CD-Review

WINO - Punctuated Equilibrium (2009)

Doom-Rock-Blues



Dem Weinrich sein Scott hat endlich ne Solo-Palette rausgebracht. Wurde auch Zeit, denn für Legenden gehört sich das so. Und wenn man schon 30 Jahre (mehr oder weniger) erfolgreich Musikgeschichte schreibt erst recht. Winos Weg war lang und führte über Bands wie THE OBSESSED, SPIRIT CARAVAN, PLACE OF SCULLS, THE HIDDEN HAND und natürlich SAINT VITUS zu den Tatsachen der Gegenwart.

Mit "Punctuated Equilibrium" legt das Doom-Urgestein einen Rundumschlag in die Gemeinde, der sich gewaschen hat. Wer allerdings eine reine Doom-Scheiblette erwartet hat, wird bitter enttäuscht werden, denn der Mann hat einfach mehr drauf. WINO agiert nicht nur genreübergreifend, sondern greift auch tief in verstaubte Regionen der Vergangenheit, um altes Songmaterial aufzuarbeiten. Track drei "The Woman in the Orange Pants" ist über 30 Jahre alt, wurde aber mit neuem Text versehen. Der Originalsong erzählte, wie der gute Wino samt Bandkollegen beim Kiffen erwischt worden sind. Das war 1977 und hinausgeworfen wurden die bösen Buben von der besagten Frau ... Winos Mutter!

Der erste Track "Release Me" oder die vierte Nummer "Smilin Road" sind bluesige Granaten und zeigen, meiner Ansicht nach, das kongeniale Zusammenspiel mit den beiden Mitstreitern Jean Paul Gaster (CLUTCH) und Jon Blank (REZIN) am besten. Klar, dass der Meister am Ruder steht - die Hirarchie ist klar herauszuhören. Dennoch gab der Teamworker in einem Interview gerne zu, dass die beiden bei der Entstehung der Songs einiges an Einfluss geltend machen konnten.

Doomig grottig wird es erst mit "Eyes of the Flesh" und der Kontrast zu den vorangegangenen Nummern könnte nicht größer sein. Dennoch ist es verwunderlich, wie gut das zusammenpasst, was nicht zusammengehört ... insbesondere im Zusammenhang mit den Punk-Elementen des Titeltracks ...

Die Kontraste gehen aber auch im sechsten Stück nicht aus, denn bei "Wild Blue Yonder" handelt es sich um eine spontane Jam-Session im Studio. Live eingespielt verrät uns das Instrumental etwas über die Laune des Trios während des Studioaufenthaltes. Tatsächlich ist das Stück aber (leider) um ein Drittel gekürzt worden ... der 18minütige Track soll aber dereinst auf irgendeine Weise in voller Länge veröffentlicht werden. Das nicht unanstrengende Niveau wird bis zum Schluss gehalten und es sollte mich wundern, wenn das die letzte Solo-Aktivität von "Tante Doom" gewesen sein sollte.

Leicht nervig wirken teils die zahllosen Soli (z.B. im dritten Track), die mir mitunter einen Tick zu arg in den Ohren jaulen. Allerdings scheint mir das produktionstechnische Absicht gewesen zu sein, zumal der leicht matschige Gitarrensound so etwas wie WINOs Markenzeichen ist. Insgesamt passt das Werk in keine Schublade und das will es auch nicht. Das Leben ist an WINO nicht spurlos vorbeigegangen, was man in jeder Sekunde hört. Und dafür ist selbst die größte Schublade zu klein.

Traurig stimmt lediglich die aktuelle Nachricht vom Tod des Bassisten Jon Blank, der u.a. eine starke Leistung auf dem diesjährigen DOOM SHALL RISE abgeliefert hat ...

Fazit: Erdig, glaubwürdig und mit viel Seele.

 

Bewertung: 11/12

Thomas Lawall - Mai 2009

 

 

Tracklist:

01. Release Me
02. Punctuated Equilibrium
03. The Woman in the Orange Pants
04. Smilin Road
05. Eyes of the Flesh
06. Wild Blue Yonder
07. Secret Realm Devotion
08. Water Crane
09. Gods, Frauds, Neo-Cons and Demagogues
10. Silver Lining
 

Line-up:

Scott "Wino" Weinrich: Guitar, vocals
Jean Paul Gaster: Drums
Jon Blank: Bass


www.myspace.com/winoschopper
 

 

 

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