DELOCO (2005)
Elektro
Die Abstraktion in der Kunst reduziert auf das Wesentliche. Erzählt man uns. Bilder ohne Sinn und Wert, befreit von banaler Gegenständlichkeit, sollen uns die Augen öffnen und uns den wahren Sinn der Dinge erkennen lassen. Bereinigt von Landschaft, Himmel, Mensch und Tier entsteht Freiraum für Dahingekritzeltes. Nach innen führen diese Wege und lassen uns verstehen, was Wahrheit bedeutet. Versteckt hinter den Dingen, offenbart uns der Schlüssel der Erkenntnis den Traum einer realen Erfahrung und die ungeheure Weite der Emotionen, die sich stets unsichtbar hinter der Welt, die wir sehen, verbirgt. Und wer's glaubt, wird selig damit...
Die Musik geht mitunter ähnliche Wege. So auch das 2003 gegründete "Elektroprojekt" DELOCO. Mastermind Detlef Loest, von Haus aus Schlagzeuger, wirkte von 1984 bis 2003 in Rock- und Popbands (Chantal, M.T. Diary) sowie in div. Jazz- und Jazzrock-Projekten (Le bal, Slimline, Staff) mit. Die Experimentierfreude des selbsternannten "Soundfetischisten" gipfelte zwangsläufig im genannten Projekt.
Der Opener "FX 5" beeindruckt mich durch eine wirklich völlig unerwartete Soundcollage, die ebenso simpel wie tiefsinnig die Wege beschreibt, die nun zu erwarten sind. Das ist tatsächlich eine Reduktion auf das Wesentliche. Klänge, befreit von jedem Ballast, laden uns auf eine Reise ein. "FX 5" ist eine Tür, die in die Unendlichkeit führt. Dieser offene Weg führt aber nicht in die unendlichen Weiten des Weltalls, sondern in ganz andere Welten. Diese Tür öffnet einen Weg nach innen - den Weg in und zu uns selbst!
Leider hält die Platte nicht, was der erste Track verspricht. Ja klar, "Musik ohne Gesang oder Text lässt mehr Freiraum für eigene Phantasien"... schon recht. Aber dieser Freiraum will einfach nicht entstehen. "FX 3" schließt die verheißungsvolle Tür sofort wieder, denn der zweite Track glänzt eher durch Langeweile. "Phantasiewelten" können auch in dem minimalistischen Geklimper von "FX 4" nicht entstehen. Das vierte Stück "FX 6" lässt dann allerdings so etwas wie eine verklärte Melancholie aufkeimen! Eine Harmonie der Hoffnung und ein fast naiver Hilferuf. Verdammt! Nur gut zwei Minuten! Oh nein... wieder eine Tür zugeschmissen! Warum wurde ausgerechnet d-i-e-s-e grandiose Idee nicht weiter ausgearbeitet!???
"FX 7" lullt ein, und bereitet uns auf die Nichtigkeiten in "FX 8" vor (gähn). "FX 9", das siebte und letzte Stück, wird von albernem femininem Gestöhne begleitet, das echt eher abtörnt als anregt. "Aaach ja..." usw.! Schrecklich und einfach peinlich! Schließlich beruhigt sich die Torte wieder (oder waren das gar zwei?) und man verabschiedet sich in Bedeutungslosigkeit. Schade...
Ja, und was die nackte Grasziege auf dem Cover, die sich mit einem antiken Tonträgerwiedergabegerät verkabelt hat, rüberbringen soll, entzieht sich ebenfalls meiner Auffassungsgabe...
Sorry, aber die Elektronik-Mucke haben Herren wie Schulze und Jarre schon Anno Tobak ganz wesentlich besser hinbekommen. Gott gütiger, ich habe keine Ahnung, wie oft ich 1974(?) die "Oxygene" von zuletzt Genanntem gehört habe. Der Knabe hat's doch damals endgültig definiert, oder?
Aber halt...! Wahrlich, ich sehe ein gewaltiges Potential, und ich wiederhole mich deshalb gerne: "FX 5" ist und bleibt die Tür! Der Opener für diese seltsame Platte ist die Overtüre für das, was da noch kommen möge, und "FX 6" zeigt den Weg dahin. Ich bin bereit...!
Fazit: Eiskalte Placebowelten. Ausstellung ohne Bilder. Elegante Leere. Vorbote...
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