Live

DOOM IN BLOOM - 23.05.2009
Jugendhaus Farbstrasse
Bietigheim-Bissingen

PENG!

Meine Fresse, bin ich erschrocken! Nichtsahnend schlappte ich gegen 18.15 Uhr in die vor Leere gähnende Konzertgruft, um neugierigst herauszufinden, wer da so knallgeile Soundchecks (s.u.) am Machen war. Plötzlich gab es hinter meinerselbst ein ohrenbetäubendes Getöse und ich wollte mich schon zu Boden werfen, da ich zunächst einen Angriff mit mehreren Schusswaffen vermutete. Letztlich war es aber nur die zuvor von mir betätigte stählerne Feuerschutztür, die ihren Schließauftrag außerordentlich ernst zu nehmen schien. Im Laufe des Abends sollte die imposante Geräuschkulisse für eine ganze Reihe weiterer Ablacher sorgen ...



Um 19.30 Uhr gings los. Am Start waren die Kaputtrocker UNION OF SLEEP aus Nordrhein-Westfalen, die sich im Vorfeld (s.o.) einen unerfreulichen Meinungsaustausch mit einem Mitglied des Geheimordens der Mischpultler lieferten. Der groovige Tieflader legte eine grundsolide Krachlawine aufs Parkett, die allerdings mit Doom lediglich einige wenige, wenn auch durchaus erkennbare Spurenelemente teilte. Keineswegs soll hier aber behauptet werden, dass die Kapelle schlecht war (ganz im Gegentum!), aber auf einem Doom-Festival erwartet der gemeine Holzkopp dann eben halt seine bremsverstärkte Lieblingsmucke. Nach einer gepflegten halben Stunde war der brachiale Zauber schon wieder vorbei. Satte vierzig Minuten dauerte der Umbau ... währenddessen die Sautür mindestens 250mal zuknallte.




MILLS OF GOD wurden dann dem Motto des Abends eher gerecht. Aus Saarbrücken angereist, zelebrierte der lahme Dreier (im positiven Sinne gemeint!) eine ultrazähe Ursuppe sowie psychedelisch-kopflastige Klangwände, die nicht unbedingt jeder nachzuvollziehen wusste. Trotz Erfüllung der gegebenen Parameter ließen die monumentalen Longtracks das eine oder andere Rätsel zurück, wobei ich betonen muss, dass mir die Songs auf der entsprechenden Myspace-Seite erstaunlicherweise sehr viel besser gefallen haben als die unendlich trockene Livedarbietung. Dummerweise habe ich es trotz dieser Erkenntniss voll versäumt, mir den diesbezüglichen Tonträger rechtzeitig zu sichern. Die Vinyl-Ausgabe von "Call of the Eastern Moon" wollte ich mir nach Festivalende zulegen - denn wer will dauernd ne große Palette rumschleppen - aber leider war gen 2.30 Uhr schon fast der komplette Gemischtwarenladen verschwunden.

Auffallend war übrigens die betonkrasse Lautstärke,  wie auch schon bei der Vorband schmerzlich auffiel (was sich später am Abend allerdings änderte). Fast war man geneigt zu vermuten, dass dies irgendwas mit dem vorlauten Gatter zu tun haben könnte. Irgendwie muss das unflätige Geschepper ja übertüncht werden, oder was.






Nachdem die Aufräumarbeiten diesmal nur eine schlappe halbe Stunde in Anspruch nahmen, schmetterte der Mannheimer (oft zu Unrecht bezeichnete) Crust-Act PLANKS den nächsten Streich aufs Trapez. Die gar nicht mal so unabwechslungsreiche Hardcore-Matte war alles andere als von schlechten Eltern, wollte aber, ähnlich wie die erste Kapelle, so gar nicht zum Motto des Abends passen. Der Saal füllte sich aber dennoch merklich, was Zeugnis darüber ablegte, dass nicht wenige Doom-Heads mit einem etwas breiteren Horizont angereist waren. Der Rest trat wiederum die Flucht an ...







Kurz vor 23 Uhr wurde es dann Zeit für die lebende Legende DOOMSHINE. Nachdem die Flaschenbierhalterung am Mikrofonständer vorschriftsmäßig gesichert war, versetzte man episch-melodisch ganze Heerscharen von Fans in berauschende Verzückung. Ist ja auch klar, denn mit Plattenveröffentlichungen und Gigs hält man sich doomigst zurück, was wohl schon die halbe Miete bedeuten könnte - man ist einfach scharf auf die Kapelle! Weitere Pluspunkte des sympatischen Orchesters mag die nahtlose Publikumsnähe sein, die ohne jeden falschen Pathos unmittelbar aufgebaut wird. Männchen und Weibchen fühlen sich einfach wohl und persönlich angesprochen, wenn sie vom Chefkomiker mit den überschwenglichen Worten "Also, ihr Arschgeigen, wir machen jetzt ein bisschen Metal ..." begrüßt werden. Und inhaltlich kann (immer noch) festgestellt werden, dass sich dem morbiden Glanz von unsterblichen Songs wie "Where Nothing Hurts By Solitude", "Light A Candle For Me" oder "Shine On Sad Angel" wohl niemand ernsthaft entziehen kann. Das Ganze dann durch eine flotte Reihe weiterer spaßiger Ansagen angereichert, ergab insgesamt den ersten Höhepunkt des Abends und das erste vehement vorgetragene Verlangen nach einer Zugabe, die selbstverständlich gewährt wurde: "Ihr könnt machen was ihr wollt, aber wir gehen nicht! Höchstens nach diesem Stück. Was mache mern eigentlich? (Antwort:) Dingens! Ok, dann Dingens ... "


