CD-Review

SHOCKWAVE RIDERS "Life between mirrors" (2006)

Independent


Ja, da sind sie wieder... die, die uns den Kopf verdrehen. Die SHOCKWAVE RIDERS holen zum dritten Streich aus, und sie machen ganz genau dort weiter, wo sie mit "Public Diary" (2004) aufgehört haben. Mein Sohn Sebastian (16), seines Zeichens der größte Rapper des Universums (hüstel), kommt gerade ins Zimmer, fragt -sichtlich ergriffen- nach dem Ursprung dieser Klänge und zeigt mir dann auch noch seine Gänsehaut! BINGO!! DAS war mehr als eine musikalische Nachhilfe - das war ein Lichtsprung!!!

Burn und Skye laden uns wieder ein, ihnen auf ihren abenteuerlichen und aberwitzig-absurden Trips zu folgen. Wieder vertonen sie eigentümliche Sehnsucht, die Lust auf ferne Weiten und betören uns mit "realen Irritationen". Wie gehabt tanzen sie dabei auf hauchdünnem Eis. Sie (be)fühlen, verzaubern, fragen, klagen an, hypnotisieren, (unter)suchen, implodieren... und Dinge, die sich nicht in banale Worte (ver)kleiden lassen, komponieren sie in friedliches Chaos und surreale Bild-Detonationen. FURCHTbar schön...!

Burn live Linz 2005 ©  Shockwave RidersDie SHOCKWAVE RIDERS experimentieren sich in Lieder zwischen Traum und Realität, studieren den Grat zwischen Genie und Wahnsinn, philosophieren zwischen allen Stühlen, promenieren zwischen Glück und Trauer, fliegen ganz weit weg und stürzen (uns) in diese Weiten... die wir nur in uns selbst und unserer eigenen Unendlichkeit finden können. Zwischen Märchen und Wahrheit betreten sie Wege, die noch nie ein Mensch gesehen hat. Dieser Weg ist steinig und voller Dornen, und man möchte weglaufen, rennen, fliehen... doch wohin? "Come to the garden, follow me..." ("The calling"). Wer ruft da? Lockt uns das Paradies oder das Verderben? 

Die Stimmgewalt der Münchner Sirenen hat man(n) einst mit Dido zu vergleichen gewagt. Nun frage ich mich angesichts des Reichtums an Ausdrucksmöglichkeiten der genannten Vortragskünstlerinnen, wie der Vergleich zwischen tiefgründiger Kehlkopfmalerei und monotoner Langeweile möglich sein kann!? Der Hauch einer Spur einer gewissen Ähnlichkeit mag zwar in Spurenelementen (unter dem Elektronenmikroskop) nachzuweisen sein, aber die Mainstream-Vari(t)ante berührt mich schlicht nirgends! Ganz anders die vor Leben nur so strotzenden Organe von Burn und Skye. Die Klangfarben reichen von elendigem Leid... bis in den Himmel! Wirklich seltsam dabei ist nur, dass die Intonationen ohne viel vordergründige Akrobatik auskommen. Feinste Nuancen spielen hier Verstecken mit sich selbst...
Skye live Steinau 2005 ©  Shockwave Riders
Ja... und die völlig entrückten Keyboards geben mir/uns den Rest - unendlich zärtlich, unendlich schön und unendlich verwirrend rauben sie uns die Sinne, betören uns und beschießen uns mit Schmetterlingen. Wir hasten in unsere lächerlichen Verstecke, doch es ist sinnlos. Was uns bleibt, sind lautlose Schreie der Angst und des Glücks. Die SHOCKWAVE RIDERS beglücken mit seidenem Bombast, werfen mit tödlichen Wattebällchen und singen dem Kaleidoskop unserer Existenz zerbrechliche Ständchen.
Zarter Flügelschlag trifft auf unbezwingbare Klangwände und in den (scheinbaren) Widersprüchen der filigranen Kompositionen spiegelt sich das Leben, dem wir so hilflos ausgesetzt sind. Welche Band bringt es eigentlich fertig, uns so "sicher" über all die schrecklichen Abgründe fliegen zu lassen...? "Sometimes these crazy winds blow through our heads to fast..." ("Don't let it go").

Weiter und immer weiter ziehen wir... denn das schwarze Loch hinter uns wird immer größer! Flucht nach vorne ist angesagt. Und wir müssen uns beeilen, bereit sein für die Irrwege unserer Zukunft und immer in Bewegung bleiben, damit wir nicht in einem Meer aus "Spiegeln" versinken...

Ist alles Glück nur geliehen? Vielleicht ist es ein Trost zu wissen, dass es diese wunderbare Musik noch geben wird, auch wenn wir längst gegangen und vergessen sind!? Egal, wir müssen weiter. "Let the river take me homewards, while I watch the open sky..." ("Journey on").

Fazit: Zärtliche Brandung. Eiskaltes Feuer. Tanz auf allen Vulkanen. Synthetische Droge - völlig legal!!!

 

Bewertung: 12/12

Thomas Lawall - April 2006

 

 

Tracklist:

01. Journey on
02. Standing on these walls
03. Darkness
04. Cowardice
05. The Calling
06. Letters in golden ink
07. You
08. Off shore - Elysium Part I
09. The Beckoning - Elysium Part II
10. Voices
11. Don't let it go

Line-up:

Astrid "Burn" Lang:
Gesang, Gitarren, Pandaemonium

Ingrid "Skye" Lang:
Gesang, Synthesizer, Soundprogrammierung, Geige



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