Literatur

nützt ja nix
neue Geschichten vom Wühltisch


von Detlef Guhl


210 Seiten
© 2017 Detlef Guhl
epubli GmbH, Berlin
www.epubli.de
ISBN 978-3-7450-2096-0



Es ist Winter. Kein weißer Traumwinter, sondern eher ein verregneter. Doch immerhin Winter. Das ist die Hauptsache. Vor allem für Allergiker eine goldene Zeit - die "pollenlose Phase". Der Frühling ist (hoffentlich) noch weit, doch lange dauert es trotzdem nicht mehr, bis man wieder schnieft, mal "kreuz und auch mal quer". Dann ist es wieder soweit: "Es kribbelt der Zinken" und "man rotzt in die Welt."

Es ist halt alles nicht so einfach. Das Leben und das Füllhorn an Überraschungen, das es - extra für uns - bereithält. Da ist es gut, wenn man Freunde hat, die einem in der Not beistehen können. Doch selbst weitläufige Bekanntschaften vermögen den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Wenn auch nur indirekt. "Mehmet" ist so einer. Durchaus von einfachem Gemüt, weiß er aber den grauen Alltag mit seinen Weisheiten in Schwung zu halten und zu erheitern.

Ihm Wagners Ring zu erklären, scheitert sowohl an Mehmets Aufnahmefähigkeit als auch an der komplexen Geschichte selbst. Er versteht die Welt nicht mehr, und als sich die Ereignisse unsittlich zuspitzen, nachdem Siegmund das Schwert aus der Weltesche zog, platzt Mehmet der Kragen: "Wo wohnt dieser Rischard? Ich mach den Krankenhaus!"

Es ist (was erfahrene Seelen sicherlich nicht unbedingt überrascht) so wie im wahren Leben. Spätestens wenn alles so richtig gut läuft, ist die nächste Katastrophe nicht weit. Und wer trotz allem dem Irrglauben verfallen sein sollte, dass es nicht schlimmer kommen kann, den belehrt der Autor eines Besseren.

Wie gewohnt, dreht Detlef Guhl den Spieß einfach um. Das Leben ist ungerecht und unberechenbar. Wie soll man das aushalten? Tag für Tag. Da hilft nur eins: Der Blick durch eine Gleitsichtbrille mit satirischem Feinschliff. Die Qual des Alltags wird dann plötzlich zu einem aufregenden Abenteuer.

In jenen Gedichten und Geschichten findet man aber nicht nur erlösende Erheiterung, sondern, wie dies bei Waren aus dem "Wühltisch" durchaus nicht unüblich ist, den einen oder anderen etwas schwer verdaulichen Ladenhüter. Eine gewisse Unruhe im Ausdruck, der Hang zu wiederholten Übertreibungen sowie anstrengende Dialekthürden, unterstrichen von typografischen Unregelmäßigkeiten, sind mitunter schwer verdaulich.

Den positiven Gesamteindruck kann derlei Rezensentenquark jedoch nicht schmälern. Dazu gibt es in diesem Werk einfach zu viele "Knaller". Stilsicher und mit dem Blick auf das Wesentliche spannt Detlef Guhl waghalsige Brücken von einfachstem Sachverhalt bis hin zu Grundsätzlichem. Beste Beispiele sind angewandte "Methoden zur Fleischverbrennung" ("Grillen"), von Politikern avisierte Änderungen in der Tischbeinverordnung, oder gar Probleme mit dem "systemgewollten Zusammenhalt" im Heimwerkerbereich.

Klar, ist die Evolution nicht mehr das, "was sie früher einmal war". Sie geht ja weiter. Ob sich jedoch alles zum Besseren wendet, sei dahingestellt. Doch was soll's - alles Grübeln "nützt ja nix".

Fazit: Mehmets Tochter ist übrigens ein Genie. "Die malt wie Beethoven."

 

Thomas Lawall - Januar 2018

 

 

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