Literatur

Tisch und Bett


von Wiglaf Droste


256 Seiten
© Verlag Antje Kunstmann 2020
www.kunstmann.de
ISBN 978-3-95614-356-4



Er zauberte gerne. Mit Worten und Sprache ganz allgemein. Doch damit nicht genug. Wiglaf Droste präzisierte sein Handwerk so lange, bis er in der Lage war, mit einzelnen Buchstaben regelrecht zu jonglieren. Dies tat er so lange, bis das Wort mit wenigen Handgriffen seine ursprüngliche Bedeutung verlor, um sich in einem anderen Sinne wiederzufinden.

Es konnte auch einmal vorkommen, dass er, um den ständigen Urknall der Worte bändigen zu können, einfach neue erfand. Schließlich muss man, um nicht im grauen Alltag der ständigen Wiederholungen zu versinken, hin und wieder ausrasten. Selbstverständlich nicht bei uns, nein. Eher in Frankreich. Dort wo man sich "küsst-zu-Küste-küsst", oder gelegentlich "austert, muschelt, krabbt, baguettet, rohmilchkäst" oder gar "salzbuttert".

Für alle Ottos der Normalverbraucher geht das natürlich nicht, und böse Seitenhiebe nach rechts außen schon gar nicht. Um so erfreulicher für den (immer noch) mehrheitlichen Rest, der sich

"gegen völkisches Bläh-Bläh
und Identitäterä"

immun zeigt. Die Hauptsache ist doch, dass man nun darüber aufgeklärt wurde, was die drei Buchstaben jener Partei womöglich tatsächlich bedeuten könnten, und dass man nicht versehentlich an einer "Vaterlands-Phobie", im schlimmsten Fall mit einer "Deu-und-Gautschland-Allergie" kombiniert, erkrankt.

Eine ungewohnt, aber um so erfrischendere, spitze Feder traf den Herrn Pfarrer samt Kollegen. Der Blick auf die aus dem Osten drohende Gefahr wird schnell relativiert, indem der Dichter es wagte, einen Blick in die westliche Vergangenheit und die "Schar der Christenhorden" zu werfen.

Das mag nicht jedem schmecken, schon gar nicht seine Aufrufe, das Leben nicht so ernst zu nehmen und sich, so lange es eben geht, intensiv den angenehmen Seiten zu widmen:

"Doch zwischen den Laken sich liebend zu paaren
ist immer ein Trost, nicht nur zwischen den Jahren."

Das vornehmste Ziel von allen mag sein, seinen "Platz in der Welt" zu finden, und sich "stets wundernd" weiterzuleben. Ein "Neuwelterfinder" war er nicht, aber immerhin ein "Weltpassagier" und einer, der vor dem Leben und dem Tod keine Angst hatte:

Warum denn vor ihm zittern, bibbern, weichen, wanken?
Seine Allgegenwärtigkeit ist Grund, ihm tief zu danken.

"Let's fetz" und mach's gut, Wiglaf Droste!

 

Thomas Lawall - März 2020

 

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