CD-Review

THE WARPED "Ambassadors of Deicide" (2008)

Downtempo Psychedelic Metal


Ja, welch ein gepflegtes Unwohlsein schippert uns da aus dem rauhen Norden der britischen Insel entgegen? Auf der schottischen Isle of Mull beheimatet, schickt sich THE WARPED an, heimatliche Stimmungen in elektrisch verstärkte Klanglandschaften zu übersetzen.

Bisher nur mit "Bloody Bay" auf dem Sampler "Blue Noise Vol II" von Starker Klang Records vertreten, wird uns das entrückte Ausnahmeorchester im Mai mit dem ersten Longplayer beehren. Orchester ist natürlich reichlich übertrieben, denn hier ist wieder mal ein ebenso leidenschaftlicher wie durchgeknaller Egomane am Werk. Mastermind James Irvine Burgess schreibt, arrangiert, spielt und produziert alles selbst.

Was der Warpmeister mit Gitarren, antiquierter Fuzzbox und diversen Keyboards zaubert, geht nicht so ohne weiteres ins Ohr, will jedoch schon beim ersten Ton nie wieder hinaus. Aus diesem scheinbaren Widerspruch wächst The Warped Stone © James Irvine Burgesseine unglaubliche Faszination, die allerdings ihre Zeit braucht. Nach über 20 Hördurchgängen habe ich nun fast jedes Gefühl für Zeit und Raum verloren und befinde mich auf einem Trip. Dieser ist aber nicht bunt schillernd, sondern eher düsterer Natur. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes, denn die introspektive Sichtweise des Kapellmeisters ist unzweifelhaft von der urgewaltigen Landschaft seiner Heimat beeinflusst. Die ungezähmte und vom Wind gepeitschte Natur hat ihm die Songs diktiert. Im Winter, wenn die Tage kurz und dunkel sind und schwerer Regen über das Land zieht, dann ist dies für ihn die Zeit der größten Inspiration.

Aus ebenso zahlreichen wie völlig gegensätzlichen Einflüssen aus Kunst (Hieronymus Bosch, Philippe Druillet), Musik (BLACK SABBATH, HAWKWIND, CAPTAIN BEEFHEART, THE CRAMPS, CHRIS SQUIRE ...) oder von Schreibfürsten wie H.P. Lovecraft, entwickelt der Eigenbrötler eine erstaunliche, völlig individuelle musikalische Bildersprache. Seine Landschaften sind nicht nur fühlbar - sie sind begehbar. Sozusagen eine vollkommen reale Fiktion!

"The Ninth Gate" öffnet das Tor zu einer Reise ohne Wiederkehr. Unsere Augen richten sich nach innen und stürzen in eine bodenlose Vergangenheit. Wir reisen Warp God © James Irvine Burgesszurück in dunkle Tage und endecken leises Grausen und noch viel mehr ...

Anders als im grandios verzerrten Titeltrack "Ambassadors of Deicide" glänzt der Warpmeister mit unverfälschter Stimmgewalt und erinnert mich an Donnie Munro, den alten Sänger von RUNRIG. Seine Intonation ist ähnlich direkt, warm, sympatisch und von einer ganz eigentümlichen Klarheit, die er auch im fünften Track "Everlasting Scourge" noch einmal zu unterstreichen weiß.

"Heathen Rune" bildet für mich den ersten Höhepunkt der Scheibe. Mystisch angehaucht, verzaubert und völlig weggetreten entschwebt man sanft der realen Welt ...

... um sich in einem barbarischen Horrorszenario wiederzufinden.

"Free to Sin" definiert in jeder Hinsicht die musikalische Grundausrichtung von THE WARPED. Diese getragene Psychedelic-Oper kommt langsam aber gewaltig. Das altmodisch anmutende, musikalische Kaleidoskop raubt mir die Sinne und ich wünschte, dieses Stück möge niemals enden.

Für mich schon jetzt eine der Platten des Jahres 2008.

Fazit: Introvertierte Fata Morgana. Betörender Rausch.

 

Bewertung 11/12

Thomas Lawall - April 2008

 

 

Line-up:

James Irvine Burgess: Guitars, Bass, Keyboards


Artwork by Jamie Burgess

www.myspace.com/thewarpedmusic

www.jamieburgess.co.uk



Tracklist:


1. The Ninth Gate (instrumental)
2. To Die
3. Ambassadors of Deicide
4. Bloody Bay (instrumental)
5. Everlasting Scourge
6. Heathen Rune
7. Free to Sin

The Warpmaster © James Irvine Burgess

 

 

 

 

Für Fragen, Kritik und Anregungen steht unser Forum zur Verfügung

Home News Literatur Gedichte Kunst Philosophie Schräg Musik Film Garten Küche Gästebuch Forum Links Impressum