Literatur

Wanka würde Wodka kaufen


von Jule Kaspar


336 Seiten
© 2019 Knaur Verlag
www.knaur.de
ISBN 978-3-426-52133-5



Mit allem hat Wanka gerechnet. Nur nicht, wie sich der Alltag in Deutschland wirklich gestalten sollte. Mit ihrem neuen Namen fängt es an. "Jekaterina Poljakow" passt ihr ganz und gar nicht, doch das ist erst der Anfang.    

Im Rahmen eines Zeugenschutzprogramms kommt sie, mit neuer Identität, von Russland nach Deutschland. Dafür sind Opfer zu bringen. So weit, so klar, doch ihr Kontaktmann offenbart ihr eine Ungeheuerlichkeit: Sie muss heiraten.

Widerstand ist angesagt, doch völlig zwecklos. Die Heirat mit Vladimir Poljakow gestaltet sich herrlich schräg, der Alltag dann weniger. Erschwerend kommt noch hinzu, dass Vladimir zwei pubertierende Nervensägen mit in die Ehe bringt, die sich auf Anhieb mit der neuen Mama nicht verstehen ...

Lange her, beim Lesen so gelacht zu haben. Die Culture-Clash-Komödie ist bis ins Detail ausbalanciert und strotzt nur so von Situationskomik. Allein die Gestaltung der einen oder anderen Sprachbarriere sorgt für einen Lacher nach dem anderen. Die Autorin versteht es, grammatikalische Hürden für ihre Zwecke zu nutzen.

Ebenso lustig wie gravierend allein das unterschiedliche Regelwerk sowie die Logistik im Saunabereich. Lustiger kann der Zusammenprall russischer und deutscher Kultur nicht sein. Das freilich sehen die Besucher eines Erlebnisbades, Wankas erster Arbeitsstelle, anders.

Auch zu Hause stapeln sich in kürzester Zeit die Probleme bis zum Anschlag. Nicht nur im Privaten, sondern auch im Rahmen des Mietverhältnisses und den lieben Nachbarn. Auch hier bekommt es Wanka mit Dingen zu tun, die ihr unverständlich sind. Kehrwoche und Mülltrennung zum Beispiel.

Nichts will ihr gelingen - ganz im Gegensatz zu Jule Kaspar. Ihr ist es nicht nur gelungen, einen äußerst unterhaltsamen Roman zu schreiben, sondern Deutschen so ganz nebenbei überzeugend darzustellen, in welch seltsamen Land sie leben.

Die eine oder andere Länge konnte sie jedoch nicht vermeiden. Seltsam dabei ist nur, dass man das Ende nicht akzeptieren mag. Nein, das geht so nicht. Stimmig zwar, doch von Wanka/Jekaterina mag man sich so schnell nicht trennen.

Und was ist beispielsweise mit jenen Russen am Spielplatz, die ein- bis zweideutige Andeutungen machen? Überhaupt werden die Gründe, weshalb Iwanka Nikolajewna Iwanowa ihr Heimat verlassen musste, nur kurz umrissen. Das kann am Ende nicht einfach abgewürgt werden.

Nichts gegen ein Happy-End, doch als Katastrophenmagnet kann es sowohl mit dem vielversprechenden neuen Job als auch mit der privaten Situation nicht lange komplikationslos funktionieren. Zudem läuft das Zeugenschutzprogramm langsam aus ... und was passiert, wenn ihre Identität doch einmal auffliegen sollte? Nein, das kann es nicht gewesen sein.

Von wegen "Lappen drauf und gut". Verlange ich Fortsetzung!

 

Thomas Lawall - November 2019

 

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