CD-Review

LACRIMA CHRISTI  "Spiegel" (1999)

Progressiver Death-Crossover


Gut Ding will Weile haben. Wenn ich am 17.08.02 nicht zum 1. Himmel Open Air nach Schauenburg/Hoof (bei Kassel) gedüst wäre, hätte ich echt was verpasst. Nü ja, einerseits muss mich der Teufel geritten haben, so weit zu fahren, aber andererseits lockte Headliner Agathodaimon...
Ähem, was aber LACRIMA CHRISTI abgeliefert haben, dürfte wohl seinesgleichen suchen! Zunächst fiel mir die Kinnlade runter, denn die Lautstärke ließ jede Menge zu wünschen übrig. Schnell kapierte ich aber, dass dies durchaus beabsichtigt war! Denn Lacrima Christi legen allergrößten Wert darauf, ihre komplexen Soundstrukturen nicht durch überzogenen Lautstärkebrei verwischen zu lassen! DAS ist ja wohl ganz was Neues!!! Endlich mal jemand, der Qualität nicht mit Lautstärke verwechselt!!!
Allein schon dies war Anlass genug, mal in den bereits 1999 erschienenen 1. Longplayer reinzuhören.

"Tango of Bitterness" und "Raeder des Schicksals" zeigen gleich zu Beginn, dass hier sämtliche Horizonte gesprengt werden. Da hilft nur eins: Sofort abschalten oder sich auf dieses melancholische Donnerwetter einlassen...
"I hear black" gaukelt mit erhabenem Keyboard (!!!) und akustischer Gitarre eine Verschnaufpause vor, doch letztendlich kommt dieser vollbeladene Güterzug der Ambivalenz nun erst richtig in Fahrt. Auf kleinstem Raum werden hier Harmonie und Horror gekreuzt!!
"Hypocrite" ist die härteste Nummer und ich wage mal zu behaupten, dass sich die weinenden (Rotwein-) Christen damit wohl selbst ein Denkmal gesetzt haben!!!
Sonntags würde ich gerne wieder in die Kirche gehen. Vorausetzung wäre allerdings, wenn jeweils "Kyrie eleison" gegeben würde...
Mit dem polnisch gesungenen "Fear" driften Lacrima Christi 'gen Osten ab! Schade, dass es kein besseres Wort für Abwechslung gibt!
Poppig-derb wird es dann in "Ninja". Wer das "Konzept" der Band nicht begriffen hat, wird spätestens hier verzweifeln. Denn wie soll das Otto-Normalverbraucher-Death-Head so eine ungeheure Komplexität ins zugedröhnte Flachhirn pressen!! Völlig unmöglich!!!
"Pathed Roads of Deceit" bildet die fulminöse Schlusspackung dieses außergewöhnlichen Debüts.

Fazit: Was sich beim ersten Hördurchgang wie ein Patchwork aus allen Spielarten des Death anhören mag, entwickelt sich in den zwangsläufig folgenden zu einer eigenständigen Ganzheit, die weitaus mehr ist, als die Summe der schier unendlichen Ideen, die diese bahnbrechende Formation auf nur eine CD gezwängt hat!

... Dem "Himmel" sei Dank!

Weitere Infos und CD-Bezugsquelle unter: www.lacrimachristi.de


Thomas Lawall - Dezember 2002
 

 

Tracklist:

1. Tango of Bitterness
2. Raeder des Schicksals
3. I hear black
4. Hypocrite
5. Kyrie eleison
6. Fear (Spitting in his face)
7. Ninja (Killermaschine?)
8. Pathed Roads of Deceit

Line-up:

Daniel Kuhlmey: Keyboards
Marco Gebert: Drums
Karsten Goebel: Guitars
Daniel Richter: Bass & Vocals
Gregor Zelazny: Guitars & Vocals

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