CD-Review

ROBERT PLANT "Mighty Rearranger" (2005)

Welt-Blues "light"


Schon mal über 'nen staubigen Highway mit angezogener Handbremse gerauscht? Wer sich für eine derart dezent gepflegte Methode der Fortbewegung erwärmen kann, liegt mit der vorliegenden Scheibe goldrichtig.

Ich denke, man muss schon Robert Plant heißen, um eine derart "unspektakuläre" Platte herausbringen zu können/dürfen. Ein Herr Meier-Googlehupf hätte mit dem teils arg unterbelichteten SingSang (z.B. "Another Tribe" - gähn...) vermutlich keinerlei Blumentopf gewinnen können.

Dennoch macht aber gerade ein Herr Plant das Besondere an dieser wunderlichen Abstraktion aus! Led Zappel ist in die Jahre gekommen und er ist ruhiger und vor allem weiser geworden. Und ein Herr Meier kann nun halt mal nicht so unverschämt gut singen wie Mr. one and only...

Verkopfte Melodien hypnotisieren in ihrer Einfachheit und bebildern Erinnerungen an die 70er. Ich war schlappe 23, als sich LED ZEPPELIN 1980 auflösten. Zwangsläufig muss ich deshalb die ebenso zahllosen wie überdeutlichen LZ-Zitate aufsammeln, ja geradezu aufsaugen. (Ich frage mich, mit welchem Ansatz ein heute 20jähriger wohl an die Platte gehen mag...)
Hauptbestandteil der abenteuerlichen Musikreise ist jedoch der Meister selbst und natürlich seine Stimme. Unter Millionen dürfte es wohl kein auch nur annähernd ähnliches Organ geben! Der Mann
hat's garantiert noch mit 100 drauf...!!!

Eine weitere Hauptrolle spielen seine schrägen Mitarbeiter, die sich in ihrer "Begleitung" weder in irgend einer Richtung einig sind, noch sich in gemeine Schubladen pressen lassen. "Musikalische Demokratie" nennt das der Chef. Ich sage schlicht: Abgefahrene Truppe! Leider agieren die begnadeten Musikanten allesamt sozusagen unter Wert! Was soll das? Ist dies wohldosierte Bescheidenheit oder die schon zitierte Handbremse, die "von oben" ferngesteuert wird? Mit der Demokratie ist das ja immer so eine Sache, auch und vielleicht besonders in der Musik...

Keine Ahnung, wieviel Richtungen und Einflüsse hier vorliegen, denn der musikalische Spannungsbogen scheint sich von Afrika bis Indien zu spannen. Auch ein einheitlicher "Stil" ist nicht wirklich auszumachen. Zwar ist der Blues hier zweifellos die Mutter aller Dinge, aber gleichzeitig dient sie als Sprungbrett für nun wirklich abenteuerliche Gebilde aus weltlicher und zugleich weltferner Elektronik, Rock'n'Roll-Schattierungen, psychedelischen Placebo-Drogen und bodenständigem Kunsthandwerk. Von allem gibt es recht knapp portionierte Häppchen, aber nach all der hervorragenden Antipasti bekommt man nun echt Appetit auf den Hauptgang. Doch auf diesen wartet man vergeblich...

Es bleiben einfach Wünsche offen, denn mitunter gähnt die Langeweile, die Birne wird immer schwerer und knallt schließlich auf die Tastatur. Dies verhindert leider immer wieder einen weiteren "kompletten" Hördurchgang! Allerdings wird man auf allerhöchstem Niveau in den Schlaf gesungen...
Und bevor das hier jemand falsch versteht: Bloß kein Gas geben - um Gottes Willen! Beim nächsten Mal aber bittesehr die Handbremse a weng lösen!!!

Fazit: Die mit Abstand beste langweilige Platte, die ich kenne! Blueslastiges Verwirrspiel. Beruhigungsmittel. Traumwandlerischer Minimalismus. Abstrakter Meisterbrief...

 

Thomas Lawall - August 2005

 

 

Tracklist:

01. Another Tribe
02. Shine It All Around
03. Freedom Fries
04. Tin Pan Valley
05. All The Kings Horses
06. The Enchanter
07. Takamba
08. Dancing In Heaven
09. Somebody Knocking
10. Let The Four Winds Blow
11. Mighty Rearranger
12. Brother Ray

Line-Up:

Robert Plant: Vocals, Harmonica
John Baggott: Keyboards, Electronica, Moog Bass
Clive Deamer: Drums, Bendir
Justin Adams: Electric Guitar, Bendir, Tehardant, Lap Steel, Bass
Skin Tyson: Acoustic & Electric Guitars, Lap Steel, Bass
Billy Fuller: Electric and Double Bass

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