Sonne, Wind und Tod Ein Thüringen-Krimi
von Klaus Paffrath
216 Seiten © Sutton Verlag, 2014 www.suttonverlag.de ISBN 978-3-95400-349-5
Der persönliche Referent des Bundeskanzlers sieht endlich seine Chance, das Ruder in der erlauchten Gesprächsrunde herumzureißen. Nachdem er die Grüße des Kanzlers ausgerichtet hat, erinnert Johannes Fielding noch einmal an den Grund seines Hierseins und erneuert mit deutlichen Worten das Gebot der strengsten Vertraulichkeit.
Der Landrat des Ilm-Kreises, der Bürgermeister von Arnstadt, der Ministerialdirigent der Staatskanzlei sowie Referenten des Wirtschafts- und Innenministeriums, die sich zu einer Sitzung auf der Veste Wachsenburg eingefunden haben, sind sich einig über die Notwendigkeit, im Zusammenhang mit dem geplanten G-8 Gipfel in Arnstadt, das Siegel der Verschwiegenheit nicht bereits im Vorfeld zu brechen.
Umsomehr gibt Fielding seiner Verwunderung Ausdruck, als er kurz nach seiner Ankunft zufällig Zeuge einer Morddrohung wurde. Auf einem Parkplatz unterhalb der Burg wurde eine Puppe aufgeknüpft. Man hängte ihr ein Pappschild um, auf welches eine vermeintlich unzweideutige Warnung geschrieben wurde. Die Aufschrift "Holland! Letzte Warnung!" beziehe sich wohl eindeutig auf den französischen Staatspräsidenten und würde die Beziehungen zum Nachbarland nicht gerade positiv beeinflussen ...
Es dauert jedoch nicht lange, bis jenes peinliche Missverständnis aufgeklärt wird. Die Drohung war keinesfalls an die Adresse von François Hollande gerichtet, sondern an den hiesigen Unternehmer Peter Holland. Ebenfalls nicht lange dauert es, bis wieder ein Aufgeknüpfter gefunden wird. Hauptwachtmeister Fred Radke nimmt den entsprechenden Anruf nicht ernst, doch er muss sich eines Besseren belehren lassen. Diesmal ist die Leiche echt. Die Drohung an Holland wurde umgesetzt ...
Einst bedachte Klaus Paffrath seine Figur Johannes Fielding in seinem ersten Kriminalroman "Kanzlerbonus" mit einer Nebenrolle. Inzwischen darf der findige Hobbyermittler eine Hauptrolle besetzen und sich gemeinsam mit der attraktiven Arnstädter Journalistin Tina Brinkts auf die Suche nach den Hintergründen der Tat begeben. Hierbei ergänzen sich der Kopfmensch und die quirlige, im lokalen Bereich bestens Informierte ganz hervorragend. Zudem knistert es ordentlich im Gebälk ...
Der als Jurist in der Thüringer Landesverwaltung tätige Autor weiß die brisante Story mit großem Sachverstand zu zeichnen, doch er belässt es nicht bei trockenem Insiderwissen um politische Verstrickungen und verwaltungstechnischen Filz, sondern er verbindet die notwendige Sachlichkeit mit seiner ausgezeichneten Beobachtungsgabe Land und Leute betreffend und mit dem ihm ganz eigenen Humor. Dieser erklärt u.a., wie sich ein Mensch fühlt, der sich "im Stadium des Äquinoktiums" befindet, und weshalb der Thüringer an sich ein "Bedürfnis nach Selbstvergewisserung" besitzt.
Weitere, liebevoll verwobene Details bereichern das Leseerlebnis insofern, als hier und da weltbewegende Erwägungen grundlegend existenzielle Fragenkomplexe aufwerfen. Da wäre zum Beispiel jener "verzinkte, einbrennlackierte und trotzdem rostende fünfzehnjährige Golf", und die im Gegensatz dazu Hunderte von Jahren älteren Eisenrüstungen, welche ohne Korrosionsschutz in feuchten Burgräumlichkeiten überlebt haben.
Zu bestaunen gibt es auch eine denkmalgeschützte Tankstelle sowie zahlreiches technisches Gerät aus vergangenen Tagen. Der ehemalige Tennispartner Fieldings sammelt alte Radios, Fernseher, Schreibmaschinen und vieles mehr. Zudem weiß Christian Stephan Erstaunliches zu erzählen, wie beispielsweise bei den alten Telefonapparaten "das Drehen der Wählscheibe auch durch das Drücken der Gabel ersetzt werden kann".
Wenn der Spannungsbogen steigt, geschieht das fast beiläufig, spätestens jedoch bis der Leser merkt, dass ihm der Atem zu stocken beginnt und er somit zwangsläufig das Lesetempo etwas anziehen muss. Die Perspektive ist zwar ungewohnt, da der Mörder bereits nach der Hälfte der Lektüre bekannt ist, doch der Autor hält alternativ dazu für den Schluss einige Überraschungen bereit. Spätestens dann zieht er alle Register und lässt damit die Messlatte, für lokale Kriminalromane mit Anspruch, deutlich nach oben wandern.
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