Literatur

nee, echt jetzt?!
Geschichten vom Wühltisch


von Detlef Guhl


210 Seiten
© 2016 Detlef Guhl
Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin
www.epubli.de
ISBN 978-3-7418-1616-1



Auch wenn es natürlich einen direkten Bezug zum Inhalt gibt, fällt unschwer auf, dass es der Autor wieder einmal für unabdingbar hielt, mit Hilfe weiblicher Rundungen das Cover seines aktuellen Werkes zu zieren. Ob die damit verbundene verkaufsfördernde Absicht die entsprechenden Erwartungen erfüllt, entzieht sich meiner Kenntnis. Preiswert sieht es (auch hier) in jedem Fall aus, und wenn der Rezensent schon mit der Tür ins Haus fällt, soll ein weiteres Manko nicht unerwähnt bleiben.

Geschichten und Gedichte zu präsentieren ist kein Verbrechen. Ein Inhaltsverzeichnis wegzulassen allerdings schon! Wo war jetzt gleich wieder die Geschichte mit dem französischen Bett oder die Angelegenheit mit dem "Peng"? Das geht gar nicht.

Apropos "Peng". Ein Besuch in einem "Museum" mit Werken zeitgenössischer Kunst kann durchaus unterhaltsam sein, vorausgesetzt, man besitzt entsprechende Neigungen, so etwas wie Kunstverstand und besser noch: einen kompetenten Begleiter. Dieser kann dann im Ernstfall mühelos referieren, um was oder wen es sich bei "Peng", "Pollack" oder "Wismut" handelt ...

Bekanntlich ist die Bandbreite der angebotenen Themen bei Detlef Guhl nahezu unbegrenzt. Überraschenderweise beschäftigt er sich in "nee, echt jetzt?!" sogar mit dem Thema "Breitensport" und dem Anspruch an die Maße eines Ehebettes nach "vierzig Jahren Ehe ohne Fremdeinwirkung".

Ganz zum Ursprung zurück führt uns "eine Moritat in vier Bildern". Einst war Ruhe im Paradies, bis Adam ("mit Feigenblättern vorm Gemächt") kam und Eva ("Pflückt hier 'ne Kirsche, dort 'ne Beere). Luzifer ("kriecht als Schlange durchs Geäst") ist natürlich mit von der Partie und der verhängnisvolle Apfelbiss nicht weit. Ebenso Evas Erkenntnis, "ich hab ja gar nichts anzuziehen", welche, wie jedermann weiß, nachhaltige Folgen haben sollte!

Dem Autor in seiner belesenen Spitzfindigkeit zu folgen, ist, wie immer, ein ganz besonderes Vergnügen. Den Alltag und die Menschen fest im Blick, lässt er keine Tücke und Schwäche aus. Leserinnen und Leser finden sich und ihre Zeitgenossen an jeder Ecke wieder, auch wenn der Autor so manches Unbill reichlich überzeichnet. Doch in jener Übertreibung unterstreicht er lediglich, was seinem wachen Auge nicht entgeht.

Herrlich, wenn er beschreibt, wie es einst war, mit der Eisenbahn zu reisen. Da man das heute so nicht mehr erleben kann, muss man "Früher" einfach mehrfach lesen!

Die "Geschichten vom Wühltisch" sind ein schöner Brocken Literatur, gehaltvoll und doch so leicht verdaulich. Die ebenso schon erwähnten wie kunstvollen Übertreibungen werden nur noch durch die pointierten Dialoge übertroffen: "Ich sagte zweimal, dass sie einmal umsteigen müssen." Ein Paradebeispiel seiner Beobachtungsgabe liefert der Autor in dem ... wie heißt die Geschichte noch gleich ... "Dings", glaube ich.

Wer sich schon einmal im Theater oder in einer Kunsthalle verlaufen hat, bekommt aktive Hilfe zur Selbsthilfe in "Viel Harmonie". Auch hier ist man geneigt, diesen Leitfaden mehrmals zu verinnerlichen. Dem gegenüber stehen dann "deutsch gelesene" englische Begriffe wie "Tiemchef" oder "Eckonnemieklaas", die ernsthaft auf den Wecker fallen. Hier schießt der Autor über sein Ziel hinaus. Situationskomik kann man nicht erzwingen. Humor ist allerdings auch hier, wenn man trotzdem lacht.

Seine Leserschaft zum Lachen zu bringen, scheint das erklärte Ziel des Autors zu sein, wobei dies stets am besten funktioniert, wenn er den Menschen den Spiegel vor die Nase hält.

Und der Rezensent hält jetzt ebenfalls etwas, nämlich seinen Mund. Fast jedenfalls, denn statt eines vernünftigen Fazits hält er es für ebenso notwendig wie angebracht, den geneigten Leser nun doch noch etwas neugieriger zu machen und zu dieser berauschend-originellen Lektüre zu verführen.

Denn wen es interessiert, was ein "Schleuder-Brust-Trauma" ist, was "Prinz Franz" bei seiner Verwandlung erlebt und was geschieht, wenn zum dritten Mal zwei Dinge gleichzeitig passieren, und wer die Schreibe von Tommy Jaud und David Safier schätzt, darf bei "nee, echt jetzt?!" bedenkenlos zugreifen. Schon allein deswegen, um den tieferen Sinn der gelegentlich, aber regelmäßig eingeflochtenen "Witterungs-Variationen" zum Thema "Der Postillion" zu ergründen ...

 

Thomas Lawall - September 2016

 

 

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