Interview mit ANUBIZ im Studio TTS-Media Musik, Bremen - Februar 2004
Thomas: 2004 begann für euch ja recht vielversprechend (womit ich nicht sagen will, dass 2003 nix los war...!!!). Festival in Gummersbach am 17.01. und gleich ging's weiter ins Studio nach Bremen, wo ihr am 19.01 mit den Aufnahmen zur dritten CD begonnen habt. Wie war die Resonanz auf dem CELTIC ROCK INDOOR?
JörgE: Was soll man da noch sagen, das war einfach klasse. Obwohl wir als zweite Band schon um 15 Uhr auf die Bühne mussten, waren schon die meisten Gäste anwesend und gingen nach den ersten zwei drei Songs ordentlich mit.
Bandschlampe: Ich bin sehr froh, dass wir diesen Gig noch mitgenommen haben. Auch wenn es so kurz vor dem Studio noch ein wenig stressig war. Aber am Ende hat es sich doch gelohnt, super Orga, nette Bands (viele Grüße an Schelmish, Lyriel, usw.) und natürlich ein Hammer-Publikum. Micha: Kann mich den Jungs nur anschließen, immer wieder gerne!
Thomas: Kurze Rückblende - Anubiz als Support für niemand geringere als DEAD SOUL TRIBE am 29.11.03 in Much. Wie passen zwei derart unterschiedliche Grüppchen zusammen? Und wie kam's überhaupt dazu?
JörgE. Ja wie kam es dazu, da können wir uns bei unserem Kumpel Thilo und dem Verein Rockforum Muchstock bedanken. Er war schon DieHard-Fan von Psycotic Waltz und hatte es sich wohl auf die Fahne geschrieben, Devon Graves nach Much zu holen. Und da Much für uns quasi zweite Heimat ist, fiel die Wahl recht schnell auf uns. Was den Stil angeht, da war es kein Problem. Das passte sogar richtig gut zusammen. So ganz leichte Progeinflüsse haben wir ja auch. Irgendwo ;-) ...
Bandschlampe: Es war auch geil zu sehen, dass selbst die DST-Fans, die übrigens aus ganz Deutschland angereist sind, Spaß an unserer Musik hatten. Von der zweitägigen Aftershowparty ganz zu schweigen. An dieser Stelle auch noch ganz liebe Grüße an DST. Wir sehen uns bestimmt bald noch mal wieder.
Thomas: Die beiden ersten CD's waren Eigenproduktionen. Nun seid ihr bei TTS-Media Musik unter Vertrag. Was ist das für ein Gefühl?
Micha: Es ist nicht so, dass wir jetzt denken, wir hätten es geschafft und seien Rockstars. Wir haben aber nach kurzer Studiozeit schon feststellen können, dass die Arbeitsweise wesentlich professioneller ist und wir sind sicher, dass es auf der CD rüberkommt. Von den Vertriebswegen mal ganz zu schweigen.
Alex: Es ist schon verdammt schwer mit einer Eigenproduktion in den einschlägigen Magazinen erwähnt zu werden. Da ist ein Label schon ein großer Vorteil.
Thomas: Wenn ich richtig informiert bin, hat das Label geplant, ab August 2003 alle Veröffentlichungen mit einer Bonus-CD auszustatten! Und zwar zum normalen Preis. Soll das heißen, dass die neue Anubiz ebenfalls mit einer zweiten Scheibe im 5.1 Surround-Format erscheint???
Jörg: Nee, noch nicht ganz. Das hängt von den Verkaufszahlen ab, dieses ist bei der ersten CD unter neuem Vertrag einfach schwer zu kalkulieren. Bei der zweiten CD kann das schon anderes sein. Es liegt an euch. Aber verlasst euch drauf, selbst in Stereo wird die CD knallen.
Thomas: "Pretty in Pain" und "leid" sind Vergangenheit. Wie heißt die neue CD und welche Ideen/Konzepte stehen dahinter?
Bandschlampe: Kann ich nix zu sagen, bin Handwerker :) ..
