Treffer. Versenkt.
von André Lecloux
144 Seiten © 2022 Solibro Verlag www.solibro.de ISBN 978-3-96079-090-7
Der Rezensent ist seit eh und je ein völlig unpolitischer Mensch. Denkt er jedenfalls. Einem "guten Wein", wie im Klappentext vorgeschlagen, ist er jedoch nicht abgeneigt, aber die begleitende Lektüre dieses Buches ist für ihn -herzlichen Dank für die lustige Idee- dann weniger geeignet.
So so, die Demokratie steht also auf "morschen Pfeilern", erfahren wir in der spärlichen Einleitung. Doch der geringe Umfang hindert den Autor nicht daran, schwerstes Geschütz aufzufahren. Wir haben es in unserem Land also mit "schamlosen Politikern" zu tun, "die es nicht einmal mehr für nötig erachten, ihren Machiavellismus zu kaschieren."
Wie konnte mir das nur entgehen? Und falls das stimmen sollte, welche Schlagworte müsste man dann für die Zustände, die in vielen anderen Ländern, ja ganzen Erdteilen, herrschen, formulieren?
Mehr gibt die reißerische Einleitung jedenfalls nicht her. Ganz schön wenig für ein Buch dieses Formats und dem Anspruch, den es zu transportieren versucht.
Es weht ein merkwürdiger Wind durch dieses Buch. Die Auswahl der "bemerkenswerten Zitate" ebensolcher "Persönlichkeiten" haben irgendwie alle etwas gemeinsam. Die klugen Worte können allesamt, für gewisse An- und Einsichten, je nach politischer Ausrichtung, jeweils passend zurechtgebogen werden. Jener Personenkreis, der beispielsweise eine Maskenpflicht als Einschränkung persönlicher Freiheit sieht, dürfte sich in seinem Weltbild bestätigt sehen. (In diesem Zusammenhang sei auf das geschickt platzierte Zitat Schopenhauers auf der letzten Seite verwiesen.)
Gar nicht zufällig mag deshalb in der "erlauchten" Auswahl der Persönlichkeiten u. a. Nena auftauchen. Und spätestens hier vergeht dem Rezensenten die Lust, sich mit weiteren Damen und Herren, deren Zitaten und möglichen (Um-)Deutungen näher zu beschäftigen, mögen es auch noch so kluge Köpfe sein. Selbst die hervorragende Ausstattung des Buches vermag hier nur schwach zu trösten.
Eins dazu vielleicht noch, denn es ist schon irgendwie entsetzlich, dass die Auswahl der "bemerkenswerten Persönlichkeiten" vor einem Idi Amin nicht Halt macht. Was hat er in der Gesellschaft von Sophokles, Schopenhauer, Dostojewski, oder Solschenizyn zu suchen? Nur weil sein Zitat irgendwie passt? Dieses würde beispielsweise auch in jede zweite Beziehung passen, denn wenn Mann/Frau hier die "Wahrheit" sagen würde, wäre es bis zur nächsten Scheidung nicht weit.
Insgesamt bleibt aber eine Gewissheit, denn immerhin ist unsere Demokratie, mit all ihren Ecken, Kanten und (Denk-)Fehlern immer noch so stabil, um auch jene subtilen Untertöne, die, dank den vielsagenden Worten des Autors zu Beginn, in diesem Buch erklingen, zu tolerieren und zu überleben. Die Zitatensammlung geht weitgehend in Ordnung. Der Kontext nicht unbedingt.
Fazit: Getroffen. Nicht versenkt.
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