CD-Review

JACQUELINE DU PRÉ

ANTONIN DVOŘÁK
Cello Concerto

CAMILLE SAINT-SAËNS
Cello Concerto No.1



Manchmal spielt das Leben ein grausames Spiel. Wie ein Zufallsgenerator verteilt es die Karten nach Belieben und wie es ihm gerade gefällt. Dabei kennt es weder Mitleid noch Gnade und Gerechtigkeit schon gar nicht. Wer den schwarzen Peter zieht, hat halt einfach Pech gehabt. Doch manchmal übertreibt es das Leben - auch Schicksal genannt - wirklich! JACQUELINE DU PRÉ, am 26. Januar 1945 in Oxford geboren, war die bedeutendste Cellistin des 20. Jahrhunderts. Für sie hielt das Leben zwei ganz besondere Karten bereit. Die eine Karte beinhaltete ein Geschenk, die zweite Karte war eine Strafe ...

Im Alter von vier Jahren faszinierte sie der Klang eines Cellos im Radio. Deshalb bekam sie zum fünften Geburtstag ein Cello und schon mit sieben Jahren gab sie ihr erstes öffentliches Konzert. 1962 gab sie mit EDWARD ELGARS Cellokonzert ihr Konzert-Debut. Die erst 17jährige wurde damit weltberühmt.

Nun sollte man annehmen, dass einem solchen Jahrhunderttalent eine angemessene Lebenszeit zugedacht sein müsste, um das Geschenk dieser Fähigkeiten auch ausleben zu dürfen und zu können. Doch leider hatte das Schicksal andere Pläne. Einen Weg, der keinen Sinn macht. Gesetzlos ist das Leben. Es hat keinen Funken Respekt. Vor nichts und niemand. Und was ihm bei Mozart fehlte, machte auch vor JACQUELINE DU PRÉ keinen Halt. 1970 zeigten sich erste Symptome einer zunächst falsch diagnostizierten Krankheit und zwei Jahre später schlug ihr ein eiskalter Wind ins Gesicht, weil man bei ihr eine besonders agressive Form der Multiplen Sklerose diagnostiziert hatte! Man muss sich einmal vorstellen, was es für eine derart begnadete Musikerin bedeuten muss, ihre Hände plötzlich nicht mehr spüren zu können. 14 Jahre blieben ihr noch, bis sie, verlassen von vielen Freunden und sogar von ihrem Mann, von der Krankheit besiegt wurde. Man kann nur erahnen, welch unendliche Qualen sie durchlitten haben muss. Mit nur 28 Jahren war ihre Karriere beendet. Und mit 42 Jahren ihr Leben. Diese Ironie des Schicksals ist einfach ungerecht!

Was uns in unserer hilflosen Fassungslosigkeit bleibt, sind Fotos und die legendären Tonaufnahmen. Die vorliegende Veröffentlichung ist in mehrfacher Hinsicht interessant. Natürlich dokumentiert sie ihre immensen Ausdrucksmöglichkeiten und ihre uferlose Leidenschaft. JACQUELINE DU PRÉ spielte nicht nur, sondern sie flog in fast verschwenderischer Hingabe über die Saiten und weit darüber hinaus. Sie definierte die Grenzen ihres Instrumentes neu. Sie streichelte es in bedingungsloser Liebe, aber sie forderte es auch gnadenlos heraus. Als ob sie um ihr Leben spielen müsste, war jedes einzelne ihrer Konzerte ein einzigartiges Unikat. Seelig die Menschen, die sie jemals live erleben durften.

1967 befand sie sich auf dem Höhepunkt ihrer nur 12 Jahre währenden Konzertkarriere. Im November dieses Jahres entstand die Aufnahme des Cellokonzertes von ANTONIN DVOŘÁK. Unter der Leitung von SERGIO CELIBIDACHE enstand eine Aufnahme, die in doppeltem Sinne wertvoll sein mag. Zum einen erleben wir DU PRÉS unglaublich bildhaften Überschwang - eine Interpretation für die Ewigkeit! Auf der anderen Seite das Schwedische Rundfunksymphonieorchester mit einem Dirigenten, der Plattenaufnahmen kategorisch ablehnte! Sein Sohn SERGE IOAN CELEBIDACHI erklärt uns im Booklet, weshalb er dem Wunsch des Vaters, sein Vermächtnis niemandem zugänglich zu machen, letztendlich nicht nachgekommen ist. Eine Entscheidung, die sicherlich niemand ernsthaft bedauern kann ...

Das Cello Concerto No.1 von CAMILLE SAINT-SAËNS, 1971 aufgenommen, zeigt sich in einem etwas anderen Licht. Erste Taubheitsgefühle in den Fingern und Erschöpfungszustände waren Vorboten einer grausamen Wahrheit und sind bei genauerem Studium durchaus hörbar. Den grandiosen Gesamteindruck können einige "ungenaue" Passagen wahrlich in keinster Weise schmälern. JACQUELINE DU PRÉ gab in einem ihrer letzten Konzerte noch einmal alles und noch viel mehr ...

Fazit: Musikgeschichte. Dokument einer einzigartigen Musikerin und einer ebensolchen Tragödie.

 

Bewertung 12/12

Thomas Lawall - November 2006

 

 


CAMILLE SAINT-SAËNS (1835-1921)
Cello Concerto No.1 in A minor, op. 33

1. Allegro non troppo
2. Allegretto con moto
3. Molto allegro

The Philadelphia Orchestra
DANIEL BARENBOIM
January 23, 1971, Philadelphia


ANTONIN DVOŘÁK (1841-1904)
Cello Concerto in B minor, op. 104

4. Allegro
5. Adagio ma non troppo
6. Finale: Allegro moderato

Swedish Radio Symphony Orchestra
SERGIU CELIBIDACHE
November 26, 1967, Stockholm


www.jacquelinedupre.de bzw. www.jacqueline-du-pre.com
(ausführliche private deutsche Homepage zum Gedenken an Jacqueline Du Pré)

 

 

 

 

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