Micha: Die neue CD wird "siebzehn" heißen, wie immer haben wir viel Raum für persönliche Interpretationen gelassen. Wer uns kennt, wird wissen, dass die Siebzehn seit je her unsere Zahl ist. Von Idee und Konzept reiht es sich in die Liste der Vorgänger ein.
JörgE: Idee und Konzept gleichen sich, wie schon gesagt, den Vorgängern an. Aber wir haben verstärkt darauf geachtet, dass die Songs eingängiger und livekompatibler werden. Die neuen Sachen rocken doch um einiges mehr als auf der Leid.
Thomas: Was genau macht ihr anders/besser - oder bleibt alles beim Alten?
Jörg: Wenn alles beim Alten bliebe, wäre es schon traurig. Stillstand ist Rückschritt. Wir entwickeln uns stetig weiter und das ist die Konsequenz.
Thomas: Nach der Release von "leid" im März 2002 hat Sängerin Eva zuerst den Bezug zu eurer Musik verloren und ist dann auch noch prompt ausgestiegen! Öhm - also... wie das? Kann mir vorstellen, dass so was wie ein Schlag in die Fresse kommen muss!!! Wie seid ihr damals damit zurecht gekommen?
JörgE: Tritt in die Eier trifft das schon eher.
Micha: Es ist wie ein Beziehungsende, aber die Band ist daran gewachsen. Ein Ende kam für uns nie in Frage und so mussten wir halt nach vorne schauen. Aber es soll nicht der falsche Eindruck entstehen, dass wir Eva zum Teufel schicken. Wir haben noch Kontakt, grüßen sie an dieser Stelle ganz lieb.
Thomas: Na ja, ein Ersatz war ja mit Carolin überaus schnell gefunden - dem Internet sei Dank...!
MoA: Da hatten wir richtig Glück gehabt.
Thomas: Eva erntete ja nicht nur Lob, gell? Also meine "Endgültige" meint z.B., dass ihr "das Gepiepse in höheren Lagen" voll krass auf die Stöcke geht... Ok, der Gesang kam teilweise recht "dünn" rüber - gefallen hat's mir aber trotzdem! Nun scheint mir aber die gute Carolin Reinhardt ein ganz anderes Kaliber zu sein!
JörgE: Da haste schon recht. Zu dieser Einsicht sind wir mittlerweile auch gekommen. Nicht dass mir Evas Gesang nicht gefallen hätte, aber Caro macht den Job einfach hervorragend und wir sind sehr dankbar, dass wir sie haben.
Bandschlampe: Diese Kritik haben wir schon öfters in den Reviews gelesen. Die einen empfanden es als störend, die anderen mochten diese Stimme. Daran scheiden sich wohl die Geister.
Thomas: Etwas zur Rollenverteilung - gibt es bei euch Führungskräfte oder gar einen Chef? Falls nicht: Sind die Hauptrollen gleichmäßig verteilt oder spielt ihr letztendlich nur "Nebenrollen" in einem größeren Zusammenhang...?
Dan: Darf ich auch was sagen?
Der Rest: NEIN ;-)
JörgE: Spass bei Seite, eigentlich haben wir keine feste Rollenverteilung. Einen Chef gibt's keinen. Grundlegend kommen die Ideen und Ansätze der Musik meist von MoA und wachsen bei Kreativproben aus dem Bauch der ganzen Band. Die Texte kommen von Micha, Caro und mir. Wobei dies keine festen Rollen sind.
Thomas: Fast hätte ich die Texte vergessen. In "leid" geht es ausschließlich um selbiges. Mal eher "diffus", mal mehr oder weniger konkret in "Spiel mit mir", was in Verbindung mit dem Cover unzweideutige Hinweise auf Kindesmissbrauch zulässt. Überhaupt habe ich den Eindruck, dass alle Texte einerseits ausgesprochen ausgefeilt, andererseits aber recht allgemein formuliert werden. Womöglich verbirgt sich hinter dieser neblig-lyrischen Ausdrucksweise die Absicht, dem "Leser" damit einen gigantischen Freiraum für eigene Interpretationen zu schaffen. Genialer Kunstgriff, denn nur so kann Lyrik vertont werden! Es werden keine (konkreten) Bilder vorgegeben, sondern sie entstehen im Kopf des Lesers/Zuhörers! Richtig oder Scheißndreck?
