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BIG BIG TRAIN "The Difference Machine" (2007)
New-(Jazz)Artrock
Welch immense Bedeutung YES heute immer noch haben und wie sie auch heute noch immer mit schöner Regelmäßigkeit zitiert werden ist allgemein bekannt. Die alten GENESIS werden auch nicht selten bemüht ... denn hatte damals irgendjemand etwa kreativere Ideen?
Nicht bekannt war mir, mit welch einer Hochachtung und Liebe eine Band es fertig bringen würde, beide Bands 30 Jahre später in neue Kleider zu hüllen, und sie mit auf eine Reise zu nehmen, die abenteuerlicher nicht sein kann. Schon das Intro verspricht, was es später tausendfach einhält: Das hier ist kein seichtes Geplänkel und ein Singsang, der sich in ausgetretenen Pfaden suhlt. Das Hauptthema wird mit Viola geschildert und geht bereits beim ersten Ton, begleitet von verklärtem Keyboard, total unter die Haut. Doch damit nicht genug, denn in diese zauberhafte Melancholie mischen sich eindringliche Saxophon-Klänge ... auf die ich später gerne noch einmal zurückkommen werde.
Die Art und Weise, wie unverkennbare Einflüsse eingebaut werden, ist zu Beginn des zweiten Tracks "Perfect Cosmic Storm" zunächst gar nicht erkennbar, denn BIG BIG TRAIN haben eine unverwechselbare Handschrift ... auch wenn sie dieselbe in diesem Album auf die Spitze treiben. Beim ersten größeren Break mischt sich überdeutlich ein Chris Squire ein. Der YES-Basser hat mit seinem bildgewaltigen Ausdruck wohl für immer Maßstäbe gesetzt. Dem zahlt Dave Meros kongenial Tribut ... doch bevor man sich versieht, wird das Trugbild von einem Saxophon unterbrochen, das man doch schon irgendwo einmal gehört hat. Und das Mellotron sowieso ... Gegen Ende tauchen aus dem Nichts wieder vertauschte Rollen auf. Schattenbilder von Mike Rutherford und Tony Banks, die neben Steve Hackett den alten GENESIS-Sound für die Ewigkeit definierten. Als weitere "Inspiranten" mögen PINK FLOYD und THE TANGENT dienlich sein, und um den unglaublichen Stilmix vollends entgleisen zu lassen, hören aufmerksame Öhrchen Ausschnitte aus den endgültigen Jazz-Opern von JAN GARBAREK. Für den völlig relaxten Gesang hätte ich dann ebenfalls noch eine Schublade anzubieten. Wer singt so ähnlich, nur ganz anders? Klar, da kann es nur einen geben: Jon Anderson (YES). Das hinkt natürlich gewaltig, denn Sean Filkins agiert eine Oktave tiefer. Mindestens.
Wie das alles zusammenpasst? Überhaupt nicht. Und so mag es auch dem einen oder anderen Hörer gehen, der bereits bei "Perfect Cosmic Storm" die Flinte ins Korn werfen wird. Denn die wirklich komplexen Strukturen und stilüberschreitenden musikalischen Kunstwerke passen nicht bei jedermann ins verengte Aufnahmezentrum. Und das wird in dem bedrohlich herannahenden Mellotron-Brocken "Breathing Space" nicht gerade einfacher. Ruhiger zwar und nur knappe zwei Minuten lang, aber was da über die grüne Wiese rauscht ist entweder das pure Glück oder ganz was anderes ...
In "Pick Up If You're There" taucht, in all dem kunstfertigen Bombast, erstmals das Hauptthema wieder auf. Wie ein alter Freund. Und er nimmt uns bei der Hand, um uns durch diese wunderbaren Bilder einer Ausstellung zu führen. Längst laufen uns die Tränen wie Bäche herunter, weil wir uns allein in diesem wunderbaren Gesang verloren haben. Doch permanent wird noch eins drauf gesetzt. Während uns das Saxophon auf den Boden der Tatsachen zurückholt, geben uns Viola, Querflöte, Hammond Orgel und das verdammte Mellotron den Rest ...
... weshalb man sich auch sehnlichst wünscht, dass Stücke wie "From The Wide Open Sea" etwas länger dauern würden und nicht (fast) als bloße Lückenfüller zwischen den Longtracks dienen. Allein dieses Thema würde als Grundgerüst für ein ganzes Album wohl locker reichen.
In "Saltwater Falling On Uneven Ground" steigert sich Dramatik und Intensität bis in ferne Randgebiete unserer Aufnahmefähigkeit. Sean Filkins singt sich in ungeahnte Höhen und eröffnet mit seinen Mitstreitern ein Kaleidoskop von Empfindungen, welche uns ganz langsam auf die Knie sinken lassen:
"Winter is coming the leaves have all fallen to the ground ...
Und in die gleiche Kerbe schlägt der letzte Track - wo uns ein letztes Mal die Grundmelodie begegnet, verzaubert und in Grund und Boden rührt:
"Winter falls too early ...
... where did you come from where will you go to? Don't go away."
Respekt und Verehrung. Ganz klar eine der Platten des Jahres 2007.
Fazit: Ehe aus Kunst und höchstem Anspruch.
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Bewertung: 12++/12
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Thomas Lawall - März 2008
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Tracklist:
1. Hope This Finds You 2. Perfect Cosmic Storm 3. Breathing Space 4. Pick Up If You're There 5. From The Wide Open Sea 6. Saltwater Falling On Uneven Ground 7. Summer's Lease
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Line-up:
Sean Filkins: Vocals Steve Hughes: Drums Becca King: Viola Andy Poole: Bass Gregory Spawton: Guitars, keyboards Tony Wright: Alto and tenor saxophone, flute
Dave Meros: Bass Nick D'Virgilio: Drums, Vocals Pete Trewavas: Bass
www.bigbigtrain.com MySpace-Seite von Big Big Train
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