Bühne betreten! Muss ich zu Opeth was sagen?
Die Setlist bestand aus meinen 956 Lieblingsliedern: 1. Windowpane 2. The Lotus Eater 3. Harlequin Forest 4. April Ethereal 5. Deliverance 6. Hex Omega
Ich fand, sie hatten es nicht leicht, denn man konnte beobachten, dass ein großer Teil des Publikums auf Dream Theater gewartet hat und bei Opeth nicht so richtig mitging. Mikael Åkerfeldt hat auch schon mal mehr Witze gemacht zwischen den Stücken. Lustig war die Ansage zu "April Ethereal", weil er diejenigen, die keinen Death Metal mögen, vorwarnte, dass sie dieses Lied hassen werden, und dann noch ein sarkastisches "Pussies!" hinterherwarf. Trotzdem haben sie noch besser gespielt, als ich das von 2005 und 2006 in Erinnerung habe. Damals hab ich die Band noch mit Peter Lindgren gesehen, aber ich hab den Eindruck, dass Frederik Åkesson sich mehr engagiert. Das Keyboard von Per Wiberg unterstützte den Sound optimal, ohne zu vordringlich zu werden. Man merkte, dass Mikael Åkerfeldt inzwischen an seiner Stimme gearbeitet hat. Ich kannte ja schon die nahtlosen Übergänge zwischen Growlen und klarem Gesang bei ihm, aber war aufs Neue beeindruckt.
Ich erinnere mich noch an Opeth 2006 in Köln. Da war der Bass viel zu laut und es schabbelte unangenehm in den Ohren. Diesmal war alles super aufeinander abgestimmt. Es war ein wahrer Genuss.
Hmm, war ich Glücklich.
Danach hat mir leider der Rücken ziemlich weh getan und da für mich ja mit Opeth der Höhepunkt des Abends schon vorbei war, hab ich mich wieder zu (meinem) Peter gesetzt. Wir waren trotzdem noch sehr nah dran und konnten über die Köpfe hinwegschauen. Erst jetzt wurde die Halle richtig voll, ich glaube aber nicht, dass sie komplett ausverkauft war.
Nun also Dream Theater.
Als ungeübte Dream-Theater-Hörerin (Thomas kennt das Schicksal meiner einstigen "Images and Words" CD) fand ich diese geballte Ladung an schnellen schnörkeligen Melodien ziemlich anstrengend und hab zwischendurch sogar eine Pause gemacht, indem ich einfach weg-gehört und an andere Dinge gedacht hab. Die einzelnen Songs, die ja sowieso auch recht lang dauern, gingen fast nahtlos ineinander über. Dazwischen wurde keine Ansage gemacht, nur nach dem ersten Stück wurde das Publikum von James LaBrie begrüßt. Das Singen muss für James LaBrie ziemlich anstrengend sein, so oft, wie er zu seiner Thermoskanne oder Wasserflasche griff, obwohl er ja bei den langen Gitarren- und Keybord-Soli ganz von der Bühne gehen konnte. Es war schon toll, wie perfekt die Musiker die Instrumente beherrschen. Bei all dem Schnickschnack, den der Keyboarder und der Drummer um sich herum aufgestapelt haben, hatte ich trotzdem nicht den Eindruck, dass sie Sklaven der Technik waren, sondern sich die Technik optimal zunutze machten. Alles in allem wirkten sie sehr routiniert, was vielleicht sogar etwas auf Kosten der Leidenschaft ging. Und doch gab es Momente, die mich emotional total gefangen nahmen und irgendwie abheben ließen.
Auf drei Leinwänden wurden computeranimierte Szenen eingespielt, unterbrochen von Nahaufnahmen der Musiker während der Soloparts. Die Szenen waren meistens kitschig und haben vom Geschehen auf der Bühne abgelenkt. Ob die Einblendungen der Musiker überflüssig waren, kann ich nicht beurteilen, vielleicht waren Fans, die etwas weiter weg von der der Bühne standen, froh darüber.
Nachtrag: Dream Theater spielen ja in jedem Konzert eine andere Setlist. Die von diesem Konzert hab ich im Internet gefunden:
1. A Nightmare To Remember 2. The Mirror 3. Lie 4. Wither 5. Prophets Of War 6. The Dance Of Eternity 7. One Last Time 8. In The Name Of God 9. The Count Of Tuscany
Dieser Abend war ein tolles Erlebnis voller Glücksmomente für mich.
Monika Janzen, Oktober 2009
|