JörgE: Das hast du schon ganz richtig gesehen. Ich schreibe meine Texte eher etwas zweideutiger. Ich will niemanden mit meinen Texten verurteilen, ich zeige nur die Richtung. Das Bild der Tatsache entsteht dann im Kopf des jeweiligen Zuhörers. Ich lasse Raum für Spekulationen. Ob es derjenige dann als Richtig oder Falsch sieht ist seine Sache. Wenn er es so deutet, dass Mord, Vergewaltigung etwas Gutes sein soll, dann kann ich nichts dagegen tun. Es ist seine Meinung, gutheißen muss ich dies ja nicht. Es werden Geschichten erzählt. Mit all ihren Tiefen und Höhen.
Micha: Es ist schon eine Gratwanderung, solche Themen zu beschreiben. Es gibt viele Facetten die beleuchtet werden können, sei es perverse Liebe, selbstzerstörende Beziehungen oder was es noch alles an kranken Auswüchsen gibt. Ich zeige lediglich ohne Wertung die Tatsachen auf. Da kann schon mal der Eindruck entstehen, es würde verherrlicht. In der heutigen Zeit haben sehr wenige noch die Eier, sich mit solchen Themen tiefgehend zu beschäftigen.
Caro: Bislang habe ich ja nur einen Text komplett selber geschrieben (Sonnenwende) und dieser bezieht sich auch ganz konkret auf den Selbstmord einer meiner besten Freunde vor ca.10 Jahren. Ansonsten habe ich mich hauptsächlich damit beschäftigt, den vorhandenen Texten ein wenig die Härte zu nehmen (damit sich nicht gleich noch jemand das Leben nimmt) und so umzugestalten, dass man sie gut singen kann, bzw. alte Texte aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt.
Thomas: Werdet ihr weiterhin auf englische Texte verzichten? Ich darf vorab meiner diesbezüglichen Hoffnung Ausdruck verleihen...
Jörg: Auf alle Fälle. Die deutsche Sprache ist eine sehr schöne Sprache. Recht schwer zu singen, aber dafür hat sie sehr viele Ecken und Kanten, die unserer Musik den richtigen Schliff verpassen. Dazu kommt, dass man den Texten einfach nur in seiner Muttersprache den richtigen Tiefgang verleihen kann. Es sei denn, man beherrscht eine Fremdsprache in Perfektion. Aber dies tut wohl keiner bei uns.
Thomas: Ich geb's ja zu: In Hanau war ich (zwangsläufig) auf Opalessence programmiert (sorry!), aber selten ist es mir passiert, dass ich einer Band nur so "nebenbei" Aufmerksamkeit schenkte, diese dann aber im Nachhinein irgendwie nicht mehr aus meinem Kopf bekomme. Seltsam, oder? Wo ist der Trick???
Bandschlampe: Das ist kein Trick, das ist pure Berechnung. Spiel mal unsere CD rückwärts in einer Mikrowelle ab. Da werden Dinge offenbart ... Aber vielleicht haben wir irgendwas richtig gemacht.
Thomas: So... bevor ich nun zu flennen beginne, kommt jetzt die Abteilung mit den (noch) saublöde(re)n Fragen. Wie definiert sich euer Selbstverständnis? Ist Anubiz so eine Art ambitioniert/kreatives Hobby oder plant ihr, dem Mainstream eins vor die Mütze zu knallen, um dann mit dem Tortenheber ein kräftiges Stückchen abzusahnen?
Alex: Wir sehen ANUBIZ als ein ernsthaftes Hobby an. Wie jede Band, die nicht gecastet wurde, haben wir als Hobbymusiker angefangen und sehen was auf uns zukommt.
Thomas: Schwierig, schwierig - ich weiß! Aber euch (und vielen anderen) muss ja klar sein, dass man mit GUTER MUSIK erst mal keinen Blumentopf gewinnen kann!
