Zu dumm für die Demokratie? Wie wir die liberale Ordnung schützen, wenn der Wille des Volkes gefährlich wird
von Mark Schieritz
160 Seiten © 2025 Droemer Verlag www.droemer-knaur.de ISBN 978-3-426-56463-9
Die (ganz) Rechten sind auf dem Vormarsch. Etwas schwammig formuliert zwar, aber wer damit gemeint ist, sollte inzwischen klar sein. Das politische Establishment steht unter Druck. In den USA ebenso wie bei uns, was die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg belegten. Die AfD, als rechtsextremer Verdachtsfall vom Verfassungsschutz eingestuft, konnte fast ein Drittel aller Stimmen für sich verbuchen. Ein Vorgeschmack für das, was kommen mag?
Jedenfalls entstehen zwangsläufig interessante Fragen. Sind die Ziele jener demokratisch gewählten Partei tatsächlich der Wille des Volkes, fragt Mark Schieritz. Und wie genau stellt man diesen eigentlich fest?
"Was genau will eigentlich das Volk?"
Und was geschieht, wenn es sich irren sollte? Der Autor erlaubt sich zudem eine überspitzte Formulierung mit der provokanten Frage, ob es gar
"zu dumm ist, für die Demokratie?"
Mark Schieritz spannt einen weiten Bogen, beginnend mit "Athenaion politeia, einer "Abhandlung über das Staatswesen im antiken Athen", von Aristoteles, oder einem seiner Schüler, verfasst.
Im 5. Jahrhundert vor Christus wurde die erste Demokratie der Menschheitsgeschichte in Athen errichtet. Das Volk herrschte "in einem umfassenden Sinn über sich selbst", wobei sich das "Volk" abzüglich Frauen und Sklaven definierte. Weit war also der Weg "von Athen nach Bonn".
In allgemeinverständlicher Form werden Formen und Definitionen der Demokratie in den folgenden Kapiteln umrissen, die insgesamt sozusagen im Schatten der These dieses Buches stehen, welche befürchtet,
"dass unter dem Vorwand ihrer Demokratisierung eine Entkernung der liberalen Demokratie betrieben wird".
Der Beweis scheint ein weltweiter Rückgang der Demokratie zu sein, wenn heute bereits knapp 40 Prozent der Weltbevölkerung autoritär regiert werden. Kann diese Tendenz überhaupt noch gebremst werden, fragt man sich mit wachsendem Unbehagen?
Im zweiten Kapitel begibt sich der Autor auf Spurensuche. Begründet sich der Aufstieg populistischer Parteien durch Menschen, die sich in vielfältiger Form vernachlässigt fühlen, die in Politikern keine würdigen Vertreter der kleinen Leute mehr sehen?
Was ist dran an den sogenannten "geosozialen Konflikten"? Sind die Sympathien und der Zulauf in rechtsextreme Kreise die "Rache der Orte, die keine Rolle spielen"? Ist die Demokratie heute keine Lösung, "sondern das Problem", wie der Philosoph Jason Brennan formuliert?
Darf man gar Widersprüchliches im allgemeinen Bewusstsein zulassen, indem man erlaubt, die Demokratie gelegentlich einzuschränken, "um sie zu verteidigen"?
Der Fragenkatalog wird, vor dem Hintergrund weltweiter Krisen, immer größer. Mark Schieritz aber gibt nicht auf, wenn sich auch, nach der Erörterung zum Stand der Dinge, die Antworten in bescheidenem, zudem unbequemem, Rahmen bewegen. Aber immerhin.
Die Bundestagswahl 2025 ist vorüber. Das (teils erschütternde) Ergebnis, sowie die aktuellen Umfragewerte, scheinen die berechtigte Fragestellung des Buchtitels zu bestätigen.
|