Literatur

Wir zwei
Eine Reflexion über das Leben als Paar


von Elisabeth Jacquet


144 Seiten
© Serge Safran Éditeur, 2016
© Piper Verlag GmbH, München 2019
www.piper.de
ISBN 978-3-492-05892-6



Eine Reflexion also. Interessante Thematik, dachte ich, die mich wohl tagelang beschäftigen würde. Die Ernüchterung traf aber bereits beim ersten Durchblättern ein und machte sich sogleich mit Enttäuschung auf den Weg ins Vergessen. Doch etwas bleibt immer ...

Aus der erwarteten Auseinandersetzung mit dem "Leben als Paar" wurde ein knappes Lesestündchen. Wie das geht? Indem man die Typographie des Buches mit einer gähnenden Leere füllt, was im wörtlichen Sinne zu verstehen ist. Eine ganze Seite mit nur einem einzigen Satz zu verschwenden ist dreist: "Eines Tages wurde aus einem Mann mein Mann." Na und?

Ja, schon klar. Mit dem leeren Raum möchte man die schier unglaubliche Tiefsinnigkeit und die erhabene Bedeutung dieser weltbewegenden Erkenntnis unterstreichen. Die Vermutung, es könnte sich um ein Konzept der Dehnung handeln, wird leider bestätigt. Ein putziges Manuskriptchen mutiert somit schnell zu einem Buch respektablen Umfangs.

Elisabeth Jacquet stellt Fragen. Zum Beispiel, woran man denn sehen würde, dass sie und ihr Mann verheiratet wären. Grammatikalischer Art dürfen sie ebenfalls sein, egal ob sie französische, deutsche oder hebräische Definitionen der Rollen betreffen. Vereinfacht ausgedrückt: "Meine Gattin" hört sich gut an, "mein Gatte" irgendwie doof.

Höhepunkte sinnloser Fragenkomplexe sind Erwägungen, die sich auf mögliche Ehen im Vorfeld beziehen. Hätte dann noch eine Eignung als Ehemann bestanden, hätte man das im Falle eines Verschweigens irgendwie gemerkt ... und "hätte das irgend etwas geändert?" Die Autorin hat, wie sie sagt, "nicht die geringste Ahnung". Wenn es auf Fragen keine Antwort gibt, könnte es dann nicht sein, dass sie überflüssig sind?

Auch an den sog. gemeinsamen Erinnerungen wird herumgedoktert. Selbstverständlich hat jeder seine eigene Sichtweise der gemeinsam erlebten Dinge. Die Autorin macht daraus wieder ein Denkspiel. Worauf sie wohl damit hinaus will? Man darf gerne mitraten.

Herzerfrischend wird es aber, wenn sie beliebt, sich etwas klarer auszudrücken, obwohl ihr einfache Strukturen Unbehagen bereiten. Dennoch bereiten Zeilen wie diese hier großes Vergnügen:

"Manchmal könnten mein Mann und ich Zwillinge sein. An anderen Tagen finden wir, der andere tickt nicht ganz richtig."

Schön wäre es, die Dinge auf den Punkt zu reden und zu schreiben, statt sich in endlosen Fragen und Analysen zu verstricken und mehrfach über den eigenen Verstand zu stolpern. Mit Herz geht oft viel mehr als mit Verstand. Und damit kommen wir zum rührenden Teil. Den gibt es auch. Jenen mit den Ringen, die sie stets begleiten, egal wo sie sein mögen, "wir nehmen sie auch mit ins Jenseits".

Tiefsinnig hier und überflüssig anderswo. Kurze Gedanken, massiv gedehnt. Das ist im Ansatz ganz gut. Beim nächsten Mal darf es aber gerne etwas mehr sein. Klare Sicht zu schaffen wäre auch gut und nicht so viel indirektuellen Nebel.

Fazit: "Nichts Besonderes, denkt man, kein Grund, ein großes Bohei darum zu machen."

 

Thomas Lawall - Mai 2019

 

 

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