Bandschlampe: Ja, da hast du vollkommen recht. Das sehen wir an unserem kleinen Verein Muchstock, den wir aktiv unterstützen und mitbegründet haben. Dort spielten und spielen so geile Bands aus dem Underground, die von jeder großen Plattenfirma nicht ernstgenommen werden. Traurig.
Thomas: Mir kommt das Endloskotzen wenn ich sehe, was Figuren von Manowar über Ozzy bis in die Abgründe von Kübelböck und Co. an Kohle abräumen - und ewig scheint es so zu bleiben, dass sich die wahre Genialität in kleinen Clubs vor 10 bis höchstens 100 Leutchen abspielt! Scheiiiiißßßßßääääääää...!!!
ANUBIZ: Recht haste ...
Thomas: Es soll ja Menschen geben, die Anubiz nicht kennen. Die brauchen jetzt eine Schublade, um sich orientieren zu können. Ist das jetzt ein Fehler wenn ich behaupte, dass es da keine vergleichbare Kapelle gibt und dass die neue "Schublade" schlicht Anubiz heißt, verdammt nochmal!!???
Micha: WowWow, danke erstmal. Diese Schublade beschriften wir natürlich gerne. Aber wir haben das Rad auch nicht neu erfunden. Es ist aggressiver, melancholischer Gothikmetal, der seinen eigenen Stil hat. Wenn dieser Stil ANUBIZ heißt, um so besser.
JörgE: Früher wurden wir immer mit Theatre of Tragedy verglichen. Das fanden wir damals schon nicht richtig und heute um so weniger. Mir fällt so kein Vergleich ein.
Caro: Seltsam war dieser Vergleich für uns auch deshalb, weil niemand aus der Band jemals Theatre of Tragedy gehört oder irgendwann mal dafür geschwärmt hat - eher im Gegenteil. Nun, bislang hatten diese Vergleiche aber noch nie einen negativen Touch, daher spielt das eigentlich keine große Rolle.
Thomas: Wie denkt ihr über Opalessence, Yes, Elvis und Richard Wagner?
Micha: Opalessence - nette Leute, geiler Auftritt. Yes - schöne Popmusik für den der es mag. Elvis - er hat´s halt übertrieben. Wagner - zu früh gestorben und endgeil.
Alex: Zu Opalessence kann ich leider nicht viel sagen, hatten nur einmal das Vergnügen mit denen zu rocken und an dem Tage mussten wir schon früh wieder los.
Bandschlampe: Opalessence, supernette Band und haben weiterhin Kontakt. Wenn alles passt, wird es sicher noch einen gemeinsamen Gig geben. Yes - geiler Progrock. Elvis - hats von den richtigen Leuten gelernt. Bei dem Wagner war ich noch auf keinem Gig, aber wenn der so gute Mucke macht wie Pizza; Respekt.
Thomas: Habt ihr ein zweites Keyboard dabei? Für den Fall, dass Missjöh Mohr wieder ein Bierchen verschlabbert...???
JörgE: Ja, in Madrid, aber das ist noch nicht gekommen! Kleiner böser Insider.
MoA: Zumindest habe ich ja ein Zweites als festen Bestandteil dabei.
Thomas: Den Funktionsbereich der "Bandschlampe" haben viele noch nicht ganz begriffen. Was macht also Rico, wenn er nicht gerade Bierchen holt? Bitte klärt die Unwissenden auf.
Micha: Rico ist das siebente Bandmitglied und kümmert sich um Presse, Booking, Live und steht mit Rat und Tat zur Seite.
JörgE: Und Bier holen kann der Junge wie kein Zweiter. Jede Band sollte sich damit bereichern. Aber nennt ihn nicht Bandschlampe. Der Name ist geschützt. Es gibt nur Eine, und die haben wir.
Thomas: Danke sehr. Und danke für's Interview überhaupt. Wir sehen uns! Viel Glück mit der neuen CD. Wir bleiben dran!
Micha: So Dan, jetzt darfst du ...
Dan: Genau...
ANUBIZ: Wir haben zu danken.
Fotos: ANUBIZ
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