DRACONIAN "Arcane Rain Fell" (2005)
Gothic-Edelmetal
ANATHEMA ist die erste Band, die mir in den Sinn kam, als ich "Arcane Rain Fell" im ersten Durchlauf hörte. Im zweiten Gedanken streifte ich OPALESSENCE bzw. dessen ebenso altes wie legendäres Line-up namens THE LEGACY - darf das wahr sein? Natürlich nicht, denn ich glaube kaum, dass DRACONIAN die kultige "Withering Blossom" (2000) von THE LEGACY kennen, die (leider) längst in der Versenkung verschwunden ist... oder doch? Auch solche Geister wie die von BLAZING ETERNITY jagen mir durch die verwirrte Birne...
Na gut, diese merkwürdigen Eindrücke sind/waren da, bleiben also Realität, doch bald verschwinden sie, denn DRACONIAN musizieren dann doch in einer ganz anderen, aber immerhin artverwandten Kaste...
Die Zutaten sind halt nicht wirklich was Neues. Gothic- meets Doom-Metal und Growls meets Engelchen (gähn)... aber DRACONIAN setzen wieder neue Akzente in der ausgenudelten Schublade und schrauben Intensität sowie Qualität ganz entscheidend nach oben!
Der zweite Longplayer hebt sich zudem deutlich vom Vorgänger "Where Lovers Mourn" (2003) ab. "Arcane Rain Fell" wiegt gut zwanzig Tonnen mehr, der Trauerflor ist tausend Meter länger, und man sieht hier generell und ausschließlich alles durch die dunkle Sonnenbrille. "Arcane Rain Fell" ist (noch) randvoll(er) mit Schmerz und Trauer und dunkler als die schwärzeste Nacht. Und Sängerin Lisa musste zwangsläufig etwas in den Hintergrund treten, da ihr bezauberndes Organ zweifellos die gewünschte Düsternis zu sehr erhellt hätte. (Schade eigentlich, aber in einem Interview liest man, dass dies ja nicht so bleiben muss...! Aber gerne!!!)
Die Konzentration auf noch mehr Doom passt zum Konzept des Albums, welches auf einer recht abenteuerlichen Story basiert. Nicht der Teufel, sondern unser aller Herr und Meister ist nämlich der Tyrann! Sein heiliges Licht nichts als eine Fata Morgana, Trugbild und Verblendung pur!! Beelzebub hat's kapiert und meutert mit seiner Truppe, den gefallenen Engeln. Tja, sowas kann natürlich nicht gut gehen und deshalb werden die Meuterer vor dem Herrn selbstverständlich des Himmels verwiesen. Hmm... sooo war das also... grübel, grübel...
Anders Jacobsson hält diese verwegene Konstruktion für "die größte Geschichte von allen" und ich muss sagen, das der Gedanke gar nicht mal so uncool ist. Wie dem auch sei, die musikalische Umsetzung dieser tollkühnen Verschwörung und der unvermeidliche Untergang der himmlichen Revolutionäre ist ganz große Oper!!!
Dieser geistreiche Untergang lässt uns ohne Hoffnung zurück, doch das Spurenelement der vagen Ahnung von einem blassen Hoffnungsschimmer bleibt selbst in dieser endlosen Nacht, denn wer das absolute Highlight der Platte, das abgründig(st)e "Death, come near me" überlebt hat, vernimmt mit wirklich allerletzter Kraft: "... o, death, come near us, and give us life..."
Fazit: Bewegende Trauerfeier. Sinfonie der Hoffnungslosigkeit. Requiem für das Licht...
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Tracklist:
1. a scenery of loss 2. daylight misery 3. the apostasy canticle 4. expostulation 5. heaven laid in tears (angels´ lament) 6. the abhorrent rays 7. the everlasting scar 8. death, come near me
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Line-Up:
anders jacobsson: vocals lisa johansson: vocals johan ericson: lead guitar, backing vocals magnus bergström: rhythm guitar jerry torstensson: drums and percussion jesper stolpe: bass guitar andreas karlsson: keys and programming
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