Bereits vor 17 Jahren formierten sich GRIEF OF GOD, bevor sie sich 2001 wieder auflösten. Seit 2008 poltert man aber wieder in Originalbesetzung und konnte gar im Rock Hard mit einem Demo des Monats ("Cold and depressed") punkten. Der Koloss am Schalltrichter intonierte eine beeindruckende Präsenz ... während er permanent damit beschäftigt war, den gordischen Knoten seines am Mikroständer verhedderten Kabels zu entwirren, was gegen Ende des Gigs sogar gelang. Die etwas eigentümliche musikalische Grundausrichtung, die sich auf die lustige Bezeichnung "Doom 'n Roll" trefflich zusammenfassen lässt, kam nicht wirklich gut an, was 1997, als die Band dem ersten DOOM IN BLOOM beiwohnte, nicht anders war. Immer mehr Leutchen pilgerten nach Tresenhausen, um sich für den weiteren Verlauf mit allerlei Kaltgetränken zu stärken. Ich selbst habe durchgehalten, wie bei allen anderen Formationen übrigens auch, denn ich finde, man kann ruhig hier und da ein wenig über der Tellerrand hören, zumal es niemand wirklich verdient hat, sich vor 20 Leutchen austoben zu müssen, ob man nun die geforderte Kragenweite besitzt oder nicht. Allein "Falling Down" hätte weitaus mehr Aufmerksamkeit verdient!

Die hyperaktive Raus- und Reinlauferei empfand ich übrigens schon immer als Extremnerving pur. Zumal die gottverdammte Dreckstür jede geringste Veränderung in der Konstellation der Herde lautstark dokumentierte ...

Gegen 1.20 Uhr krochen dann wirklich alle noch Anverwesende aus sämtlichen Löchern, um dem verdienten Headliner Referenz zu erweisen. Eine der ältesten germanischen Doom-Combos im Amt sollte zu später Stunde den Laden noch einmal kräftig aufmischen. MIRROR OF DECEPTION waren und sind das Maß aller Dinge und sie stellten dies einmal mehr unter Beweis. Da braucht es inzwischen der Worte nicht mehr viele. Zehn Tracks gabs auf die Ohren, die einen präservativen Querschnitt durch das gesamte Repertoir bildeten, darunter für die Ewigkeit geschriebene Evergreens wie "Ghost", "Asylum" oder "Ship of Fools". Doch auch neues Material wie "Der Student von Ulm" und "Ode" (Bathory Cover) kam zum Vortrage sowie die exklusive Livepremiere von "Beltaine's Joy". Mehr als ein i-Tüpfelchen war das phänomenale "Inscrutable", welches als Zugabe zu vorgerückter Stunde nicht besser passen konnte ... und schwuppdiwupp war es halb Drei. Schade eigentlich ...

Bleibt noch die Wunsch- und Meckerliste, welche insgesamt recht mager ausfällt. Es wäre nicht unflott, wenn die Umbauphasen auf eine etwas undoomigere Länge reduziert werden könnten. Denn bei sechs Bands bedeuten fünf Pausen, bei einer durchschnittlichen Länge von 30 Minuten, immerhin satte 2 1/2 Stunden verdoomte Lebenszeit. Kein Doomer vor dem Herrn braucht zudem so lange Sauf- und Pinkelpausen. Wenn es neben wohlfeilem Bierchen dann wenigstens noch was Ordentliches zum Beißen gäbe, wäre das ja kein Thema, wobei wir schon beim nächsten Kritikpunkt wären. Es hätte nämlich nicht viel gefehlt und ich hätte einen beliebigen vorbeischlurfenden Musikanten vermöbelt um ihm zwecksdessen den besoßten Nudelteller zu entwenden, denn das fahrende Zigeunervolk wurde offenbar bestens bewirtet!

Und baut endlich den verblödeten Schließmuskel dieser verfickten Misttür aus oder montiert wenigstens einen Satz fundamentöser Gummimöppel im Fangrahmen, ze fix nochmal! Ansonsten:

Kleines aber sähr geiles Festival! Nach dem Beginn 1997 bzw. 1996 und dem zweiten DOOM IN BLOOM 2008, bleibt die Hoffnung auf eine alsbaldige Fortsetzung in regelmäßigen Abständen. Positiv wäre noch zu vermelden, dass man sich trotz der Überschaubarkeit des Events ein eigenes Mag leistet: "The Legendary True DOOM IN BLOOM Zine No I"! Man stelle sich das einmal vor: So richtig in gedruckter Form, zum durchblättern und sogar handnummeriert! Nächstes Jahr möchten wir bittesehr die Ausgabe Nr. 2. DANKE!

PENG ON! (Vielleicht könnte man die Tür evtl. durch einen Vorhang ersetzen ... ?)


Thomas Lawall - Mai 2009
Fotos: Thomas Lawall


Weitere Infos zum Festival und der Location findet ihr hier:

www.rockground.de

www.myspace.com/doominbloomfestival



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