Literatur

vom turm
gedichte


von günter abramowski


64 Seiten
© 2012: Günter Abramowski
elbaol verlag für printmedien, Hamburg
www.elbaol-verlag-hamburg.de
ISBN 978-3-939771-27-2



Lange Zeit verwehrte mir jener "turm" jeglichen Zutritt. Er widerstand jedem Eroberungsversuch vehement. Möglicherweise wollte er in Ruhe gelassen werden, was sich natürlich als Fehlinterpretation herausstellen musste. Dennoch schade, dass er sich, wenn auch ohne Schuld, damit dem Verstehen des Betrachters entzog.

So wie es aber immer ist, will so manch gutes Ding einfach Weile haben. Immerhin ist es gut möglich, dass der Neugierige die Dinge grundlegend falsch angeht.

Jener Turm, der stellvertretend für die innere Stille des Autors - seinen Turm - steht, lässt bei genauerer Betrachtung Grundlegendes, etwas, was ich völlig übersehen habe, vermissen. Da gibt es nämlich so etwas wie Türen und Tore, die einem den Zutritt verwehren, gar nicht.

In Wahrheit darf man teilhaben an den existenziellen Erfahrungen des Dichters, seinen Hinweisen auf das, was er "transzendenten Realismus" nennt. Scheinbare Widersprüche lösen sich auf und geben neuen Erfahrungen eine Chance und damit die Gelegenheit, sich zu manifestieren:

"wachsam führe ich
meinen verstand
über seine grenzen"
(zeitlos)

Mehr ist kaum zu sagen "vom turm". Viel mehr ist aber zu finden in ihm und um ihn herum. Oder versteckt, ganz unten oder wo auch immer:

"mein wehrturm
mein sehnsuchts-welten-sternenblick"
(vom turm I)

Viele Zeilen lehren, das, was man sieht, nicht zwingend für bare Münze zu nehmen und das, was man nicht sieht, etwas genauer anzuschauen. Oft ist ein leerer Raum zwischen den Worten bis zum Bersten gefüllt!

Sobald es also gelingt, die Fixpunkte der (Lese-)Erwartungen neu zu formieren, ist alles möglich. Nicht nur jene "fahrt in den sonnenaufgang" ...

 

Thomas Lawall - April 2016